Der Maedchensammler
großes Geheimnis aus seiner Entdeckung. Den Namen der Schauspielerin, die in dem Vorraum gefunden worden war, hatte er nicht angegeben.
Vielleicht wusste er noch nicht, wer sie war. Er hatte lediglich den kostbaren Schmuck aus Gold und Lapislazuli erwähnt, den sie trug. Eine zweite Nofretete hatte er sie genannt.
Ein Schauer lief Aldo über den Rücken. Nein, dachte er, viel schöner als Nofretete.
Cira.
Und dieser Mistkerl von Sontag maßte sich bereits an, sie zu einer unsterblichen Ikone zu machen.
Nein!
Er holte tief Luft, um sich zu beruhigen. Dann machte er nacheinander die Homepages der anderen Zeitungen auf. Keine weiteren Informationen. Er schaute beim Archaeology Journal nach. Kein Wort über Sontags sensationellen Fund.
Erleichtert atmete er auf. Die Fachzeitschrift war gewöhnlich sehr gut auf dem Laufenden über alles, was die Archäologen ausgruben, aber sie hatten nicht einmal zu den ersten Hinweisen Stellung genommen, die erschienen waren, bevor Sontag seine Entdeckung offiziell bekannt gegeben hatte. Vielleicht war das bloß ein Trick von Sontag, sich wieder ins Gespräch zu bringen.
Abwarten. Wachsam bleiben. Es stand zu viel auf dem Spiel.
Cira.
Jane studierte immer noch den Bericht über das Interview mit Sontag, als Trevor am Abend anrief.
»Ein Interview mit Sontag in der New York Times. Wie haben Sie das denn hingekriegt?«, fragte sie ihn.
»Damit habe ich überhaupt nichts zu tun. Nachdem er seine Entdeckung offiziell bekannt gegeben hatte, ist das wie eine Lawine losgegangen. Aber das bedeutet, dass wir unter Zeitdruck geraten. Die Journalisten werden Sontag die Tür einrennen, und es gibt nichts Gefährlicheres als neugierige Reporter.«
»Was ist mit dem Archaeology Journal? «
»Darum kümmere ich mich so bald wie möglich. Im Moment kann ich Sontag nicht aus den Augen lassen. Er wird mir ein bisschen übereifrig. Er liebt es, seinen Namen überall in den Zeitungen zu lesen, und er hat für morgen schon wieder ein Interview zugesagt. Er ist zwar gewieft, aber wenn er sich verplappert, kommen wir arg in die Bredouille.«
»Wo wird die Zeitschrift denn herausgegeben?«
»Bei einem wissenschaftlichen Verlag in Newark, New Jersey.
Winzig, nur was für Insider, aber verdammt wichtig für uns.
Irgendein Zeichen von Aldo?«
»Sie wissen, dass Joe Sie darüber unterrichtet hätte, wenn er aufgetaucht wäre.«
»Das hoffe ich zumindest.« Er überlegte. »Während der Pressekonferenz habe ich übrigens ein bisschen was über dieses Theater in Erfahrung gebracht.«
»Von Sontags Studenten?«
»Nein, von Mario Latanza, einem Journalisten aus Mailand. Er musste erst mal seine Hausaufgaben machen, nachdem Sontag verkündet hatte, bei dem Skelett handle es sich höchstwahrscheinlich um eine der Schauspielerinnen, die in dem Theater aufgetreten sind. Aus der Tatsache, dass die Schauspielerin offenbar eine Menge kostbaren Schmuck trug und erfolgreich war, schloss Latanza, dass sie wahrscheinlich in Herkulaneum das war, was bei uns einem Musicalstar entspricht.«
»Wie bitte?«
»Neben Wagenrennen und Gladiatorenkämpfen stellte das musikalische Schauspiel die beliebteste Form der Unterhaltung dar. Viel nackte Haut, derber Humor, Gesang und Tanz. Satyrn, die mit ledernen Phalli kleine Nymphen über die Bühne scheuchten. Wenn Cira so berühmt war, wie die Texte auf den Schriftrollen nahe legen, dann hat sie wahrscheinlich in diesem Fach brilliert.«
»Musikalische Komödie? Ich dachte immer, die hätten damals nur griechische und römische Tragödien aufgeführt. Und waren die meisten Schauspieler übrigens nicht Männer?«
»Als das Theater in Herkulaneum errichtet wurde, nicht mehr.
Da standen auch Frauen auf der Bühne, und die sind sogar ohne Masken aufgetreten. Es war ein prachtvolles Gebäude mit marmorverkleideten Wänden und Säulen aus den kostbarsten Materialien jener Zeit. Die Schauspieler und Schauspielerinnen waren fast so populär wie die Gladiatoren, sie waren in den Betten der Stadtoberen willkommen und sogar im Bett manch eines Kaisers.«
»Und auf dieser Leiter hat sich Cira nach oben gearbeitet.«
»Sie hat sie bis zur höchsten Stufe erklommen, aber als Schauspielerin war sie mit einem Stigma behaftet, das sie nie losgeworden wäre. Es gab strenge Gesetze, die bestimmten, wen Schauspieler und Schauspielerinnen heiraten durften, und die sie von der restlichen Gesellschaft isolierten.«
»Kein Wunder, dass sie versucht hat, sich ein bisschen persönliche
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