Der magische Reiter reiter1
also eine Holzfällerstadt?«
»Größtenteils.« Abram zog eine Pfeife und einen Tabaksbeutel aus seinem Mantel. Er stopfte die Pfeife, nahm einen lodernden Kienspan aus dem Feuer und zündete sie an. »Es begann vor ungefähr hundert Jahren mit einer kleinen Siedlung. Und als das Verfahren zur Papierherstellung entdeckt wurde, gefolgt von der Druckerpresse, nun ja, da wuchs die Bevölkerung an.«
Abram blies Rauchringe zur Decke, ein vergnügtes Funkeln in den Augen. Als die Ringe sich auflösten, verschwand auch das Funkeln. »Norden ist jetzt eine Stadt der Gesetzlosen. Die meisten Bewohner stammen von den ursprünglichen Siedlern ab, die ihre Ansprüche verhökerten. Manche blieben, um herauszufinden, welche Reichtümer sie auf eigene Faust erringen können. Andere eröffneten Handelshäuser
und Gaststätten. Der Pelzhandel nimmt auch zu, und nun muss ich die Geschöpfe in meinem Reich ebenso beschützen wie die Bäume.«
»Ich habe noch nie von Norden gehört.« Oder doch? Etwas, was die Berry-Schwestern gesagt hatten, spukte ihr im Kopf herum.
»Sicher ist das für dich eine neue Strecke«, sagte Abram. »Vielleicht bist du ja selbst neu.«
Karigan verzog das Gesicht. »Eigentlich bin ich überhaupt keine Grüne Reiterin.«
Abram sprang auf, so dass sein Kopf die Deckenbalken streifte. Seine Hand fuhr zum Griff der Axt. »Wie ist das möglich?« Seine Augen blitzten gefährlich. Er war wie ein sich aufrichtender Bär: gereizt, grimmig und gewaltig.
Erschreckt über seine plötzliche Verwandlung, versuchte Karigan, sich wieder unsichtbar zu machen, doch vor Schmerzen platzte ihr fast der Schädel. Die Anstrengung war zu groß.
»Wer bist du?«, wollte Abram wissen. »Du kleidest dich wie ein Grüner Reiter und verwendest die Magie der Grünen Reiter. Wer bist du?«
»Ich bin Karigan G’ladheon. Ich führe die Mission eines toten Grünen Reiters zu Ende.«
Abram beäugte sie misstrauisch, ließ jedoch die Hand von der Axt an seiner Seite gleiten. »Das klingt nach einer interessanten Geschichte. Erzähl sie mir, und ich werde darüber befinden.« Er setzte sich wieder, wenn auch etwas steif, und nach wie vor lag Argwohn in seinem Blick.
Karigan begann mit ihrer Flucht aus Selium und endete mit ihrer Ankunft in der Herberge. »Ich bin keine Grüne Reiterin«, sagte sie, »doch ich helfe einem.«
Abrams Blick war während ihrer Erzählung sichtlich milder geworden, und jetzt saß er wieder entspannt auf seinem Stuhl. »Du hast eine lange Reise hinter dir, Mädchen. Ich bin F’ryan Coblebay einmal begegnet. Vor ungefähr zwei Jahren kam er durch diese Gegend. Ein lebhafter Bursche, ungemein fröhlich. Es tut mir leid, von seinem Dahinscheiden zu hören. Ich verstehe jetzt, wie ich dich für einen Grünen Reiter halten konnte. Ich dachte mir schon, dass du etwas jung bist, weiß jedoch, dass sie auch junge Menschen aufnehmen.«
»Ich muss Sacor erreichen, bevor die Mirweller mich erneut finden.«
Abram murmelte etwas Unverständliches – es klang eher wie ein Knurren – und klopfte mit den Fingern auf den Axtgriff. Ein Rauchring nach dem anderen schwebte zu den Deckenbalken hinauf. »Es geschehen wahrlich seltsame Dinge. Vor einiger Zeit sind Männer des Königs hier in der Gegend aufgetaucht. Sie jagen Erdriesen, wenn ich es richtig verstanden habe. Aber eine Lücke im D’Yer-Wall? Das verheißt Übles. Mornhavon der Schwarze verhexte die Bäume des Schwarzschleierwaldes, und davon haben sie sich nie mehr erholt.«
»Die Eleter haben es mir erzählt.«
Abrams Augen leuchteten auf. »Ich würde meine Axt dafür hergeben, einmal einem Eleter zu begegnen. In meinem Herzen wusste ich immer, dass sie nicht nur eine Legende sind. Ein Waldvolk sind sie, Bewohner des Eltforsts, so wie ich ein Bewohner dieses Forstes bin. Und die Vorstellung, dass sie durch den Grünen Mantel Sacoridiens streifen! Welche Ehre.«
Karigan zog den Mondstein aus der Tasche, überzeugt davon, dass Abram ihn gern sehen würde. Die Schatten des Abends verschwanden im Silberschein, riefen die Erinnerung
an Tänzer und Tänzerinnen auf einer Waldlichtung und in immergrünen Zweigen schimmernde Mondsteine wach.
Abram riss die Augen auf. »Was ist das?«
»Ein Mondstein. Ein echter Mondstein.«
»Den habe ich allerdings für eine Legende gehalten. Haben die Eleter ihn dir gegeben?«
»Äh, nein. Die Berry-Schwestern, von denen ich Euch erzählt habe. Sie haben ihn mir geschenkt.« Sie erklärte die Vorliebe des Professors
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