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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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in seinem Traum verblaßte.
    Er stand einfach da, und es dauerte eine Weile, bis er sich daran erinnern konnte, wer er war und wohin er wollte. Die Musik des Grünwaldes hinter ihm war kräftiger, vor ihm dagegen schwach. Alles, was er mit Sicherheit sagen konnte, war, daß vor ihm eine Stadt lag und vielleicht fünf Meilen weiter ein Fluß. Das war alles, was er mit Sicherheit fühlte. Doch er wußte, daß es der Hatrack River war, und darum konnte die Stadt auch nur jene sein, die sein Ziel war.
    Er hatte damit gerechnet, direkt am Stadtrand aus dem Wald zu kommen. Jetzt aber hatte er keine andere Wahl, als diese letzten Meilen auf den Sohlen eines weißen Mannes zu gehen, oder überhaupt nicht. Das war ein Gedanke, auf den er noch nie gekommen war – daß es Orte auf der Welt geben könnte, die so dicht besiedelt waren, daß eine Farm unmittelbar an die nächste stieß und wo es allenfalls eine Baumreihe oder einen Zaun gab, um die Grundstücksgrenzen zu markieren, Farm an Farm. War es dies, was der Prophet in seinen Visionen vom Land geschaut hatte? Ein gemordeter Wald, der zurückweichen mußte, um diesen Feldern Platz zu machen, damit ein Roter nicht mehr laufen, ein Reh keine Deckung mehr finden, ein Bär keinen Ort mehr für den Winterschlaf aufspüren konnte? Wenn dem so sein sollte, dann war es kein Wunder, daß er alle Roten, die ihm folgen wollten, nach Westen geführt hatte, über den Mizzipy. Hier gab es kein Leben mehr für einen roten Mann.
    Es machte Alvin etwas traurig und verschreckte ihn auch ein wenig, daß er jetzt das lebende Land zurücklassen mußte, das er inzwischen so gut kennengelernt hatte wie der Mensch seinen eigenen Körper. Doch er war kein Philosoph. Er war ein Junge von elf Jahren, und er sehnte sich auch danach, eine Stadt im Osten kennenzulernen, die ganz besiedelt und zivilisiert war. Außerdem hatte er hier etwas zu tun, etwas, das er schon seit einem Jahr verschoben hatte, als er zum ersten Mal erfuhr, daß es jemanden wie das Fackelmädchen gab und daß sie in ihm einen zukünftigen Macher sah.
    Er holte seine Kleider hervor und legte sie an. Dann marschierte er am Rande des Farmlands entlang, bis er einen Weg erreichte. Als dieser einen Strom überquerte, hatte er den Beweis, daß es der richtige Weg war: Eine bedachte Brücke führte über dieses kleine Rinnsal, das man mit einem einzigen Schritt hätte überspringen können. Sein eigener Pa und die älteren Brüder hatten diese Brücke und auch weitere wie diese gebaut, den ganzen Weg von Hatrack bis Vigor Church. Vor elf Jahren hatten sie diese Brücken errichtet, als Alvin noch an der Brust seiner Ma trank, während der Wagen gen Westen holperte.
    Er folgte dem Weg. Er hatte nun Hunderte von Meilen durch jungfräulichen Wald hinter sich gelegt, ohne daß seine Füße zu Schaden gekommen wären, doch der Weg des Weißen Mannes hatte nicht Teil am Grüngesang und gab unter Alvins Füßen nicht nach. Schon nach zwei Meilen waren sie wund, und er fühlte sich staubig, durstig und hungrig. Alvin hoffte, daß er nicht noch allzuviele Meilen auf dem Weg des Weißen Mannes zurücklegen mußte, sonst würde er sich noch wünschen, daß er seine Stiefel behalten hätte.
    Das Schild am Wegesrand trug die Inschrift: Stadt Hatrack, Hio.
    Verglichen mit den Dörfern am Frontier war es schon eine recht große Stadt. Natürlich konnte man sie nicht mit der französischen Stadt Detroit vergleichen, aber das war ja auch Ausland. Diese Stadt hier dagegen war, na ja, amerikanisch. Die Häuser und Gebäude waren den wenigen grobschlächtigen Bauten von Vigor Church und anderen neuen Siedlungen ähnlich, nur etwas geglättet und zu voller Größe angewachsen. Es gab vier Straßen, die die Hauptstraße kreuzten, eine Bank und ein paar Geschäfte und Kirchen, ja sogar ein Landgericht und einige Bauten mit Schindeln, auf denen ›Rechtsanwalt‹ und ›Arzt‹ und ›Alchemist‹ stand. Wenn es hier solche Berufsstände gab, dann war das eine richtige Stadt und nicht nur ein Ort voller Hoffnungen, wie Vigor Church vor dem Massaker.
    Vor weniger als einem Jahr hatte er eine Vision der Stadt Hatrack geschaut. Das war, als der Prophet Lolla-Wossiky ihn in den Tornado hineingeführt hatte, den er auf dem Lake Mizogan heraufbeschworen hatte. Damals waren die Außenwände des Wirbelwinds zu Kristall geworden, und in diesem Kristall hatte Alvin viele Dinge geschaut. Eine davon war die Stadt Hatrack, wie sie gewesen war, als Alvin geboren wurde. Es war

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