Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Maedchenmaler

Der Maedchenmaler

Titel: Der Maedchenmaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
Vom Netzwerk:
ging das leicht. Sie hörte zu und konnte selbst interessant erzählen. Die Zeit verflog nur so.
    Als Ruben sich schwankend erhob und nach seiner Jacke griff, sah Judith ihn verwundert an.
    »Du bleibst nicht über Nacht?«
    Er schüttelte den Kopf und suchte nach seinen Autoschlüsseln.
    »Aber du hast getrunken, Ruben. Du bringst dich nur unnötig in Gefahr.« Sie stand vor ihm, einen Kopf kleiner als er, und schaute zu ihm auf. »Bitte. Bleib hier.«
    Das, was sie sagte, berührte ihn tief. Die Art, wie sie es sagte, lieߟ irgendetwas in ihm zerbrechen. Er hätte diese Worte so gern von Ilka gehört. Wäre so gern auf diese Weise von ihr angelächelt worden.
    Judith zog seinen Kopf zu sich heran. Er spürte ihre Lippen auf seinen. Leicht und kühl. Er erwiderte den Kuss nicht, machte einen halbherzigen Versuch, Judith von sich zu schieben. Dann wurde ihm schwindlig vor Verlangen und er gab nach.
    Seit seiner Rückkehr saߟ er nun im Wintergarten und die Erinnerung an die Nacht nahm in seinem Kopf allmählich Gestalt an. Judith hatte ihn auf eine stumme, verzweifelte Art geliebt. Als wäre ihr bewusst gewesen, dass sie ihn mit keinem Kuss und keiner Berührung wirklich erreichte.
    Danach hatte sie sich an ihn geschmiegt, den Kopf an seiner Halsbeuge, und sein Kinn war feucht geworden von ihrem Atem. Für einen Augenblick hatte er sich nichts sehnlicher gewünscht, als dieses Mädchen lieben zu können und ein normales Leben mit ihr zu beginnen. Und im nächsten Moment schon wieder gespürt, wie es ihn zu Ilka drängte.
    Er war aufgestanden, hatte geduscht und sich angezogen. Judith hatte in der Küche auf ihn gewartet, eingehüllt in seinen alten, viel zu groߟen Bademantel. Es war kalt gewesen, und sie hatte gezittert, aber Ruben hatte sie nicht mehr berühren können.
    Sie hatten etwas verloren in dieser Nacht. Beim Abschied war Judith einer Umarmung ausgewichen, und Ruben hatte gemerkt, dass auch sie es spürte.
    Jetzt war er todmüde. Er sehnte sich nach Schlaf. Nach Ruhe. Und nach Ilka. Sie war bloߟ ein paar Meter von ihm entfernt und doch so schrecklich weit weg.
     
    Bert konnte mit aufgedonnerten Frauen wenig anfangen. Diese hier schien den Sechzigerjahren entsprungen zu sein. Sie hatte mordsmäߟig toupierte schwarze Haare mit knallgrünen Streifen und war in einen derart engen Minirock gezwängt, dass er sich fragte, wie sie in dieser Kluft wohl ihre Arbeit verrichten mochte. Der Ausschnitt ihrer Bluse lieߟ mehr von ihrem Busen sehen, als Bert angenehm war. Ihre Fingernägel waren schwarz lackiert und hatten Ąhnlichkeit mit Raubtierkrallen. Sie war ganz in Schwarz gekleidet und beinahe weiߟ geschminkt. Ihre Lippen glänzten dunkelviolett, und im ersten Moment fragte Bert sich, ob sie in diesem Heim so tolerant waren, dass sie tatsächlich Satanisten beschäftigten.
    Doch dann machte sie den Mund auf, und er merkte sofort, dass er es mit einer zupackenden, energischen Person zu tun hatte, die etwas von ihrem Job verstand und das auch wusste. Sie stellte sich als Frau Hubschmidt vor und bot ihm an, ihn zu Anne Helmbach zu führen.
    »Ich weiߟ allerdings nicht, was Sie sich von diesem Besuch versprechen«, sagte sie. »Ich habe Ihnen ja schon am Telefon zu erläutern versucht, in welchem Zustand Frau Helmbach sich befindet.«
    »Davon möchte ich mich gern selbst überzeugen«, antwortete Bert. Er hatte es sich abgewöhnt, für alles, was er tat, eine Erklärung mitzuliefern. Früher hatte er sehr viel Wert darauf gelegt, das Image der Polizei in der ֖ffentlichkeit bei jeder Gelegenheit zurechtzurücken. Inzwischen hatte er begriffen, dass das eine Sisyphusarbeit war, die ihm unnötig Kraft raubte.
    »Darf ich davon ausgehen, dass Sie feinfühlig sein werden?«
    Wahrscheinlich hatte sie schlechte Erfahrungen mit der Polizei gesammelt. Solchen Menschen begegnete Bert häufig. Er nahm ihnen ihre abwehrende Haltung nicht übel. Er nahm sie jedoch auch nicht mehr persönlich.
    »Das ist doch selbstverständlich«, sagte er.
    Sie schaute ihn noch einmal prüfend an und marschierte dann voraus.
    Das Heim war keines von der einfachen Sorte. Es war geschmackvoll eingerichtet und wirkte sauber und gepflegt. An den Wänden hingen freundliche Aquarelle. Offenbar waren sie Teil einer Ausstellung. An manchen war ein roter Punkt angebracht, was wohl bedeutete, dass sie bereits verkauft worden waren.
    Die Bodenfliesen waren aus warmer Terrakotta, die Wände in einem dezenten Gelb gestrichen. Hier

Weitere Kostenlose Bücher