Der magische Reif
du da draußen warst, hast du sie vielleicht gesehen, oder?« »Bei diesem Nebel . . .«, sagte Sam.
»Und all das nur, weil unser Papst mit dem König von Frankreich verbündet ist«, seufzte die alte Frau, während sie die Tücher von ihren Körben herunternahm. »Und weil dieser französische Hornochse ständig gegen Karl V. Krieg führen muss. Was können wir anderen Römer dafür, wenn diesen hohen Herren mit ihren Kronen auf dem Kopf nichts anderes einfällt, als sich zu prügeln?«
Enzo verschloss die beiden hölzernen Fensterläden und verstärkte sie mithilfe eines Querbalkens.
»Auf jeden Fall werden sie«, fuhr er fort, »wenn wir sie nicht davon abhalten, in die Stadt einzudringen, alles plündern. Karl V. hat nicht die Mittel, seine Männer zu bezahlen, das ist allgemein bekannt, und die Soldaten werden sich an uns schadlos halten. Noch die letzte Dukate werden sie uns abnehmen, von den Kunstwerken und Schätzen ganz zu schweigen!«
»Ganz zu schweigen von meinem botanischen Garten«, fügte Mamma hinzu und inspizierte das Ergebnis ihrer Ernte. »Diese Wilden werden all meine Mädesüßstauden und Marco-Polo-Heilkräuter zertrampeln, die ich mir mit so viel Mühe beschafft habe!«
Wütend schwang sie eine gelbe Wurzel, die an eine zerknautschte Kartoffel erinnerte, mit Armen, Beinen und Hippie-Frisur. Ginseng . . . Den hatte Samuel zu Hause schon einmal gesehen, als seine Mutter noch lebte und ab und zu asiatisch gekocht hatte.
»Die ist Gold wert, ragazzo, ich möchte sie um keinen Preis verlieren! Ich verkaufe sie sogar an den Papst, um seinen Blutkreislauf zu stärken!«
»Sie . . . Sie sind Ärztin?«, wagte Sam zu fragen. »Kräuterhändlerin, ragazzo, bist du noch nie an meinem Laden im Borgo vorbeigekommen?«
»Äh . . . ich bin nicht von hier«, stammelte Sam.
»Dann bist du ein junger Pilger?«, fragte Enzo. »Deshalb bist du wohl auch ganz in Weiß gekleidet . . . Du hast dir nicht die beste Zeit ausgesucht, mein Freund, unsere heilige Stadt ist zu einer Falle für alle guten Christen geworden. Und wenn wir uns nicht alle gemeinsam diesen Barbaren entgegenwerfen . . .«
»Sachte, Enzo! Wenn dieser Junge hier ist, um zur Messe zu gehen, wirst du ihn nicht zwingen, zu den Waffen zu greifen! Und auch du solltest dich hier nicht dem Tod in die Arme werfen, sondern lieber mit mir zum Papstpalast kommen, von wo aus wir zur Festung der Engelsburg gelangen. Dort wärst du immerhin in Sicherheit!«
»Es kommt gar nicht infrage, dass ich meine Brüder beim Kampf gegen diese Gottlosen alleinlasse!«, ereiferte sich Enzo. Und wenn ich sterben soll, na ja, dann wird es mit einem Lächeln auf den Lippen sein, denn ich habe meinem Gott gedient! Was könnte glorreicher sein, als sich für den Herrn zu opfern?«, fügte er an Sam gewandt hinzu.
Der blickte betreten zu Boden und blieb ihm eine Antwort schuldig. Mit einem Achselzucken steckte Mamina den Ginseng in einen kleinen Stoffbeutel, dazu noch ein paar andere Pflanzen, die sie im Kerzenschein auswählte.
»Lass uns gehen«, sagte sie, nachdem sie ihre Wahl getroffen hatte.
Von einer Bodenklappe im hinteren Teil des Raumes aus führte eine Stiege hinunter in den eigentlichen Laden der Kräuterhändlerin. Das Geschäft war einfach einzigartig mit seinem riesigen Baummosaik auf dem Boden und den schwarzen Balken, von denen bündelweise getrocknete Blumen und Blätter herabhingen. Die in den hohen Regalen angeordneten Töpfe waren alle mit lateinischen Namen beschriftet, die unzähligen Glasgefäße auf dem wuchtigen Ladentisch enthielten getrocknete Pilze, Samenkörner, Blütenblätter in allen Farben und sogar getrocknete Frösche. In den blumigen Duft einer Parfümerie mischte sich der Geruch von sich zersetzendem Laub, Während Enzo die Bodenluke verschloss, durchsuchte Mamina einen Behälter nach dem anderen, um die seltensten Stücke ihrer Ware auszuwählen.
»Meine Kräuterteemischung aus Steinklee und Passionsblume«, rief sie und stopfte einen grauen Beutel in ihre Umhängetasche. »Den verkaufe ich bis nach Venedig. Das beste Mittel gegen Schlaflosigkeit und Nervosität . . . Ich schätze, es wird demnächst einige geben, die das gut gebrauchen können!«
»Ich muss jetzt gehen, Mamina«, verkündete Enzo, nachdem er die Trittleiter, die zum Dachboden führte, beiseite geräumt hatte. »Sonst halten mich meine Kameraden am Ende noch für einen Feigling.«
Neben der Tür lag seine militärische Ausrüstung bereit. Er streifte ein
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