Der Maedchensammler
nicht so sein würde. Ihr Leben lang war sie allein gewesen. Warum sollte sich das plötzlich ändern?
Nein, das stimmte nicht. Wieso war ihr der Gedanke überhaupt gekommen? Cira war ihr Leben lang allein gewesen. Sie, Jane, hatte Eve und Joe. Dass sie das einen Moment lang durcheinander gebracht hatte, machte ihr Angst. Das musste an all dem dummen Gerede von Cira und Reinkarnation liegen.
»Glauben Sie mir, ich werde mich nicht einfach irgendwo verstecken. Und jetzt erzählen Sie mir von Aldo. Bisher haben Sie mir nur gesagt, dass er aggressiv und sadistisch ist und dass er an der Schauspielschule war, als sein Vater ihn nach Herkulaneum beordert hat. Das ist eine merkwürdige Berufswahl für ein Ungeheuer wie ihn.«
»Nicht für einen, der nicht alle Tassen im Schrank hat.
Gespaltene Persönlichkeit, Paranoia … Auf der Bühne konnte er in jede Rolle schlüpfen.«
»Sie sagten, er war genial. Auf welchem Gebiet?«
»Computer. Er hat sämtliche Recherchen für seinen Vater übernommen. Das war einer der Gründe, warum Guido ihn bei den Ausgrabungen dabei haben wollte. Er hat ihn jede Karte im Internet auswerten lassen, um herauszufinden, ob irgendeiner der Tunnel, die jemals in Herkulaneum gegraben wurden, zu dem von Julius führte.«
»Und?«
»Nein. Guido war völlig frustriert. Er hatte gehofft, dass das die Ausgrabungen erleichtern würde. Pech gehabt. Und er hat Aldo seine Enttäuschung deutlich spüren lassen. Er hat ihn wie einen Idioten behandelt, hat ihn alles wieder und immer wieder überprüfen lassen, um sich zu vergewissern, dass ihm nicht doch ein Fehler unterlaufen war. Offenbar hat er ihn sein Leben lang so behandelt. Wenn Aldo nicht so ein Mistkerl gewesen wäre, hätte er mir richtig leid getan.«
»Mir nicht.« Aber etwas anderes beschäftigte sie. »Ich verstehe nicht, wie es Aldo gelingen konnte, von einem Land ins nächste zu gelangen, ohne geschnappt zu werden. Hat er Geld?«
»Nicht, als er Herkulaneum verlassen hat. Aber er hat eine der Cira-Statuen aus der Bibliothek mitgenommen. Er hat sie an einen privaten Sammler in London verkauft. So bin ich ihm in England auf die Spur gekommen. Ich habe von einem Informanten davon erfahren. Die Statue war nahezu unbezahlbar, und selbst auf dem Schwarzmarkt konnte er sich von dem Geld so viele falsche Pässe kaufen, wie er brauchte, und noch genug übrig behalten, um einige Jahre lang gut zu leben.«
»Also hat er Cira benutzt, um die anderen Frauen zu ermorden.«
»So könnte man es sagen. Wollen Sie sonst noch etwas wissen?«
»Ich habe noch eine Frage.« Ihre Lippen zuckten. »Warum sind Sie so wütend auf Aldo? Weil er diese Frauen ermordet hat, oder weil er Sie um das Gold betrogen hat?«
Trevor überlegte. »Interessante Frage.« Aber er beantwortete sie nicht.
»Sie sollen wissen, dass ich alles, was Sie mir sagen, Eve und Joe erzählen werde. Und das bedeutet, dass es demnächst in Herkulaneum von Kriminalpolizei nur so wimmeln wird.
Jemand anders wird den Goldschatz in einem der Tunnel finden.«
»Niemand wird ihn finden. Diese Tunnel sind sehr gut versteckt. Sie wurden in all den Jahren nicht entdeckt. Die Sprengung hat den Eingang verschüttet, und ich habe den Rest erledigt. Ich habe dafür gesorgt, dass von den Ausgrabungsarbeiten keine Spur mehr zu sehen ist. Wenn das alles ausgestanden ist, werde ich immer noch meine Chance bekommen … wenn ich will.«
»Oh, daran zweifle ich nicht.«
»Gott, können Sie zynisch sein. Sie glauben, einmal Söldner, immer Söldner? Vielleicht haben Sie Recht. Aber vielleicht auch nicht. Ist Ihnen schon mal der Gedanke gekommen, dass ich wusste, Sie würden Quinn alles erzählen, und dass ich trotzdem bereit war, dieses Risiko einzugehen? Es könnte also gut sein, dass ich eher blutrünstig als geldgierig bin. Ich rufe Sie morgen wieder an, dann können Sie mir sagen, ob Quinn noch irgendwelche Fragen hat. Schlafen Sie gut, Jane.«
Er legte auf, bevor sie antworten konnte.
Gut schlafen? Von wegen, dachte sie wütend, als sie das Handy ausschaltete. In ihrem Kopf drehte sich alles. Was er ihr erzählt hatte, erfüllte sie mit Angst, Panik und Trotz. Am besten, sie versuchte erst gar nicht, daraus schlau zu werden. Sie musste sich erst alles in Ruhe durch den Kopf gehen lassen, durfte nichts erzwingen. Ein Schritt nach dem anderen.
Das hatte Antonio gesagt, fiel ihr wieder ein. Er hatte seine Hand ausgestreckt und Cira aufgefordert, ihm zu vertrauen.
Aber Cira hatte seine Hand nicht
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