Der Maedchensammler
Dummerchen.«
Er sprang schwanzwedelnd auf und lief vor ihr her den Flur entlang.
Die Luft war frisch und kühlte Janes Wangen, als sie sich auf die Verandatreppe setzte. Sie konnte den Streifenwagen an der Straße stehen sehen und winkte Mac und Brian zu. Sie antworteten, indem sie die Scheinwerfer kurz aufblendeten.
Die kühle Luft tat gut. Sie atmete tief ein, und die klare, sanfte Empfindung hatte fast schon eine befreiende Wirkung.
Nacht ohne Luft …
Toby ließ sich leise winselnd neben ihr nieder.
»Es ist alles in Ordnung«, murmelte sie, während sie ihm den Kopf streichelte. »Es war nur ein Traum. Nichts Schlimmes …«
Und warum war sie dann so verängstigt?
Heute Nacht geht die Welt unter.
Nicht ihre Welt. Nicht darüber nachdenken. Wahrscheinlich hatten Trevors Worte den Traum ausgelöst, und er hatte nichts zu tun mit …
Ihr Handy klingelte.
Sie starrte es verblüfft an. Aus welchem anderen Grund hatte sie es mit nach draußen genommen? Es war Trevor, und das wunderte sie nicht.
»Sind Sie allein?«, fragte er.
»Wenn Sie Toby nicht mitzählen.«
»Toby nicht mitzuzählen, würde mir nie einfallen.« Er zögerte.
»Wie geht es Ihnen?«
»Gut. Es ging mir auch gut, als Sie sich von uns verabschiedet haben. Sie hätten mich nicht als Vorwand zu benutzen brauchen, um davonzulaufen.«
»Jane.«
Sie war nicht ehrlich, und sie wussten es beide. »Also gut, Sie haben mir einen gehörigen Schrecken eingejagt.«
»Das weiß ich, und es hat mich gewundert. Es war nicht die Reaktion, mit der ich gerechnet hatte.«
»Womit hatten Sie denn gerechnet?«
»Mit Neugier. Interesse. Vielleicht ein bisschen Aufregung.«
Genauso hätte sie reagiert, wenn er den Namen Cira nicht erwähnt hätte. Er hatte sie gut eingeschätzt. »Dann kennen Sie mich offenbar doch nicht so gut, wie Sie glauben. Mit Ihrem plötzlichen Abgang gestern Nachmittag haben Sie nur erreicht, dass Joe sauer ist. Und Sie haben ihm Gelegenheit gegeben, sich ans Telefon zu hängen, um den Gehalt dessen, was Sie uns über Guido Manza erzählt haben, zu überprüfen.«
»Und? Hat er schon telefoniert?«
»Noch nicht. Sie sollten ihn auch nicht dazu zwingen. Helfen Sie ihm, verdammt. Sie haben doch einen Deal mit ihm.«
»Sie waren noch nicht so weit. Und Sie sind diejenige, um die es mir in erster Linie geht.«
»Jetzt bin ich bereit.«
Er schwieg einen Moment. »Ja, ich glaube auch. Ich wünschte, ich könnte Ihr Gesicht sehen. Ich wäre mir gern ganz sicher.«
»Sie können sich sicher sein. Wer ist Cira?«
»Sie war eine Schauspielerin am Theater in Herkulaneum, und zwar in den Jahren vor dem Ausbruch des Vesuv, der sowohl Herkulaneum als auch Pompeji –«
»Wieso ist Aldo dann auf die Idee gekommen, sie hätte seinen Vater getötet?«
»Der Tunnel, den Guido gesprengt hat, führte in die Bibliothek von Julius Precebio in der Nähe von dessen Villa außerhalb von Herkulaneum. In dem Tunnel befanden sich mehrere röhrenförmige Bronzegefäße mit Schriftrollen, Schmuck und Statuen, die in der Nacht, als Herkulaneum zerstört wurde, durch die Lava konserviert wurden. Julius war zweifellos ein wohlhabender Bürger der Stadt, und er war Cira vollkommen verfallen. Ein Großteil der Schriftrollen enthielt Texte, die ihre Vorzüge priesen.«
»Ihr schauspielerisches Talent?«
»Sowie andere Talente eher intimer Natur. Ciras Geliebter zu sein, war anscheinend eine große Ehre unter den Patriziern von Herkulaneum. Sie war sehr wählerisch darin, wen sie in ihr Bett ließ. Sie wurde als Sklavin geboren und hat es verstanden, sich ihren Weg in die Freiheit zu bahnen. Und dann begann ihr gesellschaftlicher Aufstieg. Von manchen wurde sie als Prostituierte bezeichnet, aber sie –«
»Niemand hatte das Recht, sie eine Prostituierte zu nennen«, unterbrach sie ihn scharf. »Sie musste überleben, manchmal verstehen Männer nur, was sie benutzen und besitzen können.
Sie haben gesagt, sie sei Sklavin gewesen. Wie hätte sie denn …
Können Sie sich vorstellen, wie schwer es für sie gewesen sein muss, überhaupt zu überleben?«
»Nein.« Er zögerte. »Sie?«
»Ich kann es mir lebhaft vorstellen. Schläge und Hunger und
…« Sie hielt inne, weil ihr bewusst wurde, dass sie übertrieben reagierte. »Tut mir leid. Menschen, die zuerst verdammen und erst danach versuchen zu verstehen oder die gar nicht erst verstehen wollen, sind mir schon immer zuwider gewesen.«
»Sie nehmen das alles aber sehr persönlich.«
»Ich habe
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