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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prévost
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Seite, doch auch dort sah das Empfangskomitee nicht viel einladender aus: die gleiche Anzahl von Kriegern, ebenfalls in einer Doppelreihe aufgestellt, bereit ihn zu durchbohren, falls er Anstalten machen sollte, sich vorwärtszubewegen -
    Was machen die da?, fragte sich Sam. Woher haben die gewusst, dass ich komme? Und warum schießen sie nicht einfach? Hundert gegen einen!
    Nach einigen Schrecksekunden kamen ihm die starren Gestalten und diese absolute Stille allmählich verdächtig vor. Keine Befehlsrufe, kein Waffengeklirr, nicht der kleinste Atemzug war zu hören. Und wenn er es nur mit Statuen zu tun hatte? Hatte Chamberlain nicht von Kriegern aus Ton gesprochen, die das Grab bewachten? Natürlich, es handelte sich nicht um Soldaten aus Fleisch und Blut, sondern um Statuen! Eine Art Kampfmaschinen, die ihre Pfeile abschossen, sobald man sich ihnen näherte und . . .
    Sam untersuchte den Weg vor sich etwas genauer. Die Steinplatten . . . rechteckig, tiefschwarz und glänzend waren sie, mit scharlachroten Schriftzeichen versehen. Durch sie mussten die Schüsse ausgelöst werden. Ein unterirdischer Mechanismus wurde in Gang gesetzt, sobald eine von ihnen aktiviert wurde. Wenn man es schaffen könnte, sie zu umgehen . . .
    Ohne die Füße zu bewegen, zog Sam den Pfeil aus dem Lehmhang hinter sich. Er war aus sehr hartem Holz geschnitten, die Bronzespitze schien scharf zu sein wie eine Rasierklinge. Das Ding war zum Töten gedacht, nicht nur zum Verletzen. Sam nahm den Pfeil, um damit die Fläche aus grauem Moos abzutasten, die sich zu beiden Seiten der Allee wie ein Ascheteppich ausbreitete.
    Mehr brauchte er nicht zu tun: Kaum hatte er damit ein paarmal versuchsweise auf den Boden getippt, als sich ein eisernes Gebiss um den Pfeil schloss und ihn in drei Stücke brach. Das Empfangskomitee hielt auch Wolfsfallen bereit! Ganz abgesehen von den anderen Überraschungen, die den Unvorsichtigen erwarteten, der es wagen sollte, vom Weg abzuweichen . . .
    Na los, versuchte er sich selbst aufzumuntern, da wird sich doch sicher eine Lösung finden lassen. Es musste eine Lösung geben ... Von Neuem machte er sich daran, den Palast unter die Lupe zu nehmen, der jetzt unerreichbarer schien denn je. Den ins Halbdunkel getauchten Garten mit seinen zahlreichen Lallen, die Position der Statuen, die er mehr erriet, als dass er sie wirklich sehen konnte. Und schließlich den Weg, mit seinen in Zweierfolgen angeordneten Platten. Tatsächlich war auf jeder von ihnen ein rotes Zeichen auf schwarzem Grund zu erkennen, und was er auf den ersten Blick nur für eine Dekoration gehalten hatte, erschloss sich dem aufmerksamen Betrachter nach nur kurzem konzentriertem Nachdenken:= Mond,  = Mensch,= Feuer, ¥ = Baum,= Berg  und so weiter. Er verstand Chinesisch! Diese Magie erstaunte ihn noch immer!
    Gut und weiter? Schnell überschlug er die Anzahl der vorderen Platten und kam auf etwa ein halbes Dutzend verschiedener Zeichen, die sich ohne eine bestimmte Abfolge auf der Allee wiederholten. Wenn sich daraus eine gesamte Bedeutung ableiten ließ, so schien ihm diese zu entgehen.
    Da tauchte vor seinem inneren Auge die Zeichnung auf der letzten Seite der Abhandlung auf: Oberhalb von Qins Grabhügel hatte der Künstler eine Münze mit einem eckigen Loch in der Mitte dargestellt, anstelle einer Sonne. Außerdem war auf dieser Münze . . . Fieberhaft kramte Sam den Goldreif aus seiner Tasche und löste die chinesische Münze ab, die ihn bis hierher gebracht hatte. Sie ähnelte der Münze aus dem Buch wie ein Zwilling und auf jeder ihrer Seiten waren die gleichen Zeichen eingeritzt:und, Mensch und Berg. Zwei der Zeichen, die auch die Allee vor ihm schmückten. »Der Mensch, der sich im Berg befindet« . . . Traf das nicht genau in diesem Moment auf Sam zu? Handelte es sich um einen Hinweis, der es dem Besucher erlaubte, den Garten unbeschadet zu durchqueren?
    Sam sah sich die vor ihm liegenden Steinplatten noch einmal genauer an: Die auf der linken Seite, auf die er getreten war, trug das Mondzeichen. Die rechts daneben das Zeichenfür Berg. Vielleicht musste man dort ansetzen?
    Vorsichtig streckte er den Fuß aus, bereit, jederzeit zurückzuspringen, und berührte mit den Zehenspitzen das Bergzeichen. Es war deutlich zu sehen, dass diese Platte sich nicht absenkte ... Er setzte den zweiten Fuß auf den rechteckigen Stein und keiner der Bogenschützen feuerte seinen tödlichen Pfeil auf ihn ab. Auf der nächsten Reihe befanden sich die

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