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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prévost
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Nur so wird er zu deinem Verbündeten werden.«
    Er ließ Sams Hände los und Sam öffnete die Augen wieder. Vor ihm stand ein Qin Shihuangdi, der ihn beinahe ansah, wie man einen Freund ansieht.
    »Ja, der Fluss der Zeit durchströmt dich mit großer Kraft, junger Mann, ich denke, du verdienst es, dass man dir diese Nachricht anvertraut... Es handelt sich im Grunde um einen einfachen Satz, nach dessen Sinn du mich gar nicht erst zu fragen brauchst, denn ich kenne ihn nicht. Dein Hüter der Sonnensteine hingegen schien überzeugt, dass dieser eine Satz von allerhöchster Wichtigkeit ist, dass er fähig ist, den Lauf der Welt ins Wanken zu bringen, zum Guten wie zum Schlechten. Deshalb weigerte er sich auch, ihn in irgendeiner Form niederzuschreiben, verstehst du. Um ihn an dich weiterzugeben, habe ich bis heute gewacht. . .«
    »Und wie lautet nun dieser Satz?«, fragte Sam ungeduldig.
    »Der kleine Mann hat gesagt: >Die beiden Sonnen können nicht gleichzeitig strahlen.<«
    Samuel glaubte, nicht recht gehört zu haben.
    »Die beiden Sonnen können nicht gleichzeitig strahlen? Das ist alles?«
    »Wort für Wort.«
    »Und . . . weiter nichts?«
    »Weiter nichts, nein.«
    Samuel war entsetzt. »Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn! Das hat weder Hand noch Fuß!«
    »Jetzt kommen schon wieder deine schlechten Manieren durch!«, schimpfte Qin. »Du hast doch Vertrauen zu diesem Hüter der Sonnensteine, oder etwa nicht?«
    »Ja, natürlich, aber . . .«
    »Nicht an ihm solltest du also zweifeln, sondern an dir selbst. Vielleicht bist du dem Vertrauen, das andere in dich setzen, nur noch nicht gewachsen?« »Das Vertrauen? Ich . . . ich bin nicht deswegen hier. Ich habe eine Freundin, die mich erwartet, und . . .«
    Der Kaiser zuckte erschöpft mit den Schultern und ließ sich schwer atmend auf seinem Lager nieder.
    »Das genügt, mein Junge, du musst jetzt gehen. Ich habe dir mitgeteilt, was ich dir mitzuteilen hatte, ich habe für dich den Rhythmus der Zeit heraufbeschworen, ich habe meine Schuldigkeit getan . . . Alles Weitere geht mich nichts mehr an. Auch ich habe eine Freundin, die mich erwartet, und ich komme bereits viel zu spät zu unserer Verabredung.«
    Laut stöhnend, als schmerzten ihn alle Glieder, streckte er sich auf seinem Lager aus.
    »Wisse das Erfahrene gut zu nutzen und vor allem: zu niemandem davon ein Wort! Was mich betrifft . . .«
    Ohne sich weiter um Sam zu kümmern, legte Qin sich in der Mitte des Bettes zurecht.
    »Sie geduldet sich schon so lange, es wäre unangemessen, sie noch länger auf die Folter zu spannen, nicht wahr?«
    Er ordnete seine Frisur und strich den Bart glatt, als wollte er so korrekt wie möglich zu seinem letzten Rendezvous erscheinen. Dann streckte er die Arme lang neben seinem Körper aus, während er seine Atmung verlangsamte, bis sie fast nicht mehr wahrzunehmen war.
    »Ich hoffe nur, dass es schnell gehen wird«, murmelte er und schloss die Augen.
    Samuel verharrte sprachlos, unsicher, wie er sich verhalten sollte. Sollte er einschreiten? Ihn schütteln? Ihm zureden, doch weiterzuleben? Doch mit welchem Recht? Und mit welchem Ziel?
    Am Ende entschied er, dass es das Beste wäre, den letzten Willen des alten Mannes zu respektieren: ihn für immer in Frieden ruhen zu lassen, bei seinem Tête-à-tête mit der Ewigkeit . . .

 
10.
    Lob der Langsamkeit
     
    D en Kopf noch voll von den Worten und vorn Anblick Qins überquerte Samuel die verschiedenen Brücken, die an die silbrigen Ufer des Felsenhaufens führten. Ohne nachzudenken, zog er die runde Tür zu sich auf und kam erst wieder zu sich, als er vor dem glatten Stein des Meisters Lu stand. Was hatte der chinesische Magier damit bezwecken wollen, dass er zwei dieser Steine noch dazu beinahe am selben Ort herstellte? Gab es da einen wie auch immer gearteten Zusammenhang mit Setnis geheimnisvollem Satz: »Die beiden Sonnen können nicht gleichzeitig strahlen«? Und wenn ja, welchen?
    Die Tatsache, dass der Hohepriester des Amun selbst hierhergekommen war, ließ in Sams Augen alles nur noch sonderbarer erscheinen. Welche Nachricht hatte er überhaupt überbringen wollen? Und wem? Wenn man den Äußerungen des Kaisers glauben konnte, so kannte nicht einmal Setni selbst die Identität desjenigen, der das Grab aufsuchen würde. An wen also war diese seltsame Formulierung gerichtet?
    Samuel legte sein Werkzeug auf dem Boden ab und strich mit der Hand über die Oberfläche des Steins. Fr hatte sich in einem von Miss Delaunays

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