Der magische Reiter reiter1
mir sich davon angesprochen fühlt. Wenn die langen Winterabende einen niederdrücken, ist eine Partie Intrige eine willkommene Abwechslung. Wie ich sehe, habt Ihr Euren Gegner mit Pauken und Trompeten geschlagen.«
Zacharias beugte sich vor und kraulte seinen Hund hinter dem Ohr. »Ein unerfahrener Gegner … Nein, er hat einfach leidenschaftslos gespielt.«
Mirwell grunzte. »Wenn man sein Ziel nicht mit Leidenschaft
verfolgt, kann man unmöglich gewinnen. Das muss eine sehr enttäuschende Partie gewesen sein.«
»In mancher Hinsicht schon, doch in anderer Hinsicht war sie ausgesprochen lohnend.«
Mirwell wunderte sich über die Miene des Königs, denn auf einmal fiel die Fassade des Spielers von ihm ab, und der Lordstatthalter sah einen Mann, der sich offenbar über etwas amüsierte und zugleich darüber nachsann. Wer immer dieser Gegner gewesen war, er hatte das Interesse des Königs erweckt. Mirwell legte den grünen König aufs Brett, seitlich in Todesstellung, so wie die Regeln es vorsahen.
»Morgen«, sagte der König, »werde ich eine Ratsversammlung der Statthalter einberufen. Bis auf Adolind sind alle hier. Er betrauert noch seine Tochter.«
»Ach, richtig. Sie wurde ja bei dem Gemetzel der Erdriesen zusammen mit den anderen Schulkindern getötet.« Mirwell schüttelte den Kopf, als wäre nicht er es gewesen, der die Sache eingefädelt hatte. »Ein Jammer. Ich danke den Göttern, dass mein Timas nicht unter ihnen war.«
»Ein großer Verlust«, sagte Zacharias düster. »Diese Kinder waren ein Teil von Sacoridiens Zukunft. Die übrigen Statthalter glaubten sich trotz ihres Verlusts in der Lage, an der Versammlung teilzunehmen. Wir haben einen Besucher in der Stadt, wie wir hier seit Jahrhunderten keinen mehr gesehen haben.«
»Wahrhaftig?«
»Ja. Ich möchte, dass Ihr ihn kennenlernt und Euch möglichst ein Urteil über ihn bildet. Mittlerweile dürften die Räumlichkeiten im Ostflügel für Euch und Eure Diener vorbereitet sein. Ich hoffe, Ihr werdet alles zu Eurer Zufriedenheit vorfinden.«
Mirwell stand auf und verbeugte sich und dachte, dass er Zacharias durchaus gemocht hätte, wenn er nicht ein Hindernis bei seinem Streben nach Macht und Land gewesen wäre. »Bei Euch fühle ich mich stets zufrieden, Exzellenz.«
Als der Etikette Genüge getan war, hastete er mit einer Geschwindigkeit aus dem Thronsaal, die ihn selbst erstaunte. Doch kaum schlossen sich die Türen hinter ihm, umklammerte er mit beiden Händen Beryls Arm.
»Suchen wir nun unsere Räumlichkeiten auf, meine Liebe«, sagte er. »Ihr werdet diesen Ort bald mit anderen Augen sehen als zu jener Zeit, als Ihr hier im Berufsheer Dienst tatet.«
»Das tue ich jetzt schon«, sagte sie.
Mirwell kniff die Brauen zusammen. »Tatsächlich?« Also gut. Er würde dafür sorgen, dass sie ständig in seiner Nähe blieb. Er würde sie nicht aus den Augen lassen.
KARIGAN AUF DEM BALL DES KÖNIGS
Karigan näherte sich dem imposanten Eingangstor zum Ballsaal auf einem Gehweg, der sich durch die Rosengärten des östlichen Hofs schlängelte. Der erdrückende Duft der roten und pinkfarbenen Blüten erfüllte die stille Nacht. Fackeln loderten entlang des Gehwegs und verbreiteten einen festlichen Glanz, der sie in heitere Laune versetzt hätte, wäre nicht der enge Kragen ihrer Reiteruniform gewesen. Wieder hatte Hauptmann Mebstone sie in die formelle Kleidung gezwängt und sie diesmal noch mit einer goldenen Schärpe um die Taille versehen.
Musik und goldenes Licht, Geplauder und Gelächter und die Klänge eines Orchesters trieben durch die geöffneten Türen in den warmen Abend hinaus und verschmolzen mit dem zirpenden Chor der Grillen. Farbenprächtig herausgeputzte Gäste drängten sich vor dem Eingang, und Karigan fragte sich erneut, was sie eigentlich hier zu suchen hatte. Wie ihr Vater hatte sie für den Adel nicht allzu viel übrig, und an diesem Ort würde sie davon umgeben sein.
Sie stand in der Schlange an, zupfte sich am Kragen und wartete, während zwei Wachen in Königslivree die Einladungskarten überprüften. Ihre Hände waren schweißnass, weil man ihr keine gegeben hatte und sie den Wachen nichts
vorzeigen konnte. Sie wollte schon umkehren und in den Unterkünften der Reiter Zuflucht suchen, als einer der Wachposten sie plötzlich ansah.
»He, Grüne«, sagte er.
Karigan schluckte und trat einen Schritt vor.
»Hast du eine Einladung?«
»Ich, äh …«
Der andere Wachposten lachte. »Die Grüne versucht ohne
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