Der Mackenzie Coup
sein Freund Allan ihm später anvertraute, hatte Mike rund drei Riesen zu viel für ein Stillleben von Bossun bezahlt, weil ein Händler ihn als Grünschnabel ausgemacht und den Preis immer höher getrieben hatte im Wissen darum, dass der Arm in der ersten Reihe jedes Mal wieder in die Höhe schnellen würde.
»Aber was, zum Teufel, sollte er davon haben?«, hatte Mike entsetzt gefragt.
»Wahrscheinlich hat er ein paar Bossuns gebunkert«, hatte Alan erklärt. »Wenn sich herumspricht, dass der Künstler höhere Preise erzielt, kann er mit mehr Interessenten rechnen, sobald er seine Sachen aus dem Regal holt.«
»Aber wenn ich ausgestiegen wäre, wäre er auf dem Bild sitzen geblieben.«
Was Allan lediglich mit einem Achselzucken und einem Lächeln abtat.
Allan hielt sich jetzt irgendwo im Auktionsraum auf und sah sich über den aufgeschlagenen Katalog hinweg nach möglichen Anschaffungen um. Viel konnte er sich natürlich nicht leisten – nicht mit seinem Gehalt als Banker. Aber er hatte eine Passion und ein Auge für Kunst, und am eigentlichen Auktionstag wurde er immer schwermütig, wenn Gemälde, die er gern selbst gehabt hätte, von wildfremden Leuten gekauft wurden. Diese Bilder, hatte er Mike erklärt, konnten jetzt für Jahrzehnte oder länger verschwinden.
»Im schlimmsten Fall werden sie als reine Geldanlage gekauft, landen in einem Banksafe und stellen für den Käufer nicht mehr als ein Aktienpaket dar.«
»Willst du damit sagen, dass ich nicht kaufen sollte?«
»Nicht als Investition – du solltest kaufen, was dir gefällt …«
Was zur Folge hatte, dass die Wände von Mikes Wohnung förmlich zugepflastert waren mit Gemälden aus dem 19. und 20. Jahrhundert – größtenteils schottischen. Er hatte einen eklektischen Geschmack, so dass Kubisten neben Naturalisten hingen, Porträts neben Collagen. Allan war mit den meisten Sachen einverstanden. Die beiden hatten sich ein Jahr zuvor auf einem Empfang in der Zentrale des Investmentzweigs von Allans Bank in der George Street kennengelernt. Die First Caledonian Bank – »First Caly«, wie sie häufiger genannt wurde – besaß ein eindrucksvolles Gemäldeportfolio. Großformatige abstrakte Fairbairns säumten das Foyer, während hinter dem Empfangstresen ein Triptychon von Coulton prangte. Die First Caly beschäftigte einen eigenen Kurator, dessen Aufgabe darin bestand, neue Talente zu entdecken – oft auf Abschlussausstellungen –, dann zu verkaufen, wenn der Preis stimmte, und die Sammlung wieder aufzufüllen. Mike hatte Allan zunächst für den Kurator gehalten, und so waren sie miteinander ins Gespräch gekommen.
»Allan Cruikshank«, hatte Allan sich vorgestellt und Mike die Hand gegeben. »Und wer Sie sind, weiß ich natürlich schon.«
»Tut mir leid wegen der Verwechslung«, hatte sich Mike mit einem verlegenen Grinsen entschuldigt. »Es ist nur so, dass wir beide hier die Einzigen zu sein scheinen, die sich für das interessieren, was an den Wänden hängt …«
Allan Cruikshank war Ende vierzig, »teuer geschieden« – so seine Worte – und Vater zweier halbwüchsiger Söhne und einer Tochter in den Zwanzigern. Sein Aufgabenbereich waren HNWs – Personen mit einem »High Net Worth« oder großem liquiden Vermögen –, doch er versicherte Mike, dass er nicht darauf aus sei, ihn als Kunden zu gewinnen. Stattdessen hatte er Mike, in Abwesenheit des Kurators, all die Werke der Kunstsammlung gezeigt, die für die Öffentlichkeit zugänglich waren.
»Das Büro des Generaldirektors ist wahrscheinlich abgeschlossen. Er hat einen Wilkie und ein paar Raeburns …«
In den Wochen nach dem Empfang hatten sie E-Mails ausgetauscht, sich ein paarmal zu einem Drink getroffen und waren Freunde geworden. Zur heutigen Besichtigung war Mike nur gekommen, weil Allan ihn davon überzeugt hatte, dass es möglicherweise ein lustiger Abend werden würde. Bislang hatte Mike jedoch außer einer Kohlestudie von einem der schottischen Koloristen – wovon er schon drei sehr ähnliche besaß, wahrscheinlich sogar aus demselben Skizzenblock – nichts entdeckt, was seinen übersättigten Appetit angeregt hätte.
»Du siehst gelangweilt aus«, meinte Allan lächelnd. Er hielt seinen eselsohrigen Katalog in der einen Hand und ein leeres Sektglas in der anderen. Winzige Blätterteigkrümel auf seinem gestreiften Schlips verrieten, dass er schon den Canapés zugesprochen hatte.
»Ich bin gelangweilt.«
»Keine nach Gold baggernden Blondinen, die sich mit
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