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Der Mackenzie Coup

Der Mackenzie Coup

Titel: Der Mackenzie Coup Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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sorgten dafür, dass die Preise, solange keine Sammler im Raum oder an einem dieser Telefone waren, niedrig blieben.
    Mike glaubte zu sehen, wie Laura das Blut in die Wangen stieg. Sie hüstelte und legte vor dem nächsten Ausruf eine kurze Pause ein, trank einen Schluck Wasser und suchte dabei den Raum nach irgendwelchen Anzeichen von Interesse ab. Von Atmosphäre war nicht viel zu spüren, und sämtlicher Sauerstoff schien aus dem Raum hinausgesogen worden zu sein. Mike roch den Staub auf den alten Bilderrahmen, vermischt mit einer Note von Tweed und Bohnerwachs. Er versuchte, sich das Vorleben jedes einzelnen Gemäldes vorzustellen, die Reise, die es von der Idee zum Skizzenheft, vom Skizzenheft zur Leinwand zurückgelegt haben mochte. Vollendet, gerahmt, ausgestellt und verkauft. Von Besitzer zu Besitzer weitergereicht, vielleicht vererbt oder als wertlos abgetan, um zuletzt in einem Trödelladen wiederentdeckt zu werden und zu neuen Ehren zu gelangen. Wenn er ein Gemälde erwarb, widmete er dessen Rückseite immer große Aufmerksamkeit, suchte dort nach Spuren – vom Künstler mit Kreide auf den Rahmen aufgezeichnete Abmessungen; ein Etikett der Galerie, in der das Bild zum ersten Mal verkauft worden war. Er studierte die Kataloge und verfolgte den Stammbaum der Besitzverhältnisse zurück. Seine jüngste Anschaffung, das Stillleben von Monboddo, war während einer Reise an die französische Riviera entstanden, nach Großbritannien zurückgebracht und im Rahmen einer Gruppenexposition in einem Privathaus in Mayfair ausgestellt, aber erst ein paar Monate später von einer kleinen Galerie in Glasgow verkauft worden. Dieser erste Käufer war der Spross einer Tabakfabrikantenfamilie gewesen. Einen Großteil dieser Informationen verdankte Mike Robert Gissing, der mehr als nur eine Monographie über Monboddo geschrieben hatte. Als Mike einen Blick in Gissings Richtung warf, sah er die verschränkten Arme, die grimmige Miene.
    Aber vorne tat sich jetzt etwas. Calloway hatte die Hand gehoben, um für etwas zu bieten, und Laura fragte ihn gerade, ob er keine Kelle habe.
    »Seh ich wie ein Maurer aus?«, gab Calloway zurück, was ihm etliche Lacher einbrachte. Laura entschuldigte sich mit der Erklärung, sie dürfe nur Gebote von Personen annehmen, die sich am Empfang registriert hätten, was aber durchaus noch möglich wäre, wenn der Gentleman …
    »Vergessen Sie’s«, sagte Calloway mit einer wegwerfenden Handbewegung.
    Das schien die Atmosphäre aufzulockern, und das Publikum kam bei der nächsten Position noch mehr in Schwung. Einer der Matthewsons: Schafe in einer Schneewehe, spätes 19. Jahrhundert. Laura hatte bei der Besichtigung erwähnt, dass es Interessenten für das Bild gebe, und jetzt lieferten sich zwei Telefonbieter ein Kopf-an-Kopf-Rennen, wodurch die Aufmerksamkeit des ganzen Raums den Mitarbeitern galt, die die Hörer hielten. Der Preis ging immer weiter in die Höhe, bis er das Doppelte des höchsten Schätzwertes betrug. Der Zuschlag erfolgte schließlich bei fünfundachzigtausend, was Lauras Standing in der Firma gewiss nicht schaden würde. Dies schien ihr neues Selbstvertrauen zu schenken und ermutigte sie zu einem Scherz, der gut ankam, was wiederum noch etwas mehr Leben in die Bude brachte – ganz zu schweigen von einem verspäteten Lacher seitens Calloways. Mike überflog die nächsten paar Seiten des Katalogs, fand aber nichts, was ihn gereizt hätte. Er quetschte sich an den Händlern vorbei, die dicht an dicht neben ihm standen, und reichte Gissing die Hand.
    »Ist das da«, murmelte Gissing und deutete mit einem Nicken nach vorn, »nicht der Ganove, mit dem wir diesen Zusammenstoß in der Weinbar hatten?«
    »Man darf nicht immer nach dem Äußeren gehen, Robert«, flüsterte Mike dem Professor ins Ohr. »Könnten wir später ein bisschen reden?«
    »Warum nicht gleich?«, fragte Gissing zurück. »Bevor mein Blutdruck mich restlos erledigt …«
    Am Ende des Flurs ging es hinauf zu weiteren Ausstellungsräumen mit alten Möbeln, Büchern und Schmuck. Mike blieb am Fuß der Treppe stehen.
    »Und?«, sagte Gissing.
    »Amüsieren Sie sich?«
    »So wenig wie immer.«
    Mike nickte, fand aber keinen passenden Übergang zum eigentlichen Thema. Gissing lächelte nachsichtig.
    »Das ist Ihnen nicht aus dem Kopf gegangen, Michael«, sagte er gedehnt. »Das, was ich Ihnen an dem Abend in der Weinbar erklärt habe. Sie haben mich doch auf Anhieb verstanden, die Berechtigung meines Vorschlags

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