Der magische Reiter reiter1
in der Sonne, genau wie immer, als der Söldner sie in der Hand wog. Andererseits hatte Professor Berry laut Auskunft der Schwestern die Magie nie wirklich gemeistert; wer konnte also sagen, ob es nicht Lücken in ihrem Wissen gab?
Jendara war zu sehr damit beschäftigt, die Juwelen an ihren Fingern und Handgelenken zu bewundern, um zu antworten.
»Und ein Säbel. Ein Grünensäbel, aber eine Waffe sollte man nie zurücklassen. Die Schmiede des Königs leisten gute Arbeit.«
Karigan schnürte sich vor Kummer und Wut der Hals zusammen, als Jendara sich den Trauring über den Finger streifte, den Stevic G’ladheon vor fünfundzwanzig Jahren seiner Braut Kariny gegeben hatte. Er war aus Gold, und in ihn war ein Diamant eingelassen, der im Sonnenlicht wie ein Stern funkelte. In das Gold war das Clansemblem eingraviert: ein Schiff unter vollen Segeln auf dem Meer. Die Gravur war drei Jahre nach der Vermählung erfolgt, als die Kaufmannsgilde und ein Bevollmächtigter der Königin den Clan G’ladheon offiziell anerkannt hatten.
Das Emblem war ein Symbol für Stevic G’ladheons einträglichste Unternehmungen, die meist darin bestanden hatten, dass er die Meere befuhr, was wiederum auf seine Herkunft verwies: Er entstammte einer schwer arbeitenden Familie, die ihr Leben einst auf den Inseln der Ullem-Bucht gefristet hatte. Die Juwelen, die Jendara gerade bewunderte,
waren Karigans einzige materielle Verbindung zu ihrem früheren Leben und zu ihrer Mutter.
»Die bekommt ihr nicht«, sagte sie.
»Ich glaube nicht, dass du uns aufhalten kannst.« Jendara lachte. »Wir werden uns schon um deine Sachen kümmern, und die Mirweller werden sich um dich kümmern.«
Karigan ballte die Hände zu Fäusten, und ihre Wangen begannen zu glühen. Sie hatte nicht dieses abscheuliche Wesen getötet, um jetzt Immerez in die Hände zu fallen. Die Kreatur war gefährlicher als die beiden gewesen. Sie sprang Jendara mit einem wilden Knurren an, doch im selben Moment schlug der andere Söldner ihr den Knauf des Säbels auf den Hinterkopf, und sie stürzte in Finsternis.
Karigan erwachte mit einem Brummschädel. Ihre schmalen Handgelenke, die vom ätzenden Blut des Wesens noch nicht gänzlich geheilt waren, hatte man ihr grausam fest auf den Rücken gebunden, so dass ihre Finger schon ganz taub waren. Sie lag bäuchlings auf dem welken Laub und Moos des Waldbodens. Sie versuchte, weitere Beeinträchtigungen festzustellen, doch bis auf den dröhnenden Schädel und die gefesselten Handgelenke fand sie keine. Vorsichtig betrachtete sie durch spaltbreit geöffnete Lider die Szene um sich herum. Pferd stand mit zusammengebundenen Vorderbeinen und ohne Sattelzeug nicht weit entfernt in den länger werdenden Schatten des späten Nachmittags. Sein Kopf hing mutlos nach unten.
Jendara und ihr Partner saßen vor einem Garfeuer und aßen von Karigans Proviant. Sie hatten ihre Habseligkeiten in zwei Stapeln aufgehäuft: die Sachen, auf die sie offensichtlich gut verzichten konnten, nämlich ihre von der Reise verschlissene
Kleidung, und ein anderer Stapel mit Dingen, die sie behalten wollten, besonders den Säbel und den Schmuck. Der Mann drehte den Mondstein in den Fingern, doch er erstrahlte nicht. Anscheinend hatten sie also auch ihre Taschen durchsucht.
»Seltsam, dieser Kristall«, sagte der Mann. »Wahrscheinlich bloß eine billige Glaskugel, aber recht hübsch.«
»Du hast ja keine Ahnung, Thorne«, sagte Jendara. »Siehst du, wie er das Licht einfängt? Meiner Meinung nach ist das ein edler Kristall. Seltsam finde ich nur, dass eine einfache Grüne all diese herrlichen Sachen besitzt. Vielleicht ist sie in Wahrheit ja eine Diebin.«
»Na hör mal, warum sollte eine Diebin dem König Botschaften überbringen? Du hast doch gehört, dass sie sagte, die Juwelen gehörten ihrer Mutter.«
»Du magst wohl recht haben, aber sie ist schon eine dumme Grüne, dass sie diese Juwelen auf einer solchen Straße mit sich herumträgt.«
Karigan schloss die Augen. Der Gedanke, dass die Söldnerin Jendara den Trauring ihrer Mutter trug, trieb ihr die Galle hoch. Wie konnte sie ihn zurückbekommen? Selbst wenn es ihr gelang, die Fesseln zu lösen, wie konnte sie jemals hoffen, zwei gut ausgebildeten Soldaten zu entrinnen? Waffenlehrer Rendel hatte ihr in den wenigen Stunden, die er sie unterrichtet hatte, viel beigebracht, doch es fehlte ihr an Erfahrung und an Kraft, um es mit Jendara und Thorne aufnehmen zu können.
»Was denkst du, Grüne?« Als
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