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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prévost
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von sich gestreckt, lag sie da, eine blutende Platzwunde an der Schläfe. Ohne Rudolfs Gebrüll zu beachten, legte er sein Ohr auf ihre Brust: Unter der getupften Bluse hörte er ihr Herz klopfen ... Sie lebte!
    »Wenn du dich nicht sofort umdrehst, werde ich dir die Haut durchlöchern«, tobte Rudolf.
    Samuel zögerte kurz, dann gehorchte er. Seine Mutter lebte, das war das Wichtigste ... Er würde schon einen Weg finden, sie hier rauszuholen, aber im Augenblick musste er sich fügen. Also drehte er sich langsam um und versuchte keine Miene zu verziehen. Der Rudolf, der sich vor ihm aufbaute, wirkte jünger als der, den er in seiner Gegenwart getroffen hatte – weniger Falten um die Augen, dunklere Haare, abgesehen von ein paar grauen Strähnen an den Schläfen, insgesamt etwas schlanker . . . Doch er hatte denselben unerbittlichen, bösartigen Blick, denselben verbissenen Zug um den Mund, wie ein Raubtier, das sich am liebsten sofort auf seine Beute stürzen würde. Er trug einen leichten hellgrauen Sommeranzug und hielt eine Pistole mit überlangem Lauf – ein Schalldämpfer? – auf Sam gerichtet.
    »Sie blutet«, krächzte Sam, so laut er konnte. »Man muss sie ins Krankenhaus bringen.«
    »Habe ich eben richtig gehört? Hast du >Mama< geplärrt? Was soll der Unsinn?«
    Samuel versuchte mit aller Macht, trotz der Zange, die seine Eingeweide zusammenpresste, einigermaßen Haltung zu bewahren.
    »Antworte! Warum hast du sie >Mama< gerufen? Sie hat nur einen Sohn und er ist zehn oder elf, soviel ich weiß. Ich habe ihn ein paarmal gesehen und . . .«
    Sein Blick wurde forschend. »Und diese Leinenklamotten, woher hast du sie?«
    »Sie ist am Kopf verletzt«, fuhr Sam fort und bemühte sich, deutlich zu sprechen. »Sie muss unbedingt behandelt werden.«
    Rudolf beugte sich zu ihm, ohne jedoch die Waffe zu senken.
    »Unglaublich!«, rief er. »Ja, du siehst aus wie er... nur älter!«
    Dann machte er plötzlich zwei Schritte nach hinten, als ob er verstanden hätte.
    »Steh auf!«, befahl er. »Los, steh auf!«
    Samuel verzog das Gesicht und krümmte sich vor Schmerz, während er sich hochrappelte. »Erklär mir, woher du kommst! Und versuch bloß nicht, mich anzulügen!«, schnauzte Rudolf.
    Samuel kniff die Augen zusammen und spürte, dass er noch immer außerstande war, sich genügend zu konzentrieren, um seinen Puls zu beeinflussen. Was sollte er nur machen? Wie konnte er erreichen, dass Rudolf seine Mutter verschonte? Es sei denn . . . Vielleicht gab es ein Argument, das den Tätowierten überzeugen würde. Ein Argument, das dieser selbst nach Alicias Entführung angewendet hatte . . .
    »Ich komme, um Ihnen einen Tausch vorzuschlagen«, brachte Sam heraus und räusperte sich.
    »Einen Tausch, so, so! Und was für ein Tausch sollte das sein?«
    »Wenn Sie hier verschwinden und meine Mutter in Ruhe lassen, werde ich Ihnen den Goldreif geben.«
    Ein gieriges Glitzern trat in die Augen des Tätowierten und seine Mundwinkel zuckten leicht.
    »Du hast ihn also«, folgerte er. »Und du hast ihn aus deiner Zeit hierhergebracht, stimmt's? Wie viele? Vier Jahre in der Zukunft? Fünf Jahre?«
    »So ungefähr.«
    »Und darf ich fragen, welchen Sonnenstein du benutzt?«
    »Den bei Barnboim.«
    »Den bei Barnboim, sieh an . . . Willst du damit sagen, Martha hätte dir erlaubt, bei ihr herumzuspazieren? Dabei dachte ich, dass ich als Einziger das Recht hatte . . .«
    »Ich . . . ich hatte Glück«, behauptete Sam. »Ich habe einen Moment ausgenutzt, als sie mich nicht sehen konnte.«
    »Glück gehabt, was?«, wiederholte der Tätowierte. »Leuten, die zu viel Glück haben, traue ich nicht. Sie sind mir zu gefährlich. Denn gegen Glück kann man nicht viel machen, was ? Es sei denn, es wendet sich auf einmal... Also, der Goldreif?«
    »Ich werde Ihnen sagen, wo er ist, sobald ich den Rettungswagen anrufen konnte«, erklärte Sam schnell. »Und wenn Sic versprechen, sofort hier zu verschwinden.«
    Der Tätowierte nickte.
    »Na klar . . . Ich lasse dich den Krankenwagen rufen und dafür sagst du mir, wo sich der Goldreif befindet. Ein faires Geschäft, sicher.«
    Doch sein verschlagenes Grinsen widersprach eindeutig seinen freundlichen Worten.
    »Lass mal sehen, lass uns mal genau darüber nachdenken. Du tauchst hier auf, genau in dem Moment, als ich dabei bin, mit deiner Mutter . . . sagen wir, ein paar Dinge zu regeln. Offensichtlich kommst du direkt aus der Zukunft, zumindest wenn ich richtig vermute, wer du bist, nämlich

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