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Der magische Reif

Der magische Reif

Titel: Der magische Reif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prévost
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hat er mir übrigens noch mehr Spritzen gegeben.«
    Sie schob ihren Ärmel hoch: Die Innenseite ihres Armes war mit kleinen Blutergüssen übersät. »Wohin hat er dich gebracht?«, fragte Sam. Wo Rudolfs Sonnenstein versteckt war, war ihm immer noch ein Rätsel.
    »Ehrlich gesagt, kann ich mich an fast nichts erinnern. Am Anfang war ich in diesem Auto ... es roch nach Leder . Sitze mit beigefarbenen Bezügen, dann ein tiefes Dröhnen, ein Motorengeräusch.«
    »Ein Flugzeug?«
    »Kann sein . . . ich war vollkommen benebelt. Dann dieses furchtbare Brennen. Ich dachte, das Fahrzeug stände in Flammen, dass wir einen Unfall gehabt hätten. Ich habe sogar geglaubt, ich wäre tot.«
    »Das ist der Zeitsprung«, folgerte Sam. »Das wirkt sich immer so aus. Aber es hält nie lange an. Der Stein, den Rudolf benutzt, muss einige Stunden von Saint Mary entfernt sein, so weit, dass er ein Flugzeug nehmen muss oder einen Hubschrauber, aber trotzdem so nah, dass er immer schnell wieder zurück ist. Denn er hat mich an dem Morgen, als du verschwunden warst, aus dem Bett gezerrt, weil deine Mutter bei uns war und dich überall suchte. Da war er also schon wieder zurückgekommen.«
    »Was für ein Mistkerl!«, regte Alicia sich auf. »Scheinheilig die Mutter zu trösten, der er gerade eben die Tochter entführt hat!«
    »So würde ihn niemand verdächtigen, außerdem konnte er mich zu Hause genau beobachten, sehen, ob ich den Köder geschluckt hatte, ob ich den Umschlag mit dem Stadtplan von Rom und den Münzen auch wirklich bekommen hatte . .. Teuflisch! Das Einzige, was ich nicht verstehe, ist, welche Rolle Tante Evelyn in der ganzen Sache spielt. Ich gebe zu, sie ist eine ziemliche Nervensäge, aber sie sich als Komplizin dieses Verbrechers vorzustellen . . .« »Wenn es dich beruhigt, sie war nie bei ihm, weder in Saint Mary noch hinterher. Als ich in dem Zelt aufwachte, waren da nur Männer.«
    Sie fröstelte bei dem Gedanken daran. »Schlägertypen, als mittelalterliche Krieger verkleidet, die mich angestarrt haben wie ein seltsames Tier. Ein echter Albtraum .. . Ich habe geschrien, aber ich lag mit Händen und Füßen angekettet auf einem Strohsack. Rudolf kam auf mich zu ... Er war genauso angezogen wie die anderen, Diavilo war bei ihm, sein Hakenarm und dieser irre Gesichtsausdruck sind mir sofort aufgefallen. In gewisser Weise war ich sogar froh, als sie mir wieder Schlafmittel eingeflößt haben: Ich wäre sonst bestimmt verrückt geworden. Nach einiger Zeit bin ich dann krank geworden, was das Ganze auch nicht besser machte. Ich fühlte wieder diesen brennenden Schmerz, dieses Mal aber von innen, und ich habe wieder gedacht, ich müsste sterben. Erst heute Morgen bin ich wieder zu mir gekommen, mitten in einem furchtbaren Getöse aus Donner, Schüssen und Schreien . . . Ein komischer Arzt, der aussah wie ein Schlachter, hat mich untersucht und mir wieder so eine ekelhafte Flüssigkeit eingetrichtert, nach der man innerhalb von fünf Minuten einschläft. Als die beiden Zwillinge heute Abend in mein Zelt kamen, war ich gerade erst wieder zu mir gekommen. Sie haben mich wie ein Tier vor ihren Anführer gezerrt und da habe ich dich gesehen.«
    Sie starrte mit leerem Blick vor sich hin und Samuel legte seine Hand auf ihre, wohl wissend, dass er allein für ihre Lage verantwortlich war. Sie zog ihre Hand nicht zurück und so saßen sie eine Weile reglos da und sahen auf die Lichter der Stadt, die sich im Fluss spiegelten, als wollten sie von dem Gelächter und dem Wehklagen ablenken, das immer wieder aus der Ferne zu ihnen drang.
    »Ich weiß, was du jetzt denkst, Sam«, murmelte sie nach ein paar Minuten. »Du denkst, dass ich so ein kleines zerbrechliches Ding bin und dass alles, was mit mir passiert ist, deine Schuld ist. Dass du wieder mal versagt hast und ich allen Grund hätte, dir böse zu sein . . . Aber zuerst musst du endlich begreifen, dass ich nicht aus Zucker bin. Sicher, ich habe Angst gehabt, furchtbare Angst. Sicher, ich habe mir die Augen ausgeweint . . . Das ist doch menschlich, oder nicht? Aber ich habe auch gelernt zu kämpfen, mich nicht unterkriegen zu lassen. Du kannst auf mich zählen, Sam, verstehst du, das will ich dir damit sagen . . . Und in Zukunft möchte ich, dass du mir vertraust und ehrlich zu mir bist, anstatt mich immer aus allem raushalten zu wollen.«
    Sie kniete dicht vor ihm. »Und übrigens, ich bin nicht sicher, dass irgendjemand anderes, wer immer es auch sei, auch nur halb so viel

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