Der magische Pflug
sich ein Mann, der auf dem einzigen Stuhl mit Rückenlehne gesessen hatte. Er trat vor.
»Ich übernehme diesen Jungen«, sagte er.
Sofort trat das Großmaul zurück und machte ihm den Weg frei. Das gefiel Alvin ganz und gar nicht. Der Mann, den sie Mike nannten, war größer und kräftiger als alle anderen, und als er sein Hemd abstreifte, sah Alvin, daß auch er zwar ein paar Narben hatte, im großen und ganzen aber unversehrt war, und er besaß auch noch beide Ohren, ein sicheres Zeichen dafür, daß er nie schlimm unterlag, wenn er jemals einen Ringkampf verlor.
Er hatte Muskeln wie ein Büffel.
»Mein Name ist Mike Fink!« brüllte er. »Und ich bin der übelste, zäheste Hundesohn, der jemals über das Wasser geschritten ist! Ich kann mit bloßen Händen Babyalligatoren zu Waisen machen. Ich kann einen lebendigen Büffel auf einen Wagen schleudern und ihn kopfunterhängend so lange verprügeln, bis er tot ist! Wenn mir eine Flußbiegung nicht gefällt, packe ich sie an einem Ende und schüttele sie durch, bis sie gerade geworden ist! Jede Frau, die ich schwängere, kommt mit Drillingen nieder, wenn sie überhaupt niederkommt! Wenn ich mit dir fertig bin, Junge, dann wird dein Haar an beiden Seiten gerade herunterhängen, weil du dann nämlich keine Ohren mehr haben wirst. Dann wirst du dich zum Pissen hinsetzen müssen, und du brauchst dich nie wieder zu rasieren!«
Während Mike Fink so prahlte, zog Alvin sein Hemd aus, nahm den Messergürtel ab und legte beides auf den Wagensitz. Dann zog er einen großen Kreis in den Boden, wobei er darauf achtete, möglichst ruhig und gelassen auszusehen, als wäre Mike Fink nur ein frecher Siebenjähriger und kein Mann, in dessen Augen die Mordlust glitzerte.
Als Fink mit dem Aufschneiden fertig war, war der Kreis gezogen. Fink schritt auf ihn zu; dann wischte er ihn mit dem Fuß aus, daß der Staub aufwirbelte. Er schritt den ganzen Kreis ab. »Ich weiß ja nicht, wer dir das Ringen beigebracht hat, Junge«, sagte er, »aber wenn du gegen mich ringst, dann gibt es da keine Linien und keine Regeln nicht.«
Da sprach die Dame wieder. »Wenn Ihr sprecht, gibt es offensichtlich auch keine Regeln, sonst wüßtet Ihr, daß es ein sicheres Zeichen von Ignoranz und Dummheit ist, kein und nicht zusammen zu verwenden.«
Fink wandte sich zu der Frau um, als wollte er etwas sagen. Doch er wußte wenig zu sagen, vielleicht war ihm aber auch klar, daß alles, was er sagen konnte, ihn noch dümmer erscheinen lassen würde. Die Verachtung in ihrer Stimme machte ihn wütend, ließ ihn aber auch gleichzeitig an sich selbst zweifeln. Zuerst dachte Alvin, daß die Dame die Sache für ihn verschlimmerte, weil sie sich schon wieder einmischte. Aber dann begriff er, daß sie tat, was Alvin schon mit dem Großmaul versucht hatte – ihn wütend genug zu machen, damit er beim Kämpfen Fehler machte. Doch wie Alvin diesen Flußmann so einschätzte, hegte er den Verdacht, daß Fink keine dummen Fehler machte, wenn er wütend war – er kämpfte dann wahrscheinlich nur noch heimtückischer. Kämpfte, um zu töten. Versuchte, seine Prahlereien wahrzumachen, Alvin zu verstümmeln. Das würde kein freundschaftlicher Ringkampf werden wie die anderen, die Alvin in der Stadt kennengelernt hatte, wo es nur darum ging, den anderen zu werfen oder ihn, wenn man auf Grasboden kämpfte, am Boden festzunageln.
»Viel ist nicht los mit dir«, sagte Alvin, »und das weißt du auch, sonst hättest du kein Messer im Stiefel versteckt.«
Fink sah verblüfft aus, dann grinste er. Er schob sein Hosenbein hoch und zog ein langes Messer aus dem Stiefel, warf es den hinter ihm stehenden Männern zu. »Gegen dich brauche ich kein Messer«, sagte er.
»Warum, nimmst du dann nicht auch noch das Messer aus dem anderen Stiefel?« fragte Alvin.
Fink furchte die Stirn und zog das andere Hosenbein hoch. »Da ist kein Messer nicht«, sagte er.
Alvin wußte es natürlich besser, und es behagte ihm, daß Fink sich doch genügend Sorgen um diesen Kampf machte, um sich nicht von seinem geheimsten Messer zu trennen. Abgesehen davon wußte wahrscheinlich niemand von diesem Messer außer Alvin, der ja schauen konnte, was andere nicht sahen. Fink wollte die anderen nicht wissen lassen, daß er ein solches Messer besaß, sonst würde sich das am Fluß schnell herumsprechen, und er hätte keinen Vorteil mehr davon.
Andererseits konnte Alvin es nicht zulassen, daß Fink mit diesem Messer am Leib gegen ihn kämpfte. »Dann
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