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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prévost
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beeilen, wenn er seine Truhe nicht am Ende doch selber tragen wollte.
    »Der Heilige Vater hat vielleicht schon die Engelsburg erreicht«, schimpfte der Gesandte des Papstes vor sich hin. »Und ich sollte so schnell wie möglich zu ihm kommen. Wir haben keinen Augenblick mehr zu verlieren!«
    »Ich folge Euch«, erwiderte der Bibliothekar gehorsam.
    Damit setzte sich der kleine Konvoi in Bewegung und zog auf verschlungenen Pfaden durch den Palast, um mit dem Karren ohne Hindernisse die Gärten auf der Rückseite der Hauptgebäude zu erreichen. Es herrschte ein solches Gewühl, dass Sam kaum helfen konnte, den Karren zu schieben oder zu ziehen. Bocceron erkannte unter den Soldaten, die zur Verteidigung des Haupttors eilten, einen Jungen, kaum älter als Sam, dem die Angst ins Gesicht geschrieben stand.
    »Aldo, weiß man, was passiert ist?«
    »Die Spanier!«, stammelte der junge Mann und blieb widerstrebend stehen. »Sie haben im Heilig-Geist-Viertel die Stadtmauer überwunden, durch ein Fenster in der Mauer sind sie eingebrochen . . . Mindestens dreitausend sind es und die Deutschen sind direkt hinter ihnen! Wir müssen die Festung verteidigen!«
    Er winkte kurz und war im nächsten Augenblick schon wieder verschwunden.
    »Weiter, weiter!«, befahl das Adlergesicht. »Sonst werden wir weder die Bücher noch unsere Haut retten!«
    Mehr schlecht als recht bahnten sie sich weiter ihren Weg, gelangten durch ein weiteres Portal wieder in einen neuen Innenhof, der in eine großzügige kiesbestreute Terrasse mündete, wo sie sich an Brunnen und Kübeln mit Orangenbäumen vorbeischlängeln mussten. So kamen sie zu einem flachen Bau, der offenbar zum Sammelpunkt des gesamten Palastes geworden war. Wachen umgaben eine Schar Prälaten, die versuchten hineinzugelangen und sich unter die wohlhabend gekleideten Männer mischten, aber auch Frauen und Kinder. In die verängstigten Laute und die hitzigen Diskussionen der Warteschlange mischte sich ein überraschend vielstimmiger Chor unterschiedlichster Vogelstimmen: Direkt daneben in einer großen Voliere zwitscherten die aufgeschreckten Vögel in den höchsten Tönen.
    »Es sind zu viele Leute«, stellte die Adlernase fest. »Wir werden verhandeln müssen. Dazu brauche ich Eure Hilfe, Bocceron.«
    Während die beiden Männer gingen, um eine Passiererlaubnis zu erhalten, beugte Samuel sich zu einem der Schweizer, der rechts neben ihm den Karren schob, einem großen Kerl mit freundlichem Gesicht:
    »Ich kenne mich hier nicht so gut aus«, sagte er. »Dort geht es also zur Engelsburg?«
    Der andere nickte: »Von dem Gebäude aus gibt es einen überdachten Durchgang, der über das ganze Viertel des Borgo hinweg bis zur Burg führt. Es ist der sicherste Weg dorthin. Deswegen warten hier auch die ganzen Leute«, erklärte er und wies auf die Schlange vor ihnen. »Na ja, >Leute< sollte ich vielleicht nicht sagen . . . Nur feinstes Auch, wohin man sieht: Bischof Carpi mit seinem schwarzen Hut, Kardinal Gilbert! auf seinen Stock gestützt, ein Stück weiter vorn Kardinal della Valle . . . Auf der Höhe der Säule dort ist sogar ein Teil der Familie Orsini zu sehen und dort neben der Herkulesstatue einige Vertreter der Familie Conti. Und der Junge, der da mit seinem Stock spielt, trägt die Farben der Frangipanis... Die ganze adlige Gesellschaft von Rom!«
    »Keine Colonna«, wagte Sam einzuwerfen und dachte daran, was Mamma ihm über die Erzfeinde Clemens' VII. berichtet hatte, vor allem über besagten Hauptmann Diavilo, ihre verfluchte Seele.
    »Sprich nicht so laut, mein Junge«, warnte ihn auch gleich der Soldat. »Die Colonnas sind hier sehr in Ungnade gefallen. Auch wenn sie nicht alle unrecht haben, wenn du mich fragst . . .«
    Er warf ihm einen verschwörerischen Blick zu.
    »Und was ist mit Hauptmann Diavilo?«, fragte Sam hartnäckig weiter. »Er befehligt doch ihre Truppen, oder nicht?«
    »Uhh, Diavilo! Das steht auf einem ganz anderen Blatt!« Der Schweizergardist hob entsetzt die Arme zum Himmel. »Ich habe einen älteren Bruder, der als Junge öfter mit ihm zusammen war. Ein wahrer Teufelsbraten, dieser Diavilo, das kannst du mir glauben! Weißt du, was er gemacht hat, als ihm sein Vater zum zehnten Geburtstag ein Schwert geschenkt hatte? Er hat es zwei- oder dreimal durch die Luft geschwungen und – zack! – seinem Hund den Kopf abgeschlagen. Mit einem einzigen Hieb . . . Ja, ja, sieh mich nicht so entsetzt an, seinem eigenen Hund! Mein Bruder sagt, dass dieser Diavilo

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