Der magische Pflug
ihn auch bezahlen.«
»Willst du damit sagen, daß dieses Mädchen sterben muß?« wollte Mama wissen.
»Sie hat eine Puppe von sich selbst angefertigt, Mama, und sie hat sie ins Feuer gegeben. Damit hat sie für eine Nacht Flügel bekommen. Aber der Preis dafür war der Rest ihres Lebens.«
Papa sah zutiefst betroffen aus. »Peggy, das ist doch der blanke Wahnsinn! Warum sollte sie denn aus der Sklaverei zu entkommen versuchen, um dann zu sterben? Warum hat sie sich nicht gleich umgebracht und sich die große Mühe gespart?«
Peggy brauchte nicht zu antworten, denn just in diesem Augenblick begann das Baby, das sie in den Armen hielt, zu schreien, und das genügte vollauf als Antwort.
»Ich hole Milch«, sagte Papa. »Christian Larsson hat bestimmt eine Viertelpint oder so übrig, auch um diese Nachtzeit.«
Doch Mama bremste ihn. »Denk noch einmal nach, Horace«, warf sie ein. »Es ist jetzt fast Mitternacht. Was willst du ihm erzählen, wofür du die Milch brauchst?«
Horace seufzte und lachte über seine eigene Torheit. »Für das Mischlingsbaby einer entlaufenen Sklavin.« Doch dann lief er rot an vor Zorn. »Was für eine Dummheit dieses schwarze Mädchen da gemacht hat!« sagte er. »Sie ist den ganzen weiten Weg hierher gekommen und wußte, daß sie sterben wird. Aber was, glaubt sie, werden wir jetzt mit ihrem Mischlingsbaby machen? Wir können es schließlich schlecht nach Norden bringen und in Kanada auf die Grenzlinie legen und es so lange schreien lassen, bis irgendein Franzose vorbeikommt, um es mitzunehmen.«
»Ich schätze, sie denkt sich, daß es immer noch besser ist, frei zu sterben, als in der Sklaverei zu leben«, meinte Peggy. »Ich schätze, sie wußte einfach, daß jedes Leben, das diesem Baby hier bevorsteht, besser sein muß als das, was es dort unten erwartete.«
Das Mädchen lag vor dem Feuer, atmete seicht, die Augen geschlossen.
»Sie schläft doch, nicht wahr?« fragte Mama.
»Tot ist sie noch nicht«, antwortete Peggy, »aber sie hört uns nicht.«
»Dann sage ich dir offen heraus, daß das ein ganz schlimmer Ärger ist«, sprach Mama. »Wir können es nicht zulassen, daß die Leute erfahren, wie du hier entlaufene Sklaven durchschleust. Das würde sich schnell herumsprechen, und sofort würden jahraus, jahrein zwei Dutzend Sklavensucher ihre Lager hier in der Gegend aufschlagen. Und einer von denen würde bestimmt versuchen, dich aus dem Hinterhalt zu erschießen.«
»Das braucht doch keiner zu erfahren«, beschwichtigte Papa.
»Was willst du denn machen? Den Leuten erzählen, du wärst im Wald über ihre Leiche gestolpert?«
Peggy wollte sie anschreien: Noch ist sie nicht tot! Also paßt auf, was ihr sagt! Aber es stimmte, sie mußten einiges in die Wege leiten, und zwar schnell. Was, wenn einer der Gäste in der Nacht aufwachte und die Treppe herunterkam? Dann wäre das Geheimnis ein für allemal enthüllt.
»Wie bald wird sie sterben?« wollte Papa wissen. »Bis zum Morgen?«
»Sie wird noch vor Sonnenuntergang tot sein, Papa.«
Papa nickte. »Dann mache ich mich wohl besser an die Arbeit. Um das Mädchen kann ich mich schon kümmern. Ihr Frauen denkt euch irgend etwas für dieses Mischlingskind aus.«
»Ach, werden wir das?« fragte Mama.
»Nun, ich weiß jedenfalls, daß mir nichts dazu einfällt, also solltet lieber ihr versuchen, euch etwas einfallen zu lassen.«
»Nun, vielleicht erzähle ich den Leuten einfach, es sei mein eigenes Baby.«
Papa wurde nicht wütend. Er grinste nur und sagte: »Das werden die dir nicht einmal abnehmen, wenn du diesen Jungen dreimal am Tag in Sahne tauchst.«
Er ging hinaus und holte Po Doggly, um ihm beim Ausheben eines Grabes zu helfen.
»Dieses Baby als ein hiesiges auszugeben, ist gar keine so schlechte Idee«, meinte Mama. »Diese schwarze Familie, die dort unten im Sumpfland lebt … erinnerst du dich noch, wie vor zwei Jahren irgendein Sklavenhalter versuchte zu beweisen, daß sie mal ihm gehörten? Wie heißen die noch, Peggy?«
Peggy kannte sie viel besser als alle anderen Weißen in Hatrack River; sie wachte über sie wie über alle anderen, kannte alle ihre Kinder, kannte ihre Namen. »Sie nennen sich Berry«, erwiderte sie. »Wie ein Adelshaus behalten sie immer den gleichen Familiennamen, egal, welche Arbeit einer von ihnen tut.«
»Warum können wir dieses Baby nicht als ihres ausgeben?«
»Die sind arm, Mama«, wandte Peggy ein. »Die können nicht noch einen weiteren Esser durchbringen.«
»Dabei
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