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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif
Autoren: Guillaume Prévost
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nach Ägypten doch nicht ganz umsonst gewesen, auch wenn er nicht mit seinem Vater hatte sprechen können. Im Gegenteil: Erstens hatte er jetzt eine weitere gelochte Münze und verfügte damit über die erforderlichen sieben, und zweitens hatte er wichtige Informationen über den Tätowierten erhalten, insbesondere über die wahren Beweggründe seiner Nachforschungen in Bezug auf die Abhandlung und den Goldreif . .. Wie schon Vlad Tepes vor ihm, so war auch der Tätowierte felsenfest von der Existenz dieses Rings des ewigen Lebens überzeugt, hinter dem auch der Alchemist von Brügge her gewesen war. Und um ihn zu finden, musste man anscheinend die aus der Abhandlung von den dreizehn Kräften der Magie herausgerissenen Seiten gelesen haben. Und wie sollte man das schaffen, ohne in die Vergangenheit zurückzukehren, bevor irgendjemand das Buch beschädigt hatte? Deshalb schickte der Tätowierte Sam nach Rom, mitten in die Invasion der Truppen Karls V.! Abgesehen davon konnte man diesem Ring nur auf die Spur kommen, wenn man im Besitz der beiden Goldreife war deren Geschichte Sam von Setni erfahren hatte. Der Legende nach war der erste Goldreif vom Gott Thot geschmiedet und dem großen Magier Imhotep übergeben worden. Dieser sollte sich damit auf eine Reise durch die Zeiten begeben, um eine Arznei für die Tochter des Pharaos zu finden, die schwer krank war. Später dann war eine Kopie des Goldreifs angefertigt worden, als von Osten her die Hyksos ins Land eindrangen, Ägypten eroberten und ihnen unter anderem die Reiseberichte Imhoteps in die Hände gefallen waren. Diese Kopie, unter dem Namen Merwosers Armreif bekannt geworden, war später in den Orient verschleppt worden, wo dessen Herkunft und besondere Eigenschaften bald in Vergessenheit gerieten. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als Vlad Tepes die Spur des Schmuckstücks wiederentdeckt und es nach Schloss Bran gebracht hatte. Dort hatte Sam es entwendet, als er seinen Vater aus dem Kerker befreit hatte . . .
    Anders gesagt war der Goldreif, den Sam zurzeit bei sich trug, in Wahrheit Merwosers Kopie. Das Original, das von Thot selbst geschmiedet worden war, war demnach lange Zeit in Theben versteckt geblieben, höchstwahrscheinlich im Tempel des Amun, wo Setni es während seiner Amtszeit als Hohepriester schließlich wiedergefunden hatte. Dieser wiederum hatte den Reif benutzt und, als Sam ihn in Barnboims Haus getroffen hatte, zugegeben, dass er ihn bei sich behalten hatte, gut geschützt in seinem Beutel. Was war danach aus dem Goldreif geworden? Samuel hatte nicht die leiseste Ahnung . . . Auf seinem Weg zur Grabkammer hinauf wandte er sich mehrere Male um, um sicherzugehen, dass ihm niemand folgte. Glücklicherweise waren der Wachposten und sein Hund auf die gute Idee gekommen, am entgegengesetzten Ende des Lagers herumzuschnüffeln . . .
    Als er am Eingang zur Grabkammer vorbeikam, spürte Sam das langsame Pulsieren des Sonnensteins, das wieder in ihm erwachte, begleitet von einer Art Gemurmel, das mitten aus der Erde zu dringen schien. Er blieb stehen und spitzte die Ohren: Besagtes Gemurmel ging nicht vom Sonnenstein aus, es war das Echo eines Gesprächs, das aus der Tiefe zu ihm drang.
    »Papa?«, entfuhr es ihm.
    Im Schein des Goldreifs eilte er die Treppenabsätze hinunter und durch die aufeinanderfolgenden Gänge. Je tiefer er zur Grabkammer vordrang, desto deutlicher hörte er, dass es sich bei der vermeintlichen Unterhaltung eher um einen lautstarken Streit handelte, in den sich das Geräusch dumpfer Schläge mischte. Schließlich erreichte er den Schacht, von dem aus das Seil in die Tiefe führte. Von dieser Stelle aus war deutlich zu hören, dass es sich bei den – wie er zunächst geglaubt hatte – durch die Entfernung verzerrten, unverständlichen Worten um eine fremde Sprache handelte, die er nicht beherrschte. Wenn er auch den Sinn des Gesagten nicht erfasste, so doch den aggressiven Ton der Auseinandersetzung: Die beiden Männer schienen sich gegenseitig wüste Beschimpfungen an den Kopf zu werfen. Und einer von ihnen klang wie Allan . . .
    Sam sprang vom Ende des Seils ab und lief weiter in den Tunnel hinein, den die Archäologen gegraben hatten, um zum Sarkophag vorzustoßen. Am Ende des Gangs sah er einen kupfernen Schein, vor dem schwarze Schatten, begleitet von lautem Geschrei, wild hin und her zuckten, fast wie auf einer Theaterbühne. Als er die Grabkammer erreichte, kniff Sam, geblendet vom hellen Licht einer Sturmlaterne, deren
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