Der magische Reif
seinem Fund richtete er sich auf, ohne dabei auf die über seinem Kopf gespannte Wäscheleine zu achten. Er fand sich mit der Nase in einem Handtuch wieder, machte instinktiv einen Schritt zurück und stolperte über die Wasserpfeife. Diese stürzte um und fiel mit einem lauten Scheppern auf das Metalltablett: Boiiing! Sam gefror das Blut in den Adern ... Ein oder zwei Sekunden lang blieb alles ruhig, dann erklang von draußen ein heiseres Bellen, gefolgt von einem halblauten Befehl:
»Nein, Sultan! Hierher!«
Der Hund . . . der Wachhund hatte ihn aufgespürt!
»Sultan!«
Der dumme Köter musste sich losgerissen haben, Samuel bekam weiche Knie. Gleich wird er kommen und alles ist dahin!
Er wollte zum Ausgang rennen, doch es war bereits zu spät. Außerdem hätte er gegen den Hund ohnehin keine Chance gehabt, wenn er versucht hätte, davonzulaufen. Stattdessen ließ er sich auf das nächste Feldbett fallen, rollte sich in seinem Mantel zu einer Kugel zusammen und ließ nur eine kleine Lücke, durch die er den Hund kommen sehen konnte.
»Nicht ins Zelt, Sultan!«, schimpfte der Wachmann, während der Schein seiner Taschenlampe von außen durch die Zeltwand leuchtete. »Nicht da rein!«
Doch Sultan kümmerte sich nicht um die wütenden Rufe seines Herrchens. Schon machte er sich daran, mit der Schnauze die Zeltplane vor dem Eingang anzuheben. Er fing an zu knurren, sicher, dass ihm seine Beute dieses Mal nicht entkommen würde . . . Samuel spürte die Pistole, die gegen seinen Bauch drückte, und zog sie, jede hastige Bewegung vermeidend, hervor. Das anfangs heisere Knurren des Tieres steigerte sich nun zu gierigem Gurgeln und furchterregendem Zähnefletschen. Das Ungeheuer hatte offenbar vor, seine Abendmahlzeit von vorhin um ein leckeres Dessert zu erweitern ... Es schlich bereits um den Tisch herum, dann hörte man ein verdächtiges Schaben am Nachbarbett, ein scharfer Geruch stieg Samuel in die Nase. Das Untier war jetzt nur noch knapp einen Meter von ihm entfernt, die Augen wie zwei glänzende Punkte, der Hals erwartungsvoll nach vorn gestreckt, der ganze Körper bereit zum Sprung:
»Grrrr . . .«
Es machte noch zwei Schritte nach vorn, bis es Sam seinen stinkenden Atem direkt ins Gesicht blies, die Ohren angelegt, zitternd vor Jagdfieber . . .
»Hierher, Sultan!«, schnauzte der Wachposten von der anderen Seite der Zeltwand her. Sofort hierher!«
Sam richtete den Lauf seiner Waffe nach oben. Er schob einen Finger an den Abzug und kniff die Augen zu. Sobald das Tier sich auf ihn stürzte, würde er abdrücken. Doch ohne ersichtlichen Grund schien der Hund auf einmal zu zögern: Sein unerträgliches Knurren wurde einen Ton leiser und er begann eifrig die Kleidung seines Opfers zu beschnuppern. Gleich darauf spürte Sam eine warme klebrige Zunge, die ihm über die Stirn leckte, während das Tier ein klägliches Fiepen von sich gab. Der Mantel, fiel es Sam plötzlich ein . . . Natürlich, er gehörte dem Wachmann! Das war es, was den Hund besänftigt hatte! Er erkannte den Geruch seines Herrchens!
»Bei Fuß, Sultan!«, hörte er die Stimme von draußen rufen.
Das Tier nieste zweimal, als ob die Mischung menschlicher Ausdünstungen zu viel war für seine Spürnase, dann drehte es sich mit einem Satz um und setzte in großen Sprüngen Richtung Ausgang.
»Aber Sultan!«, zischte der Wachposten. »Willst du das ganze Lager aufwecken?«
Samuel wischte sich den klebrigen Hundekuss von der Stirn . Das Vieh hatte eine ebenso feuchte wie unberechenbare Art, seine Zuneigung auszudrücken . . .
Er blieb regungslos liegen, bis die Schritte des Mannes sich entfernt hatten. Auch wenn alles sehr schnell gegangen war, grenzte es doch an ein Wunder, dass mittlerweile nicht das ganze Lager auf den Beinen war und sich über die Launen des Hundes beschwerte. Es sei denn, sie trieben sich gerade alle irgendwo anders herum oder schliefen ihren Alkoholrausch aus. Chamberlain konnte mit seinen Vorräten leicht das gesamte Lager versorgen . . .
Samuel legte die Armbanduhr zurück an ihren Platz und schlich aus dem Zelt. Im Lager war wieder Ruhe eingekehrt, auch im Zelt des Archäologen regte sich offenbar nichts . Dieses Mal hatte er das Schlimmste verhindern können .
7.
Derjenige, der die sieben Münzen vereint. . .
Während in seinem Kopf fieberhaft die Gedanken kreisten, stieg Sam an der Umzäunung des Lagers entlang hinauf zu dem Weg, der sich zu Setnis Grabkammer schlängelte. Im Grunde war dieser Abstecher
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