Der magische Reiter reiter1
Einladung auf den Ball zu kommen.«
Karigan furchte die Brauen. »Ich habe eine Einladung. Der König selbst hat mich hierher befohlen.«
Der erste Wachposten brach in schallendes Gelächter aus. »Befohlen! Das ist ja ganz was Neues. Der König befiehlt ihr, am Ball teilzunehmen.«
»Grüne sind doch immer für einen Scherz gut«, sagte der Zweite. »Wenn du eingeladen bist, ist der König wohl ein Freund der Magie, was?«
»Mach dich weg, Mädchen. Wir müssen uns um die Lords und Ladys kümmern.«
Karigan stemmte die Hände in die Hüften. Eine solche Behandlung hätte sie von Adligen erwartet, aber nicht von Bürgerlichen, wie sie selbst eine war. »Jetzt will ich euch mal was sagen …«
»Gibt es ein Problem?«
Karigan hätte Alton D’Yer beinahe nicht erkannt. Er wirkte aber auch zu prachtvoll mit seiner goldenen Seidenweste und dem langen roten Mantel. Ein goldenes Amulett, zweifellos ein Familienerbstück, hing um seinen Hals, und eine blaue Schärpe war um seine Taille gebunden. Er war eindeutig nicht grün gekleidet, obwohl er sich die Brosche mit dem geflügelten Pferd angesteckt hatte. Wie vom Donner gerührt
über diese Verwandlung, hätte Karigan fast übersehen, wie die beiden Wachen sich verbeugten.
»Keineswegs, mein Lord«, sagte der erste Wachposten. »Diese Grüne Reiterin hat keine Einladung, deshalb müssen wir ihr den Zutritt verwehren.«
»Oh«, sagte Alton. »Dann hat es also nichts damit zu tun, dass der König ein Freund der Magie ist?«
Die beiden Männer erbleichten. »N-nein, natürlich nicht, mein Lord. Ich meine, das soll nicht heißen …«
Altons Miene wurde ernst. »Schluss damit. Diese Grüne Reiterin gehört zu mir.« Er reichte den Wachen die Einladung und lotste Karigan in den Ballsaal.
Sobald sie den Eingang passiert hatten, sank Karigan der Mut. Sie wollte umkehren und davonlaufen, egal, was die Wachen dachten. Der Ballsaal war größer als jeder andere Raum, den sie bisher in ihrem Leben gesehen hatte. Die Decke war bogenförmig wie im Thronsaal des Königs und wurde von reliefverzierten Granitsäulen getragen. Der Boden war mit auserlesenen Fliesen bedeckt und zeigte Szenen aus der Legende von Hiroque, dem Sohn der Clans. Gewaltige Türen öffneten sich auf Balkone und in die Nachtluft hinaus.
Tänzer wirbelten in schillernden Farben durch den Ballsaal, so dass die langen Kleider der Damen über den Boden fegten und ihr Geschmeide im Licht der Kristalllüster funkelte. Die steifen Festtagsmäntel der Männer drehten sich, als sie ihre Partnerinnen auf der Tanzfläche herumschwangen. Alles schien zu glitzern und zu schimmern, und Karigan kam sich in ihrer Uniform auf einmal sehr klein und schlicht vor.
»Oh, sieh nur«, sagte Alton lächelnd. »Jemand hat all die alten Wandteppiche wieder ausgegraben.«
Stellvertretend für jede einzelne Provinz hingen Wandteppiche
an den Wänden. Auch verblichene und zerschlissene Wandteppiche der ersten Clans von Sacor – Clans, von denen es einige schon lange nicht mehr gab – waren aufgehängt worden.
»Vermutlich will der König uns an die Zeiten erinnern, als die Eleter für die Sacorider keine Fremden waren«, sagte Alton. »Der dort steht für D’Yer.«
Das Feld in der Mitte war golden wie seine Weste und trug als Wappen ein einfaches Schwert, das ein Hammer kreuzte, umgeben vom Muster einer Steinmauer. Es entsprach dem Motiv auf seinem Amulett. Der Wandteppich war so weit entfernt, dass Karigan die Worte nicht lesen konnte, die unter dem Emblem eingestickt waren.
»Der Hammer von D’Yer zertrümmert Stein«, zitierte Alton, als lese er ihre Gedanken, » doch kein anderer soll jemals von D’Yer erbaute Steinwälle zertrümmern. Es heißt, meine Vorfahren hätten die Steinmetzkunst von den Kmaern erlernt, und obwohl sie wahre Meister darin wurden, gelang es ihnen doch nie, an die Leistungen der Kmaern heranzureichen. Dennoch wurde die Steinmetzkunst der D’Yer als beste außerhalb von Kmaern gerühmt. Diese Burg ist ein Zeugnis ihrer Kunst, genau wie der D’Yer-Wall. Doch wenn ich richtig unterrichtet bin, weist der Wall inzwischen Risse auf.«
Karigan erwischte sich dabei, wie sie wieder an ihrem Kragen zupfte, und dachte, dass die Uniformen erheblich bequemer wären, wenn ihr Vater sie entworfen hätte. Sie räusperte sich, als ihr auffiel, dass Alton sie eindringlich musterte. Wusste er, dass sie die Lücke im D’Yer-Wall gemeldet hatte? Oder veranlasste ihn etwas anderes zu diesem Blick? Schweißtropfen
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