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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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auf der Straße stand, rechts und links eine Schweinefarm, da vernahm Alvin das scharfe ching, ching von Eisen, das auf Eisen fiel. Ebensogut hätte der Schmied ihn beim Namen rufen können. Hier bin ich, sagte der Hammer, finde mich nur, ein Stück den Weg entlang.
    Doch bevor er die Schmiede erreicht hatte, war er um die Biegung geschritten und hatte den Gasthof entdeckt, in dem er geboren worden war. Das Bild war so deutlich wie in der Vision im Kristallturm. Gewiß, der Gasthof war weiß getüncht und neu; es ruhte erst der Staub eines Sommers auf ihm, so daß er nicht ganz genauso aussah wie in der Vision, aber es war ein so willkommener Anblick, wie ihn ein müder Reisender sich nur erhoffen konnte.
    Sogar doppelt willkommen. Denn im Gasthof würde ihm, wenn er nur ein bißchen Glück hatte, das Fackelmädchen erzählen können, was es mit seinem Leben auf sich hatte.
    Alvin klopfte an die Tür, weil es sich so gehörte, wie er glaubte. Er war noch nie in einem Gasthof gewesen und kannte keinen Gästesaal. Also klopfte er einmal, dann ein zweites Mal, um schließlich Hallo zu rufen, bis sich endlich die Tür öffnete. In der Tür stand eine Frau mit Mehl an den Händen und auf ihrer karierten Schürze, eine große Frau, die höchst verärgert aussah – aber er erkannte ihr Gesicht. Dies war die Frau aus seiner Vision im Kristallturm, die ihn mit ihren eigenen Fingern am Hals aus dem Mutterleib gezogen hatte.
    »Was, um alles in der Welt, fällt dir ein, Junge, so an meiner Tür zu klopfen und herumzubrüllen, als würde es brennen! Warum kannst du nicht hereinkommen und dich hinsetzen wie andere Leute auch? Oder bist du vielleicht so furchtbar wichtig, daß du erst einen Dienstboten brauchst, der dir die Tür öffnet?«
    »Entschuldigung, Ma'am«, sagte Alvin so respektvoll, wie er nur konnte.
    »Gut. Also, was hast du mit uns zu schaffen? Wenn du ein Bettler sein solltest, dann kann ich dir nur sagen, daß wir erst nach dem Essen Reste übrig haben. Aber du kannst gern bis dahin warten, und wenn du ein Gewissen besitzen solltest, dann kannst du inzwischen etwas Holz für uns hacken. Wenn ich dich allerdings so anschaue, kann ich mir kaum vorstellen, daß du älter als vierzehn bist …«
    »Elf, Ma'am.«
    »Na, dann bist du ja ganz schön groß für dein Alter. Aber was hast du mit elf Jahren in einem Gasthof zu suchen? Ich werde dir jedenfalls keinen Branntwein ausschenken, auch wenn du Geld hast, was ich bezweifle. Dies hier ist ein christliches Haus, sogar mehr als nur christlich, denn wir sind fromme Methodisten, und das bedeutet, daß wir keinen Tropfen anrühren und auch keinen servieren. Und selbst wenn, wir würden Kindern nichts davon geben. Ich wette ohnehin zehn Pfund Schweineschmalz, daß du nicht einmal das Geld für eine einzige Übernachtung hast.«
    »Nein, Ma'am«, erwiderte Alvin, »aber …«
    »Also so was! Da holst du mich aus meiner Küche, obwohl das Brot noch nicht halb durchgeknetet ist, und wo ein Baby jeden Augenblick nach Milch schreien kann! Und ich muß nun meinen Gästen erklären, warum ihr Essen so spät kommt! Und das alles nur wegen eines Jungen, der keine Tür allein aufkriegt.«
    »Ma'am«, sagte Alvin, »ich möchte weder etwas zu essen noch ein Zimmer.« Er verstand genug von Höflichkeit, um nicht hinzuzufügen, daß Reisende im Hause seines Vaters immer willkommen waren, ob sie Geld hatten oder nicht, und daß man einem hungrigen Menschen keine Nachmittagsreste gab, daß dieser vielmehr an Pas Tisch Platz nehmen und mit der Familie zusammen essen durfte. Er lernte sehr schnell, daß es hier im zivilisierten Land anders zuging.
    »Nun, alles, womit wir hier handeln, ist Essen und Unterkunft«, erwiderte die Dame vom Gasthof.
    »Ich bin hergekommen, Ma'am, weil ich vor nunmehr fast zwölf Jahren in diesem Haus geboren wurde.«
    Sofort veränderte sich ihre Miene. Jetzt war sie nicht mehr die Gastwirtin, sondern die Hebamme. »In … diesem Haus geboren?«
    »An jenem Tag, als mein ältester Bruder Vigor im Hatrack River starb. Ich habe gehofft, daß Ihr Euch vielleicht an diesen Tag erinnern könnt, und vielleicht könntet Ihr mir auch den Ort zeigen, an dem mein Bruder beerdigt wurde.«
    Wieder veränderte sich ihre Miene. »Du«, sagte sie, »du bist der Junge, der in diese Familie hineingeboren wurde … der siebente Sohn eines …«
    »Eines siebenten Sohnes«, ergänzte Alvin.
    »Was ist nur aus dir geworden, sag mal! Ja, das war schon eine Sache damals. Meine

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