Der magische Pflug
können, daß sie Peggys Gesellschaft mehr genießen würden als die irgendeiner anderen Frau. Darum stellte Mistress Modesty Peggy solchen Männern gar nicht erst vor. Statt dessen gestattete sie ihr, nur mit Männern zu tanzen, die auf sie reagieren würden; und Mistress Modesty wußte genau, welche Männer das waren, weil diese nämlich eine ehrliche Zuneigung zu Mistress Modesty hegten.
Und als die Stunden vergingen, als der dämmrige Nachmittag dem hellen Abend wich, umringten immer mehr und mehr Männer Peggy, füllten ihre Tanzkarte, unterhielten sich während der Pausen angeregt mit ihr, brachten ihr Erfrischungen, die sie zu sich nahm, wenn sie hungrig oder durstig war, und die sie freundlich ablehnte, wenn das nicht der Fall war – bis auch die anderen Mädchen schließlich begannen, sie zu beachten. Natürlich gab es jede Menge Männer, die Peggy nicht beachteten; kein Mädchen ging Peggys wegen zu kurz aus. Doch so sahen die Mädchen es nicht. Sie sahen vielmehr, daß Peggy stets von Männern umringt war, und Peggy konnte sich schon denken, was die Mädchen einander zuflüstern mochten.
»Was hat die für einen Zauber?«
»Sie trägt ein Amulett unter ihrem Leibchen – ich bin sicher, daß ich die Umrisse erkannt habe, wie es gegen den billigen Stoff ihres Kleides drückte.«
»Warum sehen die bloß nicht, was die für eine dicke Taille hat?«
»Schaut mal, wie durcheinander ihr Haar ist, als wäre sie gerade aus der Scheune gekommen.«
»Sie muß ihnen wirklich schrecklich schmeicheln.«
»Von der fühlt sich nur eine ganz bestimmte Art Mann angezogen. Ich hoffe, du bemerkst das.«
Die armen Dinger, die armen Dinger. Peggy besaß keine Macht, über die nicht jedes dieser Mädchen auch verfügt hätte. Sie benutzte nur keinerlei Künstlichkeiten, die sie erst hätte kaufen müssen.
Am wichtigsten war ihr die Tatsache, daß sie hier nicht einmal ihre Gabe einsetzte. Alle anderen Belehrungen durch Mistress Modesty hatte sie im Laufe der Jahre mühelos zu akzeptieren gelernt, denn sie waren nicht anderes gewesen als der Ausdruck ihrer natürlichen Ehrlichkeit. Der einzige echte Stolperstein aber war Peggys Gabe. Sobald sie jemandem begegnete, hatte sie gewohnheitsmäßig in sein Herzensfeuer hineingespürt, um zu sehen, wer er war; und nachdem sie mehr über ihn in Erfahrung gebracht hatte als über sich selbst, hatte sie ihr Wissen um seine dunkelsten Geheimnisse verbergen müssen. Dies war es auch, was sie so reserviert, ja fast arrogant hatte erscheinen lassen.
Mistress Modesty und Peggy waren sich in einem Punkt einig – sie durfte anderen nicht erzählen, wieviel sie von ihnen wußte. Und doch hatte Mistress Modesty ihr versichert, daß sie ihr schönstes wahres Selbst solange nicht würde voll entfalten können, wie sie etwas derartig Wichtiges verbarg – da sie nicht zu der Frau werden konnte, die Alvin um ihrer selbst willen und nicht aus Mitleid liebte.
Die Lösung war denkbar einfach. Da Peggy weder sagen noch verbergen konnte, was sie wußte, gab es nur die Möglichkeit, von Anfang an nichts zu wissen. Das war der eigentliche Kampf dieser vergangen drei Jahre – sich selbst zu trainieren, nicht in die sie umgebenden Herzensfeuer hineinzublicken. Doch mit Hilfe harter Arbeit, nachdem viele Tränen der Enttäuschung vergossen worden waren und sie tausend verschiedene Tricks entwickelt hatte, um sich selbst zu täuschen, hatte sie es endlich geschafft. Nun konnte sie einen überfüllten Ballsaal betreten und die Herzensfeuer um sich herum ignorieren. Gewiß, sie schaute diese Herzensfeuer – sie konnte sich selbst schließlich nicht blenden –, aber sie beachtete sie nicht mehr. Sie ertappte sich nicht mehr dabei, wie sie immer näher rückte, um tiefer schauen zu können. Und nun war ihre Fertigkeit entwickelt genug, daß sie nicht einmal mehr versuchen mußte, nicht in irgendein Herzensfeuer zu blicken. So konnte sie ganz dicht vor jemandem stehen, sich mit ihm unterhalten, seinen Worten lauschen und doch ebensowenig von seinen innersten Gedanken erkennen, wie es jeder andere Mensch getan hätte.
Natürlich hatten die Jahre als Fackel ihr viel über die Menschen beigebracht – über die Art von Gedanken, die sich hinter bestimmten Worten oder Stimmlagen oder Gesten verbargen, so daß sie die gegenwärtigen Gedanken anderer Menschen recht gut erraten konnte. Doch gute Menschen schienen nichts dagegen zu haben, wenn sie immer im richtigen Augenblick genau zu wissen schien, was sie
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