Der magische Reiter reiter1
von gebackenen und getrockneten Leckereien, groben Stoffen, Äxten, Messern, Seilen, Handsägen, Decken, Lampen, Mehl, Zucker, Schmalz … allem, was eine solche Stadt brauchen konnte. Sie stieg ab und band Pferd an einem Pfosten vor dem Laden an. An einer Eisenkralle, die eigens zu diesem Zweck draußen vor der Tür angebracht war, kratzte sie sich den Lehm von den Stiefeln.
Als sie den Laden betrat, hörte sie von der Straße einen Schrei. Sie spähte durch ein Fenster und sah einen Mann, der mit zwei Säcken beladen durch den Morast lief und dabei kaum vorankam. Er wurde von einem anderen Mann verfolgt, dessen weißer Kittel mit Schlamm bespritzt war.
»Komm sofort zurück, du verdammter Dieb!«
Der Krämer holte den anderen ungehindert ein und sprang ihn an. Die beiden fielen in den Matsch und rangen miteinander. Passanten blieben stehen, um sich an dem Anblick zu ergötzen. Ein Dolch blitzte in der Hand des Diebes auf, und er stach auf den Krämer ein. Der Krämer heulte so jämmerlich auf, dass es Karigan durch Mark und Bein ging. Der Dieb hatte den Krämer erstochen, und niemand machte Anstalten, ihn aufzuhalten.
Der Dieb rappelte sich wieder auf, warf sich die beiden Säcke über die Schulter und stapfte davon. Die Fußgänger ignorierten den Dieb und gingen einfach um die Leiche des Krämers herum, als wäre sie nichts weiter als ein großer Stein, der ihnen den Weg versperrte.
Jemand schnalzte hinter Karigan. Ein feister, kahlköpfiger
Mann mit weißem Kittel schüttelte den Kopf, wobei sein Doppelkinn wabbelte. »Der alte Mael hätte vorsichtiger sein sollen.« Er tätschelte das Kurzschwert an seiner Seite. An jedem anderen Ort wäre ein Krämer, der ein Schwert trug, ein ungewöhnlicher Anblick gewesen.
»Will denn niemand etwas unternehmen?«, fragte Karigan.
»Der alte Garl wird vorbeikommen und die Leiche wegschaffen«, sagte der Krämer.
»Aber der Dieb …«
»Wer will ihm hinterherlaufen? Ihr etwa?«
Karigan errötete vor Scham.
»Niemand will seine Haut riskieren. Wie ich sehe, seid Ihr vernünftig und tragt ein Schwert. Etwas ungewöhnlich bei einem Mädchen, aber vernünftig. Was kann ich heute Morgen für Euch tun?«
Karigan brauchte eine Weile, um ihre Abscheu davor zu überwinden, wie leicht der Krämer von dem Mord zum Geschäftlichen überging. Sie durfte jetzt nicht darüber nachdenken. Sie musste ihre Mission erfüllen und hatte keine Zeit, sich mit den Problemen von Norden zu befassen. Wenn sie Sacor nicht bald erreichte, würden vermutlich noch mehr Menschen sterben.
Sie suchte sich aus den Regalen getrocknetes Fleisch und Obst, Tee, Brot und Käse zusammen und schöpfte etwas Hafer aus einem Oxhoftfass. Dann legte und stellte sie alles vor dem Krämer auf den Ladentisch.
»Zwei Silberstücke«, sagte er.
»Das ist ja …« Wucher, wollte sie sagen. Sie biss sich auf die Zunge, obwohl der Preis fast ihre Galle zum Überlaufen brachte. Aber schließlich war sie die Tochter eines Kaufmanns
und besaß durchaus Geschick im Feilschen. »Ein halbes Silberstück«, sagte sie.
Der Krämer lächelte anerkennend. Auch er feilschte gern und sah so blasiert aus, dass wohl die wenigsten gegen ihn ankamen. »Es bleibt bei zwei Silberstücken.«
Karigan zog die Brauen zusammen. »Mehr als ein halbes Silberstück sind diese Waren nicht wert, aber ich erhöhe auf ein Silberstück. Ich sehe ein, dass es nicht leicht ist, sich in einer Stadt wie dieser den Lebensunterhalt zu verdienen.«
Der Krämer nickte. »Ein gutes Angebot, aber man braucht mehr, um hier zu überleben. Anderthalb Silberstücke und eine Kupfermünze.«
Karigan verlagerte ihr Gewicht auf ein Bein. Dem Mann war nicht leicht beizukommen. Sie fragte sich, wie viele Menschen wohl auf Gauner wie ihn hereinfielen. Als sie den angeblichen Preis von einem Silberstück bestätigte, kratzte der Krämer sich an seinem Kahlkopf, als wüsste er nicht recht, wie ihm geschah.
»Ein Silberstück ist immer noch lächerlich viel für diese Waren, aber ich akzeptiere den Preis.« Sie schob ihm die kostbare Münze über den Ladentisch zu. Als sie das tat, glitzerte in einem Korb mit Flitterkram, der am anderen Ende des Ladentischs stand, etwas golden auf. »Wie viel kostet diese Brosche?«, fragte sie.
Der Krämer strahlte. »Nun ja, ein Silberstück. Gar nicht viel für so ein herrliches Kleinod.« Er legte die Brosche mit dem geflügelten Pferd auf seine Handfläche, damit sie einen Blick darauf werfen konnte.
»Ein horrender
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