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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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jemanden nicht auch zu lieben, der dich so mächtig liebt, der sich an dich hängt wie die Wolken an den Mond, wissend, daß du weiterziehen wirst, wissend, daß du niemals bleiben wirst, aber hungernd, Papa. Ich habe nach dieser Frau gesucht, habe nach ihrem Herzensfeuer ausgeschaut, überall habe ich nach ihr gesucht, und ich habe sie auch gefunden. Ich weiß, wo sie ist. Sie ist nicht mehr so jung wie in deiner Erinnerung. Aber sie ist immer noch hübsch, so hübsch, wie du dich an sie erinnerst, Papa. Und sie ist eine gute Frau, und du hast ihr auch keinen Schaden zugefügt. Sie erinnert sich gern an dich, Papa. Sie weiß, daß Gott ihr und dir verziehen hat. Du bist es, der nicht verzeihen will, Papa.
    Wie traurig das ist, dachte Peggy, in diesem Wagen nach Hause zurückzukehren. Papa tut etwas, das ihn in den Augen jeder anderen Tochter zum Helden machen müßte. Ein großer Mann. Aber weil ich eine Fackel bin, erkenne ich die Wahrheit. Er kommt nicht hier heraus wie Hektor vor die Tore Trojas, den Tod riskierend, um andere Menschen zu retten. Nein, er kommt wie ein geprügelter Hund herbeigeschlichen, weil er in seinem Innern tatsächlich ein geprügelter Hund ist. Er läuft hier hinaus, um sich vor einer Sünde zu verstecken, die der Herrgott schon vor langer Zeit vergeben hätte, wenn er die Vergebung nur möglich gemacht hätte.
    Doch schon bald dachte Peggy nicht mehr, daß es mit ihrem Papa eine traurige Sache sei. Schließlich galt das für fast jeden, nicht wahr? Aber die meisten traurigen Leute blieben einfach nur weiter traurig, klammerten sich ans Leid wie an den letzten Eimer Wasser in der Dürre. So wie Peggy hier auf Alvin wartete, obwohl sie genau wußte, daß er ihr keine Freude bringen würde.
    Anders war da nur dieses Mädchen hinten im Wagen. Ihr hatte entsetzliches Leid gedroht; sie sollte ihren Babyjungen verlieren; aber sie hatte nicht einfach dagesessen, bis es geschah, damit sie darob trauern konnte. Sie hatte nein gesagt, einfach nur nein, einfach so: Ich erlaube es nicht, daß ihr diesen Jungen nach Süden verkauft, nicht einmal in eine gute, reiche Familie. Der Sklave eines reichen Mannes ist schließlich immer noch ein Sklave, nicht wahr? Und unten im Süden, das bedeutet, daß er noch weiter von dort entfernt ist, wo er weglaufen und es in den Norden schaffen könnte. Peggy spürte diese Gefühle in diesem Mädchen, als es sich hinten im Wagen wälzte und stöhnte.
    Doch da war noch etwas. Dieses Mädchen hatte mehr von einer Heldin als Papa oder Po Doggly zusammen, denn die einzige Möglichkeit, die ihr zur Flucht eingefallen war, war der Gebrauch einer Hexerei, die so stark war, daß Peggy noch nie von etwas Vergleichbarem gehört hatte. Sie hätte sich niemals träumen lassen, daß die Schwarzen Menschen über ein solches Wissen verfügten. Und es war weder eine Lüge noch ein Traum gewesen. Dieses Mädchen war wirklich geflogen. Es hatte eine Wachspuppe angefertigt, sie gefedert und verbrannt. Völlig verbrannt. Damit hatte sie die ganze Strecke bis hierher fliegen können, den ganzen langen Weg, bis die Sonne aufgegangen war, weit genug, bis Peggy sie geschaut und sie alle sie gemeinsam über den Hio geschafft hatten. Aber welch einen Preis hatte das Flüchtlingsmädchen dafür bezahlt!
    Als sie wieder im Gasthof waren, war Mama so wütend, wie Peggy sie noch nie gesehen hatte. »Das ist ein Verbrechen, für das man dich auspeitschen sollte! Deine sechzehn Jahre alte Tochter mit hinauszunehmen, um in der Dunkelheit ein Verbrechen zu begehen!«
    Doch Papa antwortete nicht. Das brauchte er auch gar nicht zu tun, nachdem er das Mädchen erst einmal hereingetragen und vor dem Feuer auf den Boden gelegt hatte.
    »Die muß doch schon tagelang nichts mehr gegessen haben. Wochenlang!« rief Mama. »Und ihre Stirn ist so heiß, daß ich bald Brandblasen bekomme. Horace, hol mir eine Pfanne voll Wasser, damit ich ihr die Stirn abwischen und auch etwas Brühe für sie aufkochen …«
    »Nein, Mama«, sagte Peggy. »Du solltest lieber Milch für das Baby auftreiben.«
    »Das Baby wird schon nicht sterben. Dieses Mädchen aber! Also erzähl mir nicht, was ich zu tun habe, in diesem Punkt weiß ich schon, wie man Menschen kuriert …«
    »Nein, Mama«, widersprach Peggy. »Sie hat eine Hexerei mit einer Wachspuppe gemacht. Das ist eine Schwarze Art der Hexerei, aber sie besaß das Wissen und auch die Macht, weil sie eine Königstochter aus Afrika ist. Sie kannte den Preis, und nun muß sie

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