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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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meilenweit sehen, sie sieht in ihre Herzen. Es gibt keinen Mann, der sich ihr in böser Absicht nähern könnte, ohne daß sie genau erkennen würde, was er vorhat und wie sie dem entgehen kann. Nein, Sorgen mache ich mir nicht um sie. Sie kann besser auf sich aufpassen als jeder Mann. Es ist nur so, daß ich sie …«
    »Daß Ihr sie vermißt«, beendete Alvin den Satz für ihn.
    »Ich schätze, um das zu erraten, braucht man keine Fackel zu sein, habe ich recht, Junge? Ich vermisse sie, ja. Und es hat auch meine Gefühle ein wenig verletzt, daß sie so plötzlich verschwunden ist. Ich hätte sie noch segnen können, und ihre Mutter hätte einen guten Zauber auf sie legen können. Nicht, daß Kleinpeggy ihn gebraucht hätte. Aber sie hätte ihr wenigstens eine kalte Mahlzeit mit auf den Weg geben können. Doch nichts von alledem! Kein Gehabt-Euch-wohl, kein Gott-sei-mit-euch. Als wäre sie vor irgendeinem abscheulichen Ungeheuer davongelaufen, als hätte sie gerade noch Zeit gehabt, rasch ein zweites Kleid in ihren Kleiderbeutel zu stopfen und aus der Tür hinauszustürzen.«
    Als wäre sie vor einem Ungeheuer davongelaufen … Diese Worte trafen Alvin ins Herz. Sie war eine so gute Fackel, daß sie Alvin durchaus hätte kommen sehen können. Und am selben Morgen, da er eingetroffen war, war sie verschwunden! Wäre sie keine Fackel gewesen, dann hätte dies ein Zufall sein können. Aber sie war nun mal eine Fackel. Sie hatte gewußt, daß er den ganzen Weg in der Hoffnung zurückgelegt hatte, ihr zu begegnen und sie darum zu bitten, ihm dabei zu helfen, zu dem zu werden, zu dem er geboren war. Sie hatte das alles gesehen und war davongelaufen.
    »Es tut mir aufrichtig leid, daß sie fort ist«, sagte Alvin.
    »Ich danke dir für dein Mitgefühl, Freund, das ist lieb von dir. Ich hoffe nur, daß sie nicht allzu lange fortbleibt. Ich hoffe, daß sie tun wird, was immer sie tun wollte, und daß sie in ein paar Tagen oder vielleicht in ein paar Wochen zurückkehrt.« Er lachte wieder. Vielleicht war es aber auch ein Schluchzen; Alvin vermochte es nicht zu sagen. »Ich kann nicht einmal mehr zur Fackel von Hatrack gehen und sie bitten, Peggys Zukunft vorherzusagen, denn die Fackel von Hatrack River ist verschwunden.«
    Nun begann Horace wieder zu weinen, aber nur eine Minute lang. Dann nahm er Alvin bei den Schultern, sah ihm in die Augen, ohne die Tränen auf seinen Wangen auch nur zu verbergen. »Alvin, merke dir, wie du mich gesehen hast, wie ich ganz unmännlich geweint habe. Und merke dir auch, daß Väter sich immer so fühlen, wenn ihre Kinder fort sind. So fühlt sich auch dein Vater im Augenblick, weil du so weit fortgegangen bist.«
    »Das weiß ich«, erwiderte Alvin.
    »Wenn du nichts dagegen hast«, sagte Horace Guester, »dann möchte ich hier jetzt gern ein wenig allein sein.«
    Alvin berührte seinen Arm für einen kurzen Augenblick, dann ging er davon. Aber nicht hinunter zum Haus, um sein Mittagessen einzunehmen, wie Old Peg Guester es ihm angeboten hatte. Er war viel zu aufgewühlt, um jetzt dort sitzen und essen zu können. Wie hätte er auch erklären sollen, daß es ihm fast das Herz brach, zu wissen, daß das Fackelmädchen verschwunden war? Nein, er würde schweigen müssen. Die Antworten, die er in Hatrack gesucht hatte, waren mit einem sechzehnjährigen Mädchen verschwunden, das ihm nicht begegnen wollte, als er eintraf.
    Vielleicht hat sie meine Zukunft gesehen und haßt mich. Vielleicht bin ich wirklich ein schreckliches Ungeheuer, so schrecklich, wie es einem nur im allerschlimmsten Alptraum begegnet.
    Er folgte dem Geräusch des Schmiedehammers, und es führte ihn über einen kaum erkennbaren Pfad zu einem Haus, das über einem Bach errichtet war, der direkt aus dem Hügel strömte. Stromabwärts ging er einen klaren, wiesenbewachsenen Abhang hinab, bis er zur Schmiede gelangte. Heißer Rauch stieg aus der Esse empor. Er schritt um die Schmiede herum und erblickte den Schmied hinter der großen Schiebetür, wie er eine Eisenstange am schmalen Ende seines Ambosses rund schlug.
    Alvin blieb stehen und sah ihm bei der Arbeit zu. Sogar hier draußen spürte er die Hitze, die ihm aus der Esse entgegenschlug; im Innern des Gebäudes mußte ein wahres Höllenfeuer herrschen. Die Muskeln des Schmieds sahen aus wie dicke Seile, die seinen Arm unter der Haut festhielten und führten. Sie verschoben sich und wogten übereinander, als sich der große Hammer in die Luft hob, um sich dann plötzlich

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