Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prévost
Vom Netzwerk:
reflexartig die Hand über den Mund, als sie gerade zu einem Hilfeschrei ansetzte.
    »Zu Hilfe!«
    »Alicia«, flüsterte er und nahm sie fest in seine Arme, »ich bin's, Samuel.. . Samuel Faulkner ... du hast mich eben in dem Zelt gesehen, erinnerst du dich?«
    Sie schüttelte den Kopf und versuchte weiterhin, sich zu wehren.
    »Ich habe uns da rausgebracht, aber sie werden schon bald hinter uns her sein. Wenn ich dich loslasse, versprichst du, nicht zu schreien?«
    Sie stieß einen Laut aus, den er als Zustimmung deutete. Er gab ihren Mund frei und sank erschöpft zurück auf den Boden.
    »SAMUEL, WAS IST HIER LOS?«, schrie sie in einem Anfall von Hysterie.
    »Bitte, nicht so laut, man darf uns nicht hören. Sie sind bestimmt nicht mehr weit und wenn . . .«
    »ABER WER SIND SIE? UND WO SIND WIR? DIESE GANZEN VERRÜCKTEN, DIE ALLE BEWAFFNET SIND WIE DIE WILDEN UND MICH UMBRINGEN WOLLEN? WAS FÜR EINE SPRACHE SPRECHEN SIE? WAS FÜR EINE SPRACHE SPRECHE ICH?*
    Sie schüttelte ihn wild, doch er bekam gerade keine Luft mehr, anstelle seines Herzschlags spürte er tausend Nadelstiche. »Wir sind in Rom«, brachte er schließlich heraus, »im Jahr 1527. Ich werde dir alles erklären . . .«
    »Was? Was erzählst du mir da?«
    Sie richtete sieh ruckartig auf, tastete im Halbdunkel nach seinem Hemd und klammerte sich mit beiden Händen fest.
    »Bist du verrückt geworden, oder was? 1527? Das ist doch irrsinnig!«
    Sie musste bemerkt haben, dass es ihm nicht besonders gut ging, denn sie beugte sich beunruhigt über ihn.
    »Samuel, alles klar? Du atmest so schwer . . . Bist du verletzt?«
    »Nein, nein«, stammelte er, »nur erschöpft . . . Ich muss erst wieder zu Atem kommen, dann gehen wir weiter.«
    Er spürte ihre kühle Hand auf seiner Stirn und ihre Finger, die über sein Handgelenk strichen und ihm den Puls fühlten.
    »Du glühst«, stellte sie fest. »Und dein Herz . . . Als hättest du gerade den Weltrekord im 100-Meter-Lauf aufgestellt!«
    »Ja, so ungefähr«, gab er zu. »Aber mir geht es schon besser, glaub mir.«
    Er stützte sich auf einen Ellbogen hoch und zwang sich, sich aufzusetzen.
    »Wir müssen es bis zum Fluss schaffen, Alicia«, erklärte er mit fester Stimme. »Dort sind wir etwas sicherer und ich kann dir alles erklären, was du wissen willst. Wir müssten ungefähr fünf oder zehn Minuten Vorsprung haben, so ist es meistens. Plus die Zeit, die sie brauchen, um zu entscheiden, in welcher Richtung sie nach uns suchen wollen.«
    »Aber wer sind diese kostümierten Typen, Sam? Und wie kann ich mich in einer Sprache ausdrücken, die ich noch nie gehört habe?«
    »Später, Alicia, ich werde dir alles erklären, versprochen.«
    Sie half ihm auf die Beine und sie traten hinaus in die Gasse, wo glücklicherweise nichts darauf hindeutete, dass Castor und Pollux ihnen bereits auf den Fersen waren. Alicia hakte sich bei Sam unter, um ihn zu stützen, und sie schlugen, mehr humpelnd als gehend, den Weg zum Fluss ein. Samuel war wie gelähmt vor Muskelkater, sein Brustkorb tat immer noch weh, und seine Beine waren von der Anstrengung vollkommen steif. Auf einmal fühlte er sich, als wäre er fünfhundert Jahre alt. . . Er erinnerte sich, wie Setni im Jahr 1932 in Saint Mary dieser Schlägerbande eine unvergessliche Tracht Prügel verpasst hatte. Danach war der Hohepriester ganz blass geworden, auch vollkommen erschöpft. Das Band der Zeit wie ein Gummiband zu dehnen hatte eben auch seine Nebenwirkungen . . .
    Sie folgten dem gleichen Weg zurück, den Samuel vor ein paar Stunden genommen hatte, ohne weitere Zwischenfälle. Bis auf eine Patrouille auf der Uferstraße, die sie umgingen, indem sie sich im Schatten einer Kirche versteckten. Am Flussufer angekommen, spürte Sam, wie der Druck allmählich von ihm wich, doch er hütete sich, Alicia schon jetzt Entwarnung zu geben. Einerseits, weil Schweigen ihr bester Verbündeter war, aber auch weil er fürchtete, sie würde sonst sofort seinen Arm loslassen. Sobald sich die Angst, von Diavilo verfolgt zu werden, etwas gelegt hatte, wurde ihm klar, wie schön es war, sie bei sich zu haben . . . dass es ihre Hand war, die da über seine Haut strich, ihre Haare, die sanft seine Wange streiften, das Geräusch ihrer Schritte neben seinen eigenen. Dass die Gefahr, in der sie beide schwebten, sie eng miteinander verband und dass sie, was auch immer jetzt passierte, gemeinsam durchstehen mussten. Obwohl er sich angesichts der Umstände ziemlich dumm vorkam, fühlte Sam

Weitere Kostenlose Bücher