Der magische Pflug
noch an zu fragen, ob ich Meister meiner eigenen Schmiede bin.«
Jeder, der nicht gerade ein paar Löcher im Kopf hatte, wußte, daß man nicht ausgerechnet den Schmied reizen sollte, der einem gerade das eigene Pferd beschlug. Das war ungefähr so klug, wie die Bienen aufzustacheln, wenn man gerade Honig holen wollte. Hank Dowser hoffte nur, daß sich Makepeace etwas leichter beruhigen lassen würde. »Natürlich seid Ihr das«, sagte Hank. »Ich hab' mir nichts dabei gedacht. Ich war nur etwas überrascht, als Euer Lehrjunge plötzlich so frech geredet hat.«
»Nun, das darf er auch, weil er nämlich ein Talent hat«, erklärte Makepeace Smith. »Dieser Junge kann einem alles mögliche über das Innere eines Pferdehufs erzählen – wo ein Nagel halten wird, wo er in weiches, schmerzempfindliches Fleisch treffen würde, solche Sachen eben. Er ist ein geborener Hufschmied. Und wenn der mir sagt, ich soll diesen Nagel nicht hineintreiben, dann weiß ich inzwischen, daß das ein Nagel ist, den auch ich nicht hineintreiben will, weil er das Pferd nämlich nur verrückt machen oder lähmen würde.«
Hank Dowser grinste und wich ein Stück zurück. Es war ein sehr heißer Tag, deshalb waren die Gemüter der Leute so gereizt. »Ich respektiere jedermanns Talent«, sagte Hank. »Genau wie ich von jedermann erwarte, daß er meins respektiert.«
»Dann habe ich Euer Pferd jetzt wohl lange genug abgestützt«, meinte der Schmied. »Los, Alvin, beschlage diesen Huf.«
Wenn der Junge triumphierend gegrinst hätte, dann hätte Hank Grund gehabt, so wütend zu sein. Aber der Lehrling Alvin neigte sich einfach nur vor, die Nägel zwischen den Lippen, und beugte den linken Huf nach oben. Picklewing lehnte sich gegen ihn, aber der Junge war sehr groß, auch wenn sein Gesicht noch keine Bartspuren trug, und was die Muskeln anbetraf, so war er fast ein Zwillingsbruder seines Meisters. Es dauerte keine Minute, bis das Hufeisen eingeschlagen war. Weder zitterte Picklewing, noch tänzelte das Tier nervös herum, wie es das sonst tat, wenn die Nägel eingetrieben wurden. Und nun, da Hank ein wenig darüber nachdachte, fiel ihm ein, daß Picklewing diesen Lauf tatsächlich ein wenig zu schonen pflegte, als wäre das Fleisch im Huf ein klein wenig wund. Doch das geschah bereits so lange, daß Hank es vorher kaum bemerkt hatte.
Der Lehrjunge trat ein Stück zurück, ohne im geringsten mit seiner Leistung anzugeben. Er zeigte keine Spur von herablassendem Verhalten, und doch empfand Hank einen völlig widersinnigen Zorn auf den Jungen. »Wie alt ist er?« fragte Hank.
»Vierzehn«, antwortete Makepeace Smith. »Er ist mit elf zu mir gekommen.«
»Ein bißchen alt für einen Lehrling, meint Ihr nicht?« fragte Hank.
»Er ist ein Jahr zu spät hier eingetroffen, wegen des Kriegs gegen die Roten und die Franzosen – er stammt aus dem Wobbish-Land.«
»Das waren schwere Jahre«, meinte Hank. »Ein Glück für mich, daß ich die ganze Zeit in Irrakwa war. Habe entlang der ganzen Eisenbahnstrecke, die man damals baute, Brunnen für die Windmühlen gemutet. Vierzehn Jahre alt, eh? So groß, wie der ist, hat er wahrscheinlich auch gelogen, was sein Alter angeht.«
Wenn der Junge es nicht mochte, einen Lügner genannt zu werden, so ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. Was Hank Dowser um so mehr ärgerte. Dieser Junge war wie eine Zecke unter seinem Sattel – er konnte tun, was er wollte, es machte Hank zornig.
»Nein«, widersprach der Schmied. »Wir kennen sein Alter sehr genau. Er wurde hier in Hatrack River geboren, vor vierzehn Jahren, als seine Familie auf dem Weg nach Westen hier durchkam. Seinen ältesten Bruder haben wir oben auf dem Hügel beerdigt. Er ist ziemlich groß für sein Alter, nicht wahr?«
Ebensogut hätten sie über ein Pferd reden können. Doch dem Lehrling Alvin schien das nichts auszumachen. Er stand einfach nur da und starrte durch sie hindurch, als wären sie aus Glas.
»Dann läuft sein Lehrvertrag also noch vier Jahre?« wollte Hank wissen.
»Etwas länger. Bis er fast neunzehn ist.«
»Na, wenn er schon jetzt wirklich so viel taugt, wird er wahrscheinlich früh aufhören und auf Wanderschaft gehen.« Hank sah zu dem Jungen hin, aber der schien auch bei diesem Gedanken nicht heiterer zu werden.
»Ich glaube nicht«, meinte Makepeace Smith. »Mit den Pferden kann er gut umgehen, aber beim Schmieden neigt er zur Achtlosigkeit. Jeder Schmied kann Hufeisen herstellen, aber es braucht einen richtigen
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