Der Magier von Fairhaven
stieg ab und reichte dem Unteroffizier die Zügel seines Wallachs. Der Magier ging nach vorn in Richtung Fluss, dann zu dem riesigen Steinhaufen, der einmal eine Mauer gewesen war. Dort konzentrierte er sich und versuchte, die Fäden der Ordnung zu lockern und sie unter die Fundamente der Piere und bis zu den Flussmauern zu verlagern, sodass der Schlamm vor den Steinpfosten seine Ordnung verlor.
Mit einem schlürfenden Geräusch verlagerte sich der Schlamm ein wenig, dann schien er in sich zusammenzusacken. Blasen stiegen aus der braunen Brühe auf.
Cerryl legte die Hände vors Gesicht und blieb eine Weile auf einem großen Stein sitzen, weil schon wieder Sterne vor seinen Augen tanzten.
Der Regen fiel inzwischen stärker aus Wolken, die dunkler geworden waren. Cerryl bemerkte dies ebenso wenig wie die Tropfen, die als kleine Eisnadeln von seiner gefetteten Lederjacke abprallten.
Endlich stand er wieder auf und ging an der eingestürzten Flussmauer entlang zu Hiser und dem Trupp Lanzenreiter, die ihn schon erwarteten. Hiser starrte den Schlamm und das Wasser des Flusses an, das dunkler schien als zuvor.
Cerryl saß auf und sein Blick folgte dem des Unteroffiziers. Es sprudelte und gurgelte, während der Fluss den Schlamm von den Steinpfosten der Piere und den Fundamenten spülte. Cerryl nickte zufrieden, dann massierte er sich wieder die Stirn. Ich hätte vorher etwas essen sollen.
»Der Schlamm verschwindet …«
»Kaum zu glauben …«
Cerryl blinzelte und wandte sich an Hiser. »Wir brauchen Bretter, um die Piere anzulegen, und ein paar Stämme oder Pfosten für die …«
»Poller«, half ihm jemand aus.
»Ja, Poller«, stimmte Cerryl zu. Er drehte sich um.
Ein drahtiger Mann in zerlumpter grauer Kleidung stand etwa zehn Ellen rechts neben Cerryl an der eingestürzten Mauer. Hiser hatte auf einmal einen Säbel in der Hand.
»Seid gegrüßt, Ser Magier. Ihr wollt die Piere instand setzen?«
Cerryl nickte.
»Ihr solltet Eure Tricks vielleicht lieber einsetzen, um die Blockade flussaufwärts zu beheben, denn sonst habt Ihr über kurz oder lang wieder den gleichen Schlamm hier an den Pieren.«
Eine Blockade? Cerryl blickte flussaufwärts und sah eine Barriere oder eine Sandbank, die sich ein wenig westlich der Flussmitte aus dem Wasser erhob.
»Das Wasser kommt da um die Biegung und teilt sich … was langsam schwimmt, gelangt weiter nach Osten«, erklärte der dürre alte Mann, als müsste den Zuhörern klar sein, was er meinte.
»Habt Ihr früher die Piere beaufsichtigt?«
»Ich? Ach, was. Jidro heiße ich, zu Euren Diensten. Vor ein paar Jahren war ich der leitende Bootsmann auf Virots Flusskähnen.«
Cerryl überprüfte den Mann mit den Ordnungs- und Chaos-Sinnen und nickte. »Sucht Ihr Arbeit? Wollt Ihr die Piere wieder aufbauen und danach die Aufsicht führen?«
»Ach, und wenn Euch nicht gefällt, was ich mache, verbrennt Ihr mich zu Asche, was?«
»Ich mache das nur, wenn jemand mich belügt oder angreift.«
Jidro grinste. »Na ja, ich werde ja sowieso nicht ewig leben, und es wäre schön, wenn hier alles wieder in Ordnung käme. Aber ich brauche einen von Euren Lanzenreiter-Unteroffizieren, weil auf einen alten Knacker wie mich niemand hören würde.«
Cerryl grinste und blickte nachdenklich zu Hiser. Ferek war zu steif. »Hiser … findet heraus, was Jidro für uns tun kann.«
»Äh … ja, Ser.« Das Gesicht des blonden Unteroffiziers zeigte eine Mischung aus Entsetzen und Erleichterung.
Wieder einmal konnte Cerryl nur hoffen, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Hoffen, immer nur hoffen … und ganz sicher war man erst, wenn es zu spät war.
XXXII
C erryl stand am Ende des Tisches. Der Wirkung halber trat er noch einen Schritt zurück und sah der Reihe nach Teras, Ferek und Hiser an. Senglat war nicht da. Wahrscheinlich zu Fydel geschlichen. »Der Mann soll draußen vor dem Tor an einen Pfosten gebunden werden. Alle Lanzenreiter treten zu Fuß auf der Straße an.«
»Sofort?«, fragte Teras.
»Sofort. Ich komme hinaus, sobald er an den Pfosten gebunden ist. Ihr könnt jetzt gehen und die Vorbereitungen treffen.« Du klingst schon wie Jeslek. Cerryl hätte beinahe ärgerlich das Gesicht verzogen, aber er beherrschte sich und ließ sich nichts anmerken, bis das kleine Studierzimmer leer war, bis er allein war mit seinen Gedanken und dem leichten Verwesungsgeruch, der wahrscheinlich erst nach Jahren völlig verschwinden würde.
Das Gemurmel des Offiziers und der
Weitere Kostenlose Bücher