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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prévost
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nicht verstehen«, wiederholte er. »Ich weggehen! Du weggehen!«, fügte er dann hinzu und wies auf den Tunnel. »Warte«, hielt Sam ihn zurück, kochend vor Wut, weil er sich nicht verständlich machen konnte. »Du musst es mir versprechen! Es ist sehr wichtig! Der Stein bringt nur Arger! Er ist verflucht, verstehst du? VERFLUCHT!«
    Der andere Praktikant, der immer noch lang gestreckt auf dem Boden lag, fing plötzlich an zu stöhnen, als hätte das Gebrüll ihn gestört. Das schien Allan Beine zu machen: Er holte seine hinter einem Krug versteckten Sachen hervor und marschierte unsicheren Schrittes auf den Ausgang zu. Er drehte sich noch einmal um und warf einen Blick auf seinen am Boden liegenden Kollegen, dann ergriff er den blauen Plastiksack mit dem verdorbenen Fleisch und hielt ihn in die Höhe.
    »Hund isst«, sagte er mit einem schwachen Lächeln. »Ich gehen!«
    Damit verschwand er durch den Gang.
    Sam überlegte kurz, ob er ihm hinterherlaufen sollte, doch irgendetwas sagte ihm, dass er nicht viel mehr aus ihm herausbringen würde. Außerdem wurde allmählich die Zeit knapp: Da draußen streifte immer noch der Wachmann mit seinem Hund umher und Chamberlain konnte jeden Augenblick Alarm schlagen. Und auch der Tätowierte würde sicher bald wieder zu sich kommen.
    Der Tätowierte . . .
    Sam spürte, wie ein böses Gift in ihm hochkochte. Schließlich war der da an allem schuld . . . Und er lag da, bewusstlos . . . ihm ausgeliefert . . .
    Samuel beugte sich über den reglosen Körper, hob seinen rechten Arm hoch und schob den Ärmel des langen weißen Hemdes zurück. Die Schulter war unversehrt, keine Spur von einer Tätowierung. Das bedeutete natürlich nichts, möglicherweise hatte er sich Hathors Zeichen erst zu einem späteren Zeitpunkt eintätowieren lassen. Was allerdings die Identität des Angreifers anging . . .
    Sam kniete sich neben ihn und versuchte, den Mann auf den Rücken zu drehen. Er war von eher großer Statur, recht kräftig und schwer wie ein totes Maultier! Sam brauchte mehrere Anläufe, bis er die Gesichtszüge des Praktikanten in dem goldenen Licht erkannte . . .
    »Nein, doch nicht der!«
    Angewidert zuckte Sam zurück und der Kopf des Tätowierten schlug leicht auf dem Boden auf.
    »Nicht der!«, wiederholte er keuchend.
    Der mysteriöse Praktikant war kein anderer als Rudolf! Rudolf, der neue Freund seiner Tante Evelyn! Rudolf, der sich seit einigen Wochen für den Sommer bei seinen Großeltern eingenistet hatte! Rudolf, der von Anfang an alles eingefädelt hatte und der den Unschuldigen spielte, während er allen anderen Vorhaltungen machte!
    »Ich werde . . .«, setzte Sam mit zitternden Lippen an.
    Ohne dass es ihm bewusst wurde, legten sich seine Finger von Neuem um den Griff der Pistole. Es wäre so einfach .. . Ein kleiner Druck auf den Abzug und es gäbe keinen Tätowierten mehr, keine Todesdrohungen, keine Entführung von Alicia. Alles würde wieder so werden wie vorher.
    Einen Augenblick lang spielte er mit dem Gedanken, doch die Waffe in seiner Hand fühlte sich schnell sehr schwer und kalt an. Jemanden bewusstlos zu schlagen war eine Sache, auf ihn zu schießen jedoch eine ganz andere, vor allem, wenn der Mann hilflos vor ihm am Boden lag. Also ... Entschlossen stand Sam auf und versteckte die Pistole, so gut es ging, in der Ecke zwischen den Grabbeigaben, hinter einem Krug. So würde die Waffe zumindest nicht so schnell in die falschen Hände geraten.
    Dann trat er wieder neben den bewusstlosen Rudolf, um ihn sich etwas genauer anzusehen. Unglaublich, wie jung er war, knapp zwanzig, wenn überhaupt, genau wie Allan. Was schon allein rätselhaft war . . . Der Rudolf, den Sam aus der Gegenwart kannte, hatte die fünfzig bereits weit überschritten, er musste an die zehn Jahre älter sein als sein Vater. Allein deshalb hatte Samuel ihn nie in Verdacht gehabt: In seiner Vorstellung gehörten Allan und der andere Praktikant der gleichen Generation an, hatten nicht einen Altersunterschied von zehn Jahren! Irgendetwas konnte da nicht stimmen . . . Wie konnte es sein, dass sie in der Vergangenheit gleichaltrig waren, und in der Zukunft lagen auf einmal zehn Jahre zwischen ihnen?
    Oder vielleicht. . . Samuel erinnerte sich plötzlich an etwas, das Setni gesagt hatte: Der Hohepriester hatte ihm erklärt, dass er älter aussah, als er eigentlich war. Und das lag daran, dass er während seines Lebens lange auf den Wegen durch die Zeiten gereist war ... Und auch Sam hatte an sich

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