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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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aufgelöst hatte, schlug Alvin den Gegner nicht mehr nur ab, sondern griff in die Blöße, die Finks ausgebreitete, greifende Arme machten, um die Hände im Nacken des Mannes zu verschränken.
    Alvin zog kräftig nach unten, bis Finks Kopf auf der Höhe seines Brustkastens war. Doch das ging zu leicht. Fink ließ es zu, und Alvin erriet, warum. Und tatsächlich drückte Fink Alvin näher an sich heran und ließ den Kopf hochschießen, weil er meinte, er könnte Alvins Kinn mit seinem Hinterkopf treffen. Er war so kräftig, daß er Alvin damit das Genick hätte brechen können – nur daß Alvins Kinn nicht mehr dort war, wo Fink es erwartete. Statt dessen hatte Alvin den Kopf bereits weit nach hinten gelegt, und als Finks Schädel heftig und unkontrolliert nach oben schoß, rammte Alvin ihm die Stirn ins Gesicht. Er spürte, wie Finks Nase unter dem Stoß zerbrach und wie das Blut über beider Gesichter spritzte.
    Es war keine Überraschung, wenn bei einem Ringkampf die Nase eines der Kämpfer gebrochen wurde. Natürlich tat es scheußlich weh, und ein Freundschaftskampf wäre damit sofort beendet gewesen, obwohl Kopfstöße bei einem Freundschaftskampf natürlich gar nicht erst zugelassen wären. Jede andere Flußratte hätte nur den Kopf geschüttelt, ein paarmal laut losgebrüllt und sich wieder ins Getümmel gestürzt.
    Fink aber wich zurück, einen Ausdruck echten Erstaunens im Gesicht, die Hand an die Nase gelegt. Dann stieß er ein Heulen aus, wie ein geprügelter Hund. Alles verstummte. Es war etwas so Komisches, eine Flußratte wie Mike Fink wegen einer gebrochenen Nase heulen zu hören. Nein, es war nicht wirklich komisch, aber es war seltsam. Es war nicht so, wie sich eine Flußratte eigentlich hätte verhalten sollen.
    »Komm schon, Mike«, murmelte jemand. »Du schaffst ihn schon, Mike.«
    Aber es war nur eine halbherzige Ermunterung. Noch nie hatten sie Mike Fink verletzt oder verängstigt erlebt. Und es gelang ihm auch nicht besonders gut, es zu verbergen. Nur Alvin wußte, warum. Nur Alvin wußte, daß Mike Fink noch nie im Leben einen solchen Schmerz empfunden hatte, daß Mike Fink noch nie im Kampf sein eigenes Blut vergossen hatte. Wie oft hatte er anderen die Nase eingeschlagen und ihren Schmerz verhöhnt – es war leicht gewesen, zu lachen, weil er nicht wußte, was Schmerz und Hohn waren. Jetzt wußte er es. Das Problem war nur, daß er gerade etwas lernte, was andere schon mit sechs Jahren gelernt hatten, und deshalb benahm er sich auch wie ein Sechsjähriger. Er weinte zwar nicht gerade, aber er heulte.
    Einen Augenblick dachte Alvin, daß der Kampf vielleicht vorüber sei, aber Finks Furcht und Schmerz verwandelten sich in Wut, und er stapfte wieder heran. Vielleicht hatte er den Schmerz kennengelernt, aber Vorsicht hatte er dadurch noch nicht gelernt.
    Also bedurfte es noch einiger weiterer Griffe, ein paar Haken und Drehungen, bevor Alvin Fink am Boden hatte. So verängstigt und überrascht Fink auch war – er war der kräftigste Mann, mit dem Alvin je gerungen hatte. Bis zu diesem Kampf mit Fink hatte Alvin niemals Gelegenheit bekommen, herauszufinden, wie kräftig er selbst wirklich war. Noch nie war er bis an seine Grenzen gegangen. Jetzt aber geschah es, und so fand er sich wieder, wie er sich im dichten Staub hin und her wälzte und kaum noch atmen konnte, während Finks eigener heißer Atem mal über ihm, mal unter ihm japste, während er Knie rammte, auf Arme hämmerte und grabschte, während Füße im Staub umherschlugen und genug Halt suchten, um einen Hebelpunkt zu finden.
    Am Ende gab Finks mangelnde Erfahrung mit der eigenen Schwäche den Ausschlag. Da es nie einen Mann gegeben hatte, der ihm einen Knochen hatte brechen können, hatte Fink auch nie gelernt, die Beine einzuziehen, hatte nicht gelernt, sie nicht ungedeckt zu lassen, wo man auf ihnen herumtrampeln konnte. Als Alvin sich losriß und auf die Füße sprang, rollte Fink sich schnell ab und lag für einen kurzen Augenblick am Boden, ein Bein über das andere gelegt – es war die reine Einladung. Alvin dachte nicht einmal nach, er sprang einfach in die Luft und stieß mit beiden Beinen auf Finks obenliegendes Bein, rammte es mit seinem ganzen Körpergewicht nach unten, so daß sich die Knochen des oberen Beins um das untere schlangen. Das geschah so wuchtig, daß nicht nur das obere, sondern auch das untere Bein brach. Fink schrie auf wie ein Kind, das ins Feuer gefallen war.
    Erst jetzt begriff Alvin, was er da getan

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