Der Mackenzie Coup
Konzerthauses.
Hatte allerdings nicht die leiseste Ahnung, was da vor sich ging.
Heute war er allein. Ben Brewster arbeitete sich in seinem Büro durch einen überquellenden Eingangskorb. Ransomes Schreibtisch sah auch nicht gerade leer aus, aber den Tipp, den er telefonisch erhalten hatte, konnte er unmöglich ignorieren. Und jetzt hatte er zwei für den Preis von einem bekommen: Calloway und den gut aussehenden, gut gekleideten Typen. Er konnte sich nicht entscheiden, ob er in der Hoffnung, vielleicht etwas Interessantes aufzuschnappen, den Männern in die Weinbar folgen oder besser bleiben sollte, wo er war. Jetzt wünschte er, er hätte Brewster mitgeschleift. Es verging noch eine halbe Stunde, bis das Auktionshaus sich zu leeren begann. Von seinem Versteck aus beobachtete Ransome, wie Calloway, von Johnno und Glenn flankiert, herauskam und Johnno sich bei der ersten Gelegenheit eine Zigarette ansteckte. Dann schien Calloway es sich allerdings anders zu überlegen und flitzte wieder hinein, während die zwei Schläger die Augen gen Himmel verdrehten. War bestimmt nicht einfach, für einen Irren wie Calloway zu arbeiten. Johnno und Glenn waren beide vorbestraft. Sie hatten in Saughton und anderen Gefängnissen gesessen – Gewaltanwendung, Bedrohung, Einschüchterung. Johnno war der Unberechenbarere von beiden, derjenige, der eher zum Ausrasten neigte; Glenn verfügte wenigstens über ein bisschen Menschenverstand. Tat zwar, was der Boss ihm sagte, hielt sich aber ansonsten ziemlich zurück.
Es dauerte ein paar Minuten, bis Calloway wieder auftauchte. Er unterhielt sich mit einer Frau, die Ransome kannte. Calloway machte eine weit ausholende, einladende Geste, schlug vielleicht ein paar Drinks vor, aber sie schüttelte den Kopf, sichtlich um Höflichkeit bemüht. Sie akzeptierte immerhin seine dargebotene Hand und ging dann wieder hinein. Johnno klopfte seinem Boss auf den Rücken, als wollte er sagen: Einen Versuch war’s wert. Das schien Calloway nicht zu gefallen; er schnauzte den Gorilla an. Dann machten sich die drei Männer auf den Weg – aha – zu besagter Weinbar. Wieder war eine Entscheidung fällig, und diesmal zögerte Ransome nicht. Er überquerte die Straße, betrat das Gebäude und lächelte der Empfangsdame zu, während er Laura Stanton in den menschenleeren Auktionsraum folgte.
Na, ganz menschenleer doch nicht: Stühle wurden von Männern in braunen Overalls aufeinandergestapelt, Telefone entstöpselt, ein Pult gerade zerlegt und Plasmabildschirme abmontiert. Jemand hatte Laura eine Liste von Zahlen in die Hand gedrückt, deren unterste rot umkreist war. Lauras Miene war schwer zu deuten.
»Hi, Stanton«, sagte Ransome. Sie brauchte einen Moment, um sein Gesicht unterzubringen, dann erschien ein müdes, aber ehrlich gemeintes Lächeln.
»Ransome, lange nicht gesehen.«
Die beiden waren auf dem College im selben Jahrgang gewesen, hatten einen gemeinsamen Freund gehabt und dadurch oft dieselben Partys und Kneipen besucht. Später hatten sie sich aus den Augen verloren und erst nach über zehn Jahren auf einem Ehemaligentreffen in ihrer Alma Mater wiedergesehen. Ein paar weitere Treffen folgten, doch zuletzt hatten sie sich vor einigen Monaten auf einem Jazzkonzert in der Queen’s Hall getroffen. Jetzt ging Laura auf ihn zu und gab ihm auf beide Wangen ein Küsschen.
»Was führt dich hierher?«, wollte sie wissen.
Ransome sah sich demonstrativ im Raum um. »Ich erinnere mich, dass du mal gesagt hattest, du würdest in einem Auktionshaus arbeiten … Aber mir war nicht klar gewesen, dass du den Laden schmeißt.«
»Da liegst du völlig schief.« Aber sie klang trotzdem geschmeichelt.
»Wenn ich ein bisschen früher gekommen wär, hätte ich dich da in voller Aktion erlebt?«
»Eher bei eichhörnchenmäßigem Bemühen.« Sie warf einen Blick auf die Zahlenliste. »Ist allerdings entschieden besser gelaufen als die Winterauktion, was immerhin ermutigend ist …«
»Ich stör hoffentlich nicht …?« Ransome versuchte, besorgt zu klingen.
»Nein, kein Problem.«
»Ich kam bloß zufällig vorbei und hab dich bei einem traulichen Tête-à-tête mit Chib Calloway gesehen.«
»Mit wem?«
Er sah ihr in die Augen. »Du weißt schon, dem Neandertaler mit dem rasierten Schädel. Hatte er was Bestimmtes auf seiner Shoppingliste?«
Sie begriff, von wem er sprach. »Er schien überhaupt keine Ahnung zu haben. Am Ende hat er mich sogar gefragt, wie diese ganze Bieterei eigentlich funktioniert
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