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Der magische Pflug

Der magische Pflug

Titel: Der magische Pflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Feuer, und das ist wichtiger, als daß du jetzt schon deine Arme stählst.«
    Alvin begann zu pumpen. Schon bald spürte er den Schmerz dieser unvertrauten Bewegung in Nacken, Brust und Rücken. Doch er hielt durch, unterbrach den Rhythmus nicht, zwang seinen Körper zum Durchhalten. Er hätte die entsprechenden Muskeln auf der Stelle wachsen lassen können, hätte ihnen mit seiner verborgenen Macht das geforderte Muster aufzwingen können. Doch dazu war Alvin nicht hierhergekommen, dessen war er sich ziemlich sicher. Also ließ er den Schmerz kommen, wie er wollte, und er ließ seinen Körper sich verändern, wie er wollte, verdiente sich jeden neuen Muskel mit harter Arbeit.
    Alvin hielt es fünfzehn Minuten mit der rechten Hand und zehn mit der linken durch. Er spürte, wie die Muskeln schmerzten, und er mochte das Gefühl. Makepeace Smith schien recht zufrieden mit ihm zu sein. Alvin wußte, daß er sich hier verwandeln würde, daß diese Arbeit einen kräftigen und geschickten Mann aus ihm machen würde.
    Einen Mann ja, aber keinen Macher. Er war noch immer nicht voll und ganz dorthin unterwegs, wozu er geboren worden war. Aber da es – zumindest erzählten das die Leute – seit über tausend Jahren keinen Macher mehr auf Erden gegeben hatte, wußte er auch nicht, wo er eine Lehre hätte antreten können, um dieses Handwerk zu erlernen.

4. Modesty
    Whitley Physicker half Peggy vor einem prachtvollen Haus in einem der besten Stadtteile von Dekane vom Wagen. »Ich würde dich ganz gerne bis zur Tür begleiten, Peggy Guester, nur um sicherzugehen, daß sie auch zu Hause sind und dich empfangen«, sagte er, aber sie wußte genau, daß er nicht mit ihrem Einverständnis rechnete. Wenn irgend jemand wußte, wie wenig sie es mochte, wenn Menschen sich ihretwegen Umstände machten, so war es Dr. Whitley Physicker. Also dankte sie ihm herzlich und entbot ihm Lebewohl.
    Sie hörte, wie sein Wagen davonrollte, vernahm das Getrappel der Hufe auf den Pflastersteinen, als sie den Klopfer an der Tür betätigte. Ein Hausmädchen öffnete, ein deutsches Mädchen, das so frisch vom Schiff heruntergekommen war, daß sie noch nicht einmal genug Englisch sprach, um Peggy nach ihrem Namen zu fragen. Mit einer Geste bedeutete sie ihr, einzutreten, forderte sie auf, auf einer Bank in der Empfangshalle Platz zu nehmen, und streckte ihr dann ein Silbertablett entgegen.
    Wofür war denn das Tablett? Peggy konnte kaum verstehen, was sie im Geist dieses ausländischen Mädchens schaute. Sie erwartete irgend etwas – aber was? Ein kleines Stück Papier, aber Peggy wußte nicht wozu.
    Das Mädchen hielt ihr beharrlich das Tablett entgegen, doch Peggy konnte nichts anderes tun, als die Achseln zu zucken. Schließlich gab das deutsche Mädchen auf und ging davon. Peggy blieb auf der Bank sitzen und wartete. Sie hatte im Haus nach Herzensfeuern gesucht und das gewünschte gefunden. Erst jetzt begriff sie, wofür das Tablett gewesen war – für ihre Visitenkarte. Die Leute in der Stadt, zumindest die Reichen, besaßen kleine Karten, auf denen ihr Name stand, um sich anzukündigen, wenn sie auf Besuch kamen. Peggy konnte sich sogar daran erinnern, in einem Buch davon gelesen zu haben; doch es war ein Buch aus den Kronkolonien gewesen, und sie hätte nie geglaubt, daß die Menschen in den freien Ländern derlei Förmlichkeiten beachteten.
    Schon bald kam die Dame des Hauses in einem prächtigen Tageskleid, gefolgt von dem deutschen Mädchen. Das Herzensfeuer der Dame sagte Peggy, daß sie sich heute nicht besonders fein angekleidet fühlte, aber auf Peggy wirkte sie wie die Königin persönlich.
    Peggy schaute in ihr Herzensfeuer und fand, worauf sie gehofft hatte. Die Dame war kein bißchen verärgert, Peggy zu sehen, nur neugierig. Gewiß, die Dame schätzte sie ein – Peggy war noch nie einer Menschenseele begegnet, die nicht jeden Fremden in irgendeiner Form eingeschätzt hätte, sie selbst eingeschlossen –, doch das Urteil fiel günstig aus. Als die Dame Peggys einfache Kleidung erblickte, sah sie in ihr ein Mädchen vom Lande und keine Bettlerin; als sie in Peggys strenges, ausdrucksloses Gesicht blickte, sah sie darin ein Kind, das den Schmerz kennengelernt hatte, aber kein häßliches Mädchen. Und als sich die Dame Peggys Schmerz vorstellte, war ihr erster Gedanke: Ich will versuchen, sie zu heilen. Alles in allem war diese Dame gut. Peggy hatte recht getan, hierher zu kommen.
    »Ich glaube nicht, daß ich schon einmal das

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