Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
Vom Netzwerk:
zusammenzuziehen, als der Hammer nach unten sauste. Obwohl er so nahe war, konnte Alvin kaum das glockenähnliche Dröhnen von Eisen auf Eisen vernehmen, wobei der Amboß wie eine Stimmgabel wirkte, die den Ton immer weiterhallen ließ. Schweiß troff vom Leib des Schmieds, und er war nackt bis zur Hüfte, die weiße Haut gerötet von der Hitze, vom Ruß der Esse gestreift und voller Schweiß, der ihm aus den Poren lief. Man hat mich hierher geschickt, um des Teufels Lehrling zu werden, dachte Alvin.
    Doch im gleichen Augenblick erkannte er, daß das ein törichter Gedanke war. Der Schmied war ein hart arbeitender Mann, das war alles. Ein Mann, der sich seinen Lebensunterhalt mit einer Fähigkeit verdiente, wie man sie in jeder Stadt brauchte, wollte diese Stadt sich weiterentwickeln. Wenn man nach der Größe der Corrals für die Pferde urteilte, die darauf warteten, beschlagen zu werden, und nach den Stapeln von Eisenbarren, aus denen noch Pflüge und Sicheln, Äxte und Brechstangen gefertigt werden sollten, lief das Geschäft gut. Wenn ich dieses Handwerk lerne, werde ich nie Hunger leiden, dachte Alvin, und die Leute werden mich immer gern bei sich haben.
    Und da war noch etwas. Irgend etwas an dem heißen Feuer und dem roten Eisen. Das, was hier geschah, war irgendwie verwandt mit dem Machen. Alvin wußte noch von seiner Arbeit im Granitsteinbruch, wo er unter anderem den Mühlstein für die Mühle seines Vaters geschnitten hatte, daß er mit seiner Gabe wahrscheinlich ins Innere des Eisens hineingreifen und es in jede beliebige Richtung biegen konnte. Doch er mußte noch etwas lernen: vom Amboß und vom Hammer, vom Blasebalg und vom Feuer und von dem Wasser in den Kühlwannen – ein Wissen, daß ihm dabei helfen würde, zu dem zu werden, zu dem er geboren war.
    Daher musterte er den Schmied jetzt. Aber nicht wie einen gewaltigen, kraftvollen Fremden, sondern wie sein zukünftiges Selbst. Er sah, wie an Schultern und Rücken des Schmieds die mächtigen Muskeln spielten. Alvins Körper war kräftig vom Holzhacken und vom Sägen und Schleppen und Heben, womit er sich auf Nachbarfarmen einige Pennys verdient hatte. Bei dieser Arbeit geriet jedoch der ganze Körper in Bewegung. Man hob die Axt, und wenn sie herabsauste, wirkte der ganze Körper wie ein Teil des Griffs, so daß Beine und Hüften und Rücken in diese Bewegung einstimmten. Der Schmied dagegen hielt das heiße Eisen in der Zange, hielt es so paßgenau auf den Amboß, daß sich sein Körper beim Schwingen des Hammers mit dem rechten Arm kein Zucken erlauben durfte; vielmehr blieb der linke Arm ruhig und fest wie ein Stein. Dadurch formte sich der Körper des Schmieds auf andere Weise, wuchsen die Armmuskeln viel stärker, stand die Muskulatur an Hals und Brustbein viel deutlicher hervor als beim Körper eines Bauern.
    Alvin spürte in sich hinein, fühlte, wie seine eigenen Muskeln wuchsen, und wußte bereits, wo die Veränderungen stattfinden mußten. Das war ein Teil seiner Gabe: sich in lebendigem Fleisch ebenso leicht zurechtzufinden wie in der Struktur toten Gesteins. So griff er in sein Inneres und lehrte seinen Körper, sich seiner neuen Arbeit gemäß zu verändern.
    »Junge«, sagte der Schmied.
    »Sir«, erwiderte Alvin.
    »Hast du einen Auftrag für mich? Ich kenne dich doch nicht, oder?«
    Alvin trat vor und wollte ihm den Brief seines Vaters überreichen.
    »Lies ihn mir vor, Junge, meine Augen sind nicht mehr die besten.«
    Alvin entfaltete das Papier. »Von Alvin Miller aus Vigor Church. An Makepeace, Schmied von Hatrack River. Hier ist mein Junge Alvin, von dem Ihr gesagt habt, er könne Lehrling bei Euch werden, bis er siebzehn ist. Er wird hart arbeiten und tun, was Ihr ihm sagt, und Ihr sollt ihn alles lehren, was ein Mann wissen muß, um ein guter Schmied zu werden, wie in dem Vertrag, den ich unterschrieben habe. Er ist ein guter Junge.«
    Der Schmied griff nach dem Brief, hielt ihn sich dicht vor die Augen. Seine Lippen bewegten sich, als er einige der Sätze wiederholte. Dann klatschte er das Papier auf den Amboß. »Das ist ja eine nette Geschichte«, meinte der Schmied. »Weißt du denn gar nicht, daß du ein Jahr zu spät kommst, Junge? Du solltest eigentlich schon im letzten Frühling bei mir sein. Ich habe drei andere Lehrlingsangebote abgelehnt, weil dein Pa mir sein Wort gegeben hat, daß du kommen würdest, und so habe ich das ganze Jahr keine Hilfe gehabt, weil er sein Wort eben nicht gehalten hat. Und jetzt soll ich dich

Weitere Kostenlose Bücher