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Der magische Wald

Titel: Der magische Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kaerney
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banden die Pferde an, die gierig zu grasen anfingen, und gingen mit gezückten Waffen weiter. Ein primitiver Zaun, Ziegengeruch. Der Wald wurde noch lichter. Ordentlich gestapeltes Feuerholz und eine Axt mit einer Bronzeklinge. Kleine Holzbauten auf einer winzigen Lichtung, von denen einige an die Äste der mächtigen Bäume angebaut waren. Die Hütten hatten Dächer aus Rinde und Grassoden, wie die Hütten in den Dörfern des Nordens, und dicke Äste dienten als Stützpfosten. Keine Wände. Die Hütten waren kaum mehr als Unterschlüpfe, die man von allen Seiten betreten konnte. Eine von ihnen mußte eine Schmiede sein; ein quadratisch gehauener Felsbrocken diente als Amboß, und neben einem Steinofen lag ein Blasebalg aus Leder. Sie scheuchten ein herumlaufendes Huhn auf, worauf es beleidigt gackerte. Michael und Cat starrten es für eine Sekunde hungrig an. »Michael?« »Was ist?« »Ich rieche das Werk der Brüder an diesem Ort. Es ist eine ihrer Siedlungen.« Skeptisch hob er eine Augenbraue. So tief im Wolfswald? Sie blieben wie angewurzelt stehen. Aus dem Stamm eines der Bäume hatte man eine tiefe Ausbuchtung herausgeschnitten, und aus der Ausbuchtung erhob sich ein Kreuz, an dem sich noch die Rinde befand. Vor dem Baum stand mit erhobenen Armen ein Mann in einer Wollkutte, der ihnen den Rücken zuwandte. Cat hob den Bogen, ließ ihn aber mit finsterer Miene wieder sinken, als Michael sie ansah. Sie warteten, und es kam ihnen wie eine
    Ewigkeit vor, bis der Mann sich bekreuzigte und zu ihnen umdrehte. »Pax vobiscum.« Sie starrten sich gegenseitig an. Michael wußte, daß sie nach den Wochen des Reisens und des Kämpfens einen wüsten Anblick bieten mußten. Ihre Kleider waren zerrissen und voller Dreck, ihr Haar verfilzt. Pferde-und Schweißgeruch umwehte sie wie Nebel, und in den Händen hielten sie Schwert und Bogen. Er fühlte sich merkwürdig unbehaglich, so als habe ihn seine Großmutter an einem Sonntagmorgen mit einem ungewaschenen Gesicht erwischt. Der Mann lächelte. Er hatte ein rundliches Gesicht mit rosigen Apfelbäckchen, und die Schultern unter der grobgestrickten Kutte waren breit wie die eines Mannes, der viel körperliche Arbeit verrichtet. Er war klein und stämmig und hatte kurze dicke Finger. Zu Hause in Antrim hätte er einen guten Torfstecher abgegeben, wenn nicht die lebhaften, intelligenten Augen gewesen wären, die kleinen Fältchen in ihren Winkeln. Er breitete die Arme aus. »Seid willkommen, ihr Reisenden. Hier braucht ihr eure Waffen nicht.« Es war Michael, als würde ihm eine Zentnerlast von der Seele genommen. Er steckte das Ulfberht in die Scheide. Cat zögerte, steckte dann aber den Bogen in den Köcher, obwohl ihr Gesicht mißtrauisch blieb. »Ich bin Bruder Nennian«, sagte der Mann. »Ich kann euch wenig genug anbieten, aber was ich habe, soll auch das eure sein.« Bei dem Gedanken an die Hühner und Ziegen lief Michael das Wasser im Munde zusammen. Er kam sich vor wie ein Wilder, wie ein Barbar an einer Festtafel. »Danke«, sagte er mit soviel rauher Höflichkeit, wie er zustande brachte. »Wir haben einen langen Weg hinter uns.«

KAPITEL SIEBZEHN
    Weiter hinten im Wald hatte Bruder Nennian eine solidere Unterkunft, eine lange, niedrige Hütte. Michael mußte sich bücken, wenn er sie betrat. Es hatte leicht zu regnen begonnen, und Nebel stieg aus dem Wald. Sie kümmerten sich zunächst um die Pferde, sattelten sie ab und rieben sie trocken, während der Bruder schweigend einen halben Sack voll Gerstenkörner an sie verfütterte. Bruder Nennians Wohnhaus war nicht viel anders als die Hütten, die Michael bei den Stämmen gesehen hatte, aber sie war sauberer und luftiger, vor allem dank der Fenster, die sich in den Wänden aus Grassoden und Lehm befanden. Aufgespannte Tiermägen ersetzten die Verglasung. In einer Ecke befand sich ein Stapel Feuerholz, in einer anderen stapelten sich Ziegenfell und in der dritten stand ein solide gezimmerter Holztisch, auf dem das unvermeidliche Kreuz stand. In der Mitte des Raumes war eine Feuerstelle in den Boden eingelassen, in der Kohlen glühten. Daneben befanden sich allerlei Gerätschaften, von denen erstaunlich viele aus Bronze hergestellt waren, wie Michael bemerkte, und verschiedene Tongefäße. Der Raum war dunkel und verräuchert, es roch nach altem Essen und alten Feuern, aber der Boden, aus dem an manchen Stellen Baumwurzeln hervorwuchsen, war sauber gefegt. Es gab auch kein Ungeziefer wie in den Hütten der

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