Der magische Pflug
der ihn herausgezogen hat. Er hat sich noch im Tod an die Wurzeln eines Baumes geklammert, so daß ich schon glaubte, ich müßte ihn losschneiden. Komm her, Junge.«
Alvin trat näher. Der Schmied drückte und befühlte seine Armmuskeln.
»Nun gut, ich sehe schon, daß du kein Faulpelz bist. Faule Jungen werden weich, aber du bist kräftig wie ein schwer arbeitender Bauer. Das läßt sich wohl nicht leugnen, schätze ich. Und trotzdem hast du noch keine wirkliche Arbeit gesehen.«
»Ich bin bereit zu lernen.«
»Oh, davon bin ich überzeugt. So mancher Junge wäre froh, wenn er bei mir lernen könnte. Andere Berufe kommen und gehen, aber einen Schmied braucht man immer. Das wird sich nie ändern. Nun, körperlich bist du wohl recht kräftig, schätze ich. Dann schauen wir uns jetzt einmal an, wie es um dein Hirn steht. Sieh diesen Amboß hier. Das hier ist der Stoßamboß, an der Spitze, siehst du? Sprich es aus.«
»Stoßamboß.«
»Und das hier ist die Kehle. Und dies ist die Auflage – sie ist nicht mit Blasenstahl überzogen, damit der Meißel nicht abstumpft, wenn man ihn kalt hineintreibt. Und dieser Abschnitt hier ist die Stahlfläche, auf der das heiße Metall bearbeitet wird. Und das hier ist das Härtloch, wo ich den Stiel des Setzhammers und des Streckhammers und der Präge absetze. Und das hier ist das Stichloch, wenn ich Bandeisen durchlöchern will – die heiße Punze schlägt voll durch und trifft auf diesen Teil. Hast du das alles?«
»Ich denke schon, Sir.«
»Dann nenne mir die einzelnen Teile des Amboß.«
Alvin tat es, so gut er konnte. Zwar hatte er sich noch nicht bei jedem Teil gemerkt, wozu es diente, doch was er sagte, war schon recht gut, denn der Schmied nickte und grinste plötzlich. »Schätze, ein Halbtrottel bist du nicht gerade. Du lernst schnell. Und es ist auch gut, daß du so groß für dein Alter bist. Da brauche ich dich nicht die ersten vier Jahre nur an Besen und Blasebalg arbeiten zu lassen, wie ich es mit den kleineren Jungen tue. Aber dein Alter, das ist ein Problem. Eine Lehrzeit dauert sieben Jahre, aber in meinem Vertrag mit deinem Pa steht, daß sie solange dauern soll, bis du siebzehn geworden bist.«
»Ich bin jetzt fast zwölf, Sir.«
»Worauf ich hinauswill: Ich will dich die vollen sieben Jahre behalten, wenn es nötig sein sollte. Ich möchte nicht, daß du sofort wieder abrauschst, kaum daß ich dich so gut ausgebildet habe, daß du mir nützlich werden kannst.«
»Sieben Jahre, Sir. Im Frühling, kurz bevor ich neunzehn werde, endet meine Lehrzeit.«
»Sieben Jahre sind eine lange Zeit, Junge, und ich habe vor, sie dir abzufordern. Die meisten Jungen fangen im Alter von neun oder zehn an, manche sogar schon mit sieben, so daß sie mit sechzehn oder siebzehn bereits ihren Lebensunterhalt verdienen und sich nach einer Frau umsehen können. So etwas werde ich bei dir nicht zulassen. Ich erwarte von dir, daß du lebst wie ein Christ und nicht mit den Stadtmädchen herumschäkerst. Hast du mich verstanden?«
»Jawohl, Sir.«
»Also gut. Meine Lehrlinge schlafen auf dem Boden über der Küche, und du wirst am selben Tisch essen wie meine Frau, meine Kinder und ich, obwohl ich dir dankbar wäre, wenn du nur dann im Haus den Mund aufmachst, nachdem du angesprochen worden bist. Ich lasse es nämlich auch nicht zu, daß meine Lehrlinge sich einbilden, sie hätten dieselben Rechte wie meine Kinder, denn die haben sie nicht.«
»Jawohl, Sir.«
»Und jetzt muß ich dieses Band hier wieder erhitzen. Also fang mit dem Blasebalg dort drüben an.«
Alvin schritt zum Griff des Blasebalgs, Der hatte eine T-Form, war also beidhändig zu bedienen. Alvin aber verbog das Endstück, bis es den gleichen Winkel hatte wie der Griff des Hammers, als der Schmied ihn in die Luft hob. Dann begann er, den Blasebalg mit einem Arm zu bedienen.
»Was tust du da, Junge!« schrie Alvins neuer Lehrmeister. »Den Blasebalg mit einem Arm zu drücken, hältst du höchstens zehn Minuten aus.«
»Dann wechsle ich eben nach zehn Minuten und nehme den linken Arm«, erwiderte Alvin. »Aber ich werde mich nie auf den Gebrauch des Hammers vorbereiten können, wenn ich mich beim Bedienen des Blasebalgs jedesmal vorbeugen muß.«
Der Schmied sah ihn wütend an. Dann begann er zu lachen. »Du hast wirklich eine freche Zunge, Junge, aber klug bist du auch. Tu, was du willst, solange du es kannst, aber achte darauf, daß der Gebläsestoß gleichmäßig bleibt – ich brauche nämlich heißes
Weitere Kostenlose Bücher