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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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hatte. Gewiß, er hatte den Kampf damit beendet, denn niemand war zäh genug, um mit zwei gebrochenen Beinen weiterkämpfen zu können. Doch Alvin wußte, ohne hinzusehen – jedenfalls ohne mit seinen Augen hinzusehen –, daß es keine sauberen Brüche waren, nicht von jener Art, die leicht heilten. Außerdem war Fink kein junger Mann mehr und schon gar kein Junge. Wenn diese Brüche überhaupt jemals heilten, würde er im besten Falle lahm bleiben, im schlimmsten blieb er völlig verkrüppelt. Dann würde er sich nicht – einmal mehr seinen Lebensunterhalt verdienen können. Außerdem mußte er sich im Laufe der Jahre viele Feinde geschaffen haben. Was würden die nun tun, jetzt, da er gebrochen und hilflos war? Wie lange würde er es überleben?
    Also kniete Alvin sich neben den Gegner, der sich wand; genauer gesagt, wand sich nur sein Rumpf, während er versuchte, seine Beine möglichst nicht mehr zu bewegen. Alvin berührte Finks Beine. Als seine Hände Kontakt mit Finks Körper hatten, auch wenn der Stoff seiner Hose dazwischen war, fiel es Alvin leichter, sich im Körper des Gegners zurechtzufinden, schneller zu arbeiten, und es dauerte nur ein paar Augenblicke, da hatte er die Knochen wieder zusammengefügt. Das war alles, was er versuchte, nicht mehr – die Prellungen, die Muskelrisse, die Blutungen mußte er so belassen, sonst wäre Fink möglicherweise wieder aufgesprungen, um ihn erneut anzugreifen.
    Er nahm die Hände fort und trat zurück. Augenblicklich scharten sich die Flußratten um ihren gefallenen Helden.
    »Sind seine Beine gebrochen?« fragte das Großmaul.
    »Nein«, erklärte Alvin.
    »Die sind in kleine Stücke gebrochen!« brüllte Fink.
    Inzwischen hatte ein anderer Mann das Hosenbein mit einem Messer aufgeschlitzt. Er hatte die Prellung sofort gefunden; doch als er den Knochen abtastete, kreischte Fink auf und zog das Bein weg. »Faß es nicht an!«
    »Hat sich nicht gebrochen angefühlt«, meinte der Mann.
    »Schaut doch, wie er die Beine bewegt. Die sind nicht gebrochen.«
    Und es stimmte – Fink wand sich nicht mehr mit dem Rumpf allein, inzwischen zuckten seine Beine genauso wie der restliche Körper.
    Einer der Männer half Fink beim Aufstehen. Fink torkelte, wäre fast gestürzt, stützte sich auf dem Großmaul ab, schmierte Blut aus seiner Nase auf das Hemd des Mannes. Die anderen wichen vor ihm zurück.
    »Wie ein kleiner Junge«, brummte einer.
    »Heult wie ein Welpe.«
    »Ein großes, altes Baby.«
    »Mike Fink.« Und dann ein Kichern.
    Alvin stand am Wagen und zog sein Hemd an; dann setzte er sich auf den Bock, um Socken und Schuhe wieder anzuziehen. Als er den Blick hob, sah er, wie die Dame ihn beobachtete. Sie war keine sechs Fuß von ihm entfernt, da der Wagen des Schmieds direkt am Ladedock stand. Ihr Gesicht zeigte einen Ausdruck säuerlicher Mißbilligung. Alvin begriff, daß sie wahrscheinlich davon angewidert war, wie schmutzig er aussah. Vielleicht hätte er sein Hemd doch nicht gleich wieder anziehen sollen. Andererseits war es aber auch unhöflich, sich vor einer Dame ohne Hemd zu zeigen. Ja, die Stadtmänner, vor allem die Ärzte und Rechtsanwälte, genierten sich sogar, sich ohne Rock und Weste und Krawatte in der Öffentlichkeit zu zeigen. Die armen Leute hingegen besaßen meist keine solchen Kleider, und ein Lehrling wäre anmaßend erschienen, hätte er sich so gekleidet. Aber ein Hemd – er mußte einfach sein Hemd tragen, ob es nun schmutzig vom Staub war oder nicht.
    »Tut mir leid, Ma'am«, sagte er. »Sobald ich zu Hause bin, werde ich mich waschen.«
    »Waschen?« fragte sie. »Und wenn Ihr das tut, werdet Ihr damit euch Eure Brutalität wegspülen?«
    »Ich weiß es nicht, denn ich habe das Wort noch nie gehört.«
    »Das wundert mich nicht«, meinte sie. »Brutalität. Das kommt von brutal. Es bedeutet tierhaft.«
    Alvin spürte, wie er vor Zorn rot anlief. »Mag sein. Vielleicht hätte ich die Kerle nicht daran hindern sollen, weiter so mit Euch zu sprechen, wie es ihnen gefiel.«
    »Ich habe sie nicht beachtet. Sie haben mich nicht gestört. Ihr hättet mich nicht zu beschützen brauchen. Schon gar nicht auf so eine Weise. Sich nackt auszuziehen und sich auf der Erde herumzuwälzen! Ihr seid von Blut bedeckt.«
    Alvin wußte kaum, was er antworten sollte, so kratzbürstig und stur, wie sie war. »Ich war nicht nackt«, widersprach er. Dann grinste er. »Und außerdem war das sein Blut.«
    »Und darauf seid Ihr stolz?«
    Ja, das war er. Aber er

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