Der Magier von Fairhaven
hatte.
Selbst mit Leyladin vertraut zu werden hatte viel mehr Zeit in Anspruch genommen, als er sich je ausgemalt hätte.
… wie lange es auch dauert, du weißt, was ich empfinde und wie stark meine Gefühle sind. Worte in einem Brief können nicht vermitteln, was ich fühle, und deshalb versuche ich lieber gar nicht erst, die Worte aufs Papier zu bannen …
Und außerdem weißt du im Gegensatz zu Leyladin nicht, welche Augen deine Briefe sehen. Sie – oder Layel – hatte eigene Wächter geschickt, die ihm ihren Brief überbracht hatten. Er bewahrte ihn zwischen seinen Sachen auf wie einen Schatz und las die mit grüner Tinte geschriebenen Worte immer wieder.
Er gähnte noch einmal, rollte das Dokument zusammen, erhitzte das Siegelwachs über der Öllampe und versiegelte den Brief. Er würde zusammen mit den nächsten Meldungen an Jeslek nach Fairhaven geschickt werden.
Dann blies er die Lampe aus und wandte sich zur Treppe. Der nächste Morgen würde bald kommen, kalt wie die letzten.
XXXI
C erryl trat von der überdachten Veranda seines Quartiers in den leichten, kalten Regen hinaus. Über einen kurzen, mit Ziegeln gepflasterten Gang erreichte er die Unterkunft der Maurer direkt hinter der Einfriedung seines Amtssitzes. Eine Hand voll Lanzenreiter tummelte sich um einen Wagen, der von einem einzigen, knochendürren Pferd gezogen wurde. Der Regen – kleine Tropfen, die hart auftrafen, als wären sie in der Luft zu Eis gefroren –, ging mit einem leicht säuerlichen Geruch einher. Oder vielleicht zog die Feuchtigkeit auch umgekehrt den Gestank der letzten Plünderungen und Morde aus dem Boden. Cerryl runzelte die Stirn, als er das Murren hörte.
»Werkzeug … was sollen wir damit anfangen?«
»Schlimmer als der Streifendienst auf der Straße …«
»Achtung, der Magier!«, rief jemand.
Die Lanzenreiter wichen zurück, Hiser löste sich aus der Gruppe der Reiter und zügelte sein Pferd neben dem Wagenpferd. »Wir haben etwas Werkzeug bekommen, Ser. Es liegt hier im Wagen und ein paar Fensterläden sind auch dabei. Fensterläden – wir müssen auf dieser Seite der Gebäude sämtliche Fensterläden ersetzen. Irgendein Narr hat sie so heftig aus den Scharnieren gerissen, dass das Holz gesplittert ist.«
»Es war sowieso verfault«, widersprach Ferek, der sich zu Hiser gesellt hatte. »Die halbe Stadt ist verfault. Zu viel Regen. Hier regnet es ja jeden Tag.«
»Ich habe Männer ausgeschickt, die von Häusern, die nicht mehr bewohnbar sind, die Läden ausbauen«, erklärte Hiser.
Cerryl sah die beiden Männer an, die neben dem Wagen standen.
»Aber diejenigen, die wir haben, müssen zugeschnitten werden«, erklärte ein stämmiger Lanzenreiter. »Wir haben hier eine Säge, mit der es vielleicht geht.«
Cerryl betrachtete die Säge, dann schüttelte er den Kopf. »Damit geht es nicht. Das ist eine Schrotsäge. Wir brauchen eine mit kleineren Zähnen, etwa halb so groß.«
»Eine Schrotsäge?« Ferek riss verwundert die Augen auf.
Hiser grinste, nahm sich aber sofort wieder zusammen.
»Eine Schrotsäge dient zum Vorschneiden von Bohlen. Dabei sägt man mit dem Strich, nicht dagegen. Wenn Ihr mit diesen groben Zähnen die Fensterläden quer zur Faser schneiden wollt, dann werdet Ihr das Holz beinahe so übel zurichten wie die Fensterläden, die nicht mehr brauchbar sind.« Er trat an den Wagen und betrachtete die Gerätschaften auf der Ladefläche: Hämmer, Äxte, Brecheisen, Schlegel und in einer Ecke mehrere Sägen. Er zog eine kleinere hervor. »Seht Ihr? Diese hier hat feinere Zähne, die dichter beisammen stehen. Nehmt die hier, um die Fensterläden zuzuschneiden.«
Es wäre schneller gegangen, wenn er es gleich selbst gemacht hätte, aber er konnte sich nicht aufteilen. Wenn sie erst so weit waren, dass sie selbstständig erkannten, welche Werkzeuge man zu welchem Zweck verwenden musste, würden sie mehr schaffen. Er konnte ihnen nicht die Arbeit abnehmen, denn dann bliebe ihm keine Zeit mehr für die Aufgaben, für die er wirklich zuständig war.
»Ihr habt den Kommandanten gehört«, fauchte Ferek.
»Wir sind Lanzenreiter, keine Handwerker«, murrte einer, der in der Nähe des Wagens stand. »Ich bin doch nicht nach Spidlar geritten, um eine Säge zu schwingen.«
»Wirklich nicht?«, fragte Cerryl und ließ einen winzigen Blitz von Chaos-Feuer auf den Nörgler los.
»Entschuldigung, Ser!« Der Lanzenreiter nahm Haltung an.
Cerryl schüttelte den Kopf. Wie viele mögen
Weitere Kostenlose Bücher