Der Magier von Fairhaven
Kiste lauerte.
Nickend drehte er sich um. Was er jetzt entdeckt hatte, musste reichen. Er wagte es nicht, sich länger hier aufzuhalten.
Shyrens Gemächer waren prächtiger eingerichtet als die des Erzmagiers. Kein Wunder, wenn man das Gold sah, das der alte Magier besaß.
Als Cerryl das Schloss und die beiden Fallen in den vorherigen Zustand versetzte, hätte er beinahe gelächelt. Shyren hatte natürlich ein großes Problem. Als Weißer Magier musste er sein Vermögen zum größten Teil oder sogar ganz und gar in seiner Nähe aufbewahren. Denn wem sonst hätte er eine solche Menge Gold anvertrauen können?
In den Blendschirm gehüllt, wanderte Cerryl durch den Flur und ging die Treppe hinunter. Bevor er in den Hof treten konnte, musste er wieder an den beiden Wächtern vorbei.
Hinter sich hörte er ihre Stimmen.
»Wer war das?«
»Ich weiß es nicht … sah aus, als würde er hierher gehören. Einer von Dursus’ Leuten, würde ich sagen.«
»Hier laufen viel zu viele rum, die wir nicht kennen.«
Cerryl nickte. Er hatte gehofft, dass man ihn nicht erkannte.
Wieder in seinem Zimmer, holte er das Spähglas hervor und legte es auf den grünen Bettvorleger. Er suchte Shyren und fand den Magier in den Gemächern des Vicomte. Noch bevor sich die Schleier völlig geteilt hatten und das Bild Shyrens zeigte, der sich mit Dursus und dem Vicomte beriet, ließ Cerryl es wieder los und das Spähglas war leer.
Er verstaute das Glas und trat auf den Flur hinaus.
»Ihr seid nass wie eine ertränkte Katze.« Fydel stand in der Tür seines eigenen Zimmers. »Wo wart Ihr?«
»In Jellico. Ich habe versucht, die Stadt besser kennen zu lernen.« Cerryl hielt inne, als er bemerkte, dass Fydel so nass war wie er selbst. »Ihr wart anscheinend auch draußen?«
»Ich habe einige Vorkehrungen getroffen, um dafür zu sorgen, dass niemand unseren Feldzug gegen Spidlar stört.« Fydel zuckte mit den Achseln. »Ich muss mit Teras reden. Wir treffen uns im hinteren Hof bei dem Gebäude, wo sich der Vicomte sonst mit seinen Ministern berät. Wollt Ihr mitkommen? Das wäre sicher sinnvoll, denn außer mir muss noch jemand in die Vorbereitungen eingeweiht sein. Jeslek und Anya werden dafür kein Ohr haben.« Fydels Stimme klang verbittert, dachte Cerryl. Sie klang oft verbittert.
Warum nicht? Es kann nicht schaden, ihn zu begleiten. »Ja, wenn ich Euch nicht im Wege bin?«
»Nein. Ihr müsst früher oder später sowieso erfahren, was Ihr zu tun habt.« Der Magier mit dem eckig gestutzten Bart lächelte leicht und drehte sich um, als erwarte er ganz selbstverständlich, dass Cerryl ihm folgte.
Und so ging Cerryl hinter ihm her. Wenn Fydels Vorhaben ihn nicht direkt zu Shyren führte, dann musste Cerryl sich einen anderen Vorwand suchen. Das konnte nicht allzu schwer sein.
Doch als sie den zweiten Innenhof durchquerten, tauchte auf der überbauten Seite, wo sie vor dem Regen geschützt waren, eine weitere weiß gewandete Gestalt auf.
»Fydel … ich würde gern kurz mit Shyren sprechen.«
»Ich warte hier auf Euch, wenn es nicht zu lange dauert.«
»Nur einen Augenblick.« Cerryl drehte sich um und näherte sich dem schweren älteren Magier.
Shyren wurde langsamer, blieb schließlich stehen.
»Magier Shyren.« Cerryl nickte höflich.
»Junger Cerryl, wie ich sehe, wollt Ihr mich sprechen?« Shyren setzte ein falsches Lächeln auf. »Wie ist Euer Aufenthalt in Jellico bisher verlaufen?«
»Sehr unangenehm, wie ich zugeben muss. Zwei Männer haben Armbrustbolzen fliegen lassen – und ich fürchte, sie haben auf mich gezielt.«
»Ihr scheint allerdings nicht verletzt. Seid Ihr sicher, dass Ihr das Ziel wart?«
Cerryl zuckte mit den Achseln. »Es war niemand sonst auf der Straße und die weiße Jacke eines Magiers ist schwer zu verwechseln.« Wieder ein Achselzucken. »Höchstens, dass ein anderer Magier gemeint war. Ihr habt nicht zufällig eine Idee, wer sonst als Ziel in Frage käme?«
»Um solche Unglücksfälle zu vermeiden, habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, niemals durch die Stadt zu reiten. Kutschen sind für Angriffe mit Schleudern und Bogen weniger empfindlich. Magier sollten sich an die Magie halten und ihre Abenteuerlust zügeln. Ganz besonders in Städten, in denen sie nicht zu Hause sind.«
Cerryl, der alle Sinne auf Shyren konzentriert hatte, spürte die Verdrehung, die Täuschung, die nicht direkt eine Lüge war, und hätte beinahe befriedigt genickt. Er blockte alle seine Gefühle ab und antwortete, als
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