Der Magier von Fairhaven
Schonung vor der heißen Sonne. »Wahrscheinlich ist ihnen nicht nach einem Begrüßungsumtrunk zumute.«
»Nein, aber einige ihrer Frauen werden das sicher anders sehen.«
Cerryl nickte traurig, denn ihm war bewusst, wie richtig Fydel mit seiner Einschätzung lag. Auch dies war eine unvermeidliche Folge des Krieges. Und alles nur, weil die Kaufleute auf Kosten der Gilde ihren Profit erhöhen wollten. Aber war das wirklich der Grund? Als er über die komplizierten Handelsbeziehungen, über Recluce und die Straße nachzudenken begann, schüttelte er unwillkürlich den Kopf. Kein Wunder, dass die Leute immer nur einfache Antworten hören wollen. Aber einfache Antworten, das wusste er inzwischen genau, waren häufig falsch oder zumindest unvollständig.
»Sie haben es verdient«, sagte Fydel etwas lauter. »Glaubt nur ja nicht, sie hätten es nicht verdient.«
»Fydel, Cerryl!« Anyas Stimme übertönte das Hufgeklapper auf dem Pflaster Spidlarias. »Der Erzmagier bittet Euch zu uns.«
Wortlos trieb Cerryl sein Pferd an und überholte zwei Reihen Lanzenreiter. Mit den Steigbügeln streifte er beinahe die Pferde der Kämpfer.
»Die Feiglinge haben sich in die Löcher verkrochen und tun so, als würden sie uns nicht sehen.« Ein verkniffenes Lächeln erschien in Jesleks Gesicht, die Augen funkelten böse. »Fairhaven lässt sich nicht verhöhnen.« Die goldenen Sonnenaugen wurden auf Fydel gerichtet. »Schickt die Lanzenreiter voraus. Die Kaufleute sollen sich auf dem Platz vor den Anlegestellen versammeln. Lasst ihnen ausrichten, dass sein Leben verwirkt hat, wer der Aufforderung nicht Folge leistet.«
»Jawohl, Ser.« Fydel nickte.
»Vielleicht haben sie das Gefühl, sie hätten ihr Leben jetzt schon verwirkt«, meinte Cerryl, der direkt hinter Anya ritt. Er fragte sich, woher Jeslek wusste, dass es an den Anlegestellen einen Platz gab. Dann wurde ihm klar, dass der Erzmagier zweifellos Spidlaria in seinem Glas betrachtet hatte, vielleicht sogar schon viele Male.
»Das könnte sein. Sie dachten, sie könnten immer noch fliehen, wenn Kleth fällt, aber das habe ich vorausgesehen.« Jeslek lachte. »Ich habe alle Schiffe im Nordmeer ausgeschickt, um den Hafen abzuriegeln. Und jetzt werden wir die Goldstücke abholen, um die Gilde für ihre Mühen zu entschädigen.«
Nur dass die Goldstücke Faltar und Myredin oder die Lanzenreiter und die vielen Rekruten, die gestorben sind, nicht wieder lebendig machen. Aber Cerryl schwieg und ließ schweigend sein Pferd weiterlaufen, bis sie hinter den verschlossenen und verrammelten Geschäften und Häusern den Platz oberhalb der Anlegestelle erreichten.
Jeslek zügelte sein Pferd am Rand des Platzes und drehte sich zu Anya um. »Sucht einen Stuhl und ein Zeltdach oder sonst etwas, damit wir es bequem haben.« Sein Blick fiel auf den stämmigen Eliasar. »Ihr sorgt dafür, dass mir hier nichts zustoßen kann, wenn ich die Kaufleute empfange.«
Eliasar nickte militärisch knapp und schwenkte seitlich aus der Kolonne, um seine Offiziere zu unterweisen. »Hauptleute … zu mir!«
Schließlich wandte Jeslek sich an Cerryl. »Ihr könnt Anya unterstützen.«
»Ja, Ser.« Cerryl ritt zu Anya hinüber.
Anya setzte sogleich das Lächeln auf, das Cerryl so sehr hassen gelernt hatte. »Ihr kennt Euch doch mit Ladenbesitzern aus, Cerryl. Vielleicht besorgt Ihr einen passenden Stuhl und einen Baldachin.« Sie wandte sich ab, als gäbe es überhaupt keinen Zweifel, dass Cerryl beides auftreiben würde.
Also ein Möbelschreiner und ein Kramladen … wo konnte er diese Geschäfte finden? Er holte tief Luft und lenkte den Wallach zurück zu seinen Lanzenreitern. »Hiser, Ferek, wir suchen die Werkstatt eines Möbelschreiners.«
Hiser schüttelte den Kopf, Ferek zuckte mit den Achseln.
»Wir suchen einfach nach einem Schild oder einem Einheimischen.« Ein Schild werden wir wohl noch eher finden, wenn hier alle hinter verschlossenen Türen in Deckung gehen. »Lasst uns nach Süden reiten. Ich glaube, ich habe etwa eine halbe Meile entfernt einen Handwerker gesehen.«
Die Unteroffiziere nahmen Cerryl in die Mitte und die Lanzenreiter folgten direkt dahinter, als er den Wallach herumzog. Sie ritten auf der linken Seite der Hauptstraße beinahe im Gänsemarsch, während die übrigen Weißen Lanzenreiter noch zum Hafen unterwegs waren.
Cerryl hob eine Hand, um Leyladin zu grüßen, als er mit seinen Lanzenreitern an der letzten Abteilung des Heeres von Fairhaven vorbeikam.
»Und was
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