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Der magische Wald

Titel: Der magische Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kaerney
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Sonnenstrahlen auf dem Wasser spiegelten. Michael lachte vor Freude, aber Cat war still, und plötzlich erbrach sie sich, wurde von Krämpfen geschüttelt. »Was ist los? Was ist mit dir?« Er selbst fühlte sich prächtig, so als habe das klare Wasser den Schlamm des Waldes aus seinem Körper gewaschen. »Das Wasser«, stöhnte sie. »Es brennt so. Es verbrennt mich. O Michael, es ist heiliges Wasser.« Wieder erbrach sie sich unter Krämpfen. Bestürzt und beunruhigt untersuchte er das Flüßchen, roch an dem Wasser und sah dann das Kreuz aus schwarzen Steinen im Flußbett. »Das haben die Brüder gemacht, als sie hier vorbeikamen. Sie haben das Wasser vergiftet«, keuchte Cat. Speichel rann ihr vom Kinn.

    »Sei nicht dumm, Cat. Es ist gutes Wasser, das beste, das wir in dieser gottverlassenen Einöde je getrunken haben.« »Dein Gott hat diese Gegend verlassen, nicht meiner.« Sie begann wieder zu würgen. Verwirrt, fast wütend stand er vor ihr. Die Pferde hatten sich gierig über das Gras hergemacht. Mit ihnen war alles in Ordnung. Er legte Cat die Hand auf die Schulter, aber sie schüttelte sie ab, gab sich ganz ihrem Leiden hin. Michael fluchte und wandte sich ab. Ein Umriß zwischen den Bäumen. Dort stand jemand im Schatten. »Cat!« Er zog sein eisernes Schwert. Es war kein Mensch, nicht einmal ein menschenähnliches Wesen. Es war eine große, schlanke, pechschwarze Figur. Cat reagierte nicht. »Verdammt, Cat.«

    Ein Pfahl, größer als er, stand wie ein dünner Megalith zehn Meter von dem Fluß entfernt. Es war ein Kreuz gewesen. Totes Gestrüpp und Geißblattranken überwucherte es. Am Fuß des Pfahls lag der abgefaulte Querbalken und verrottete mit der trotzigen Langsamkeit von Eichenholz. Er fühlte ... Erleichterung? Vielleicht einen Rest von Frömmigkeit, ein Überbleibsel aus der Zeit, in der er als Kind in die Kirche gegangen war. Fast zärtlich berührte er das alte Holz. Die Brüder und die Ritter waren also vor Jahrhunderten auch hier entlang gekommen. Sie hatten aus dem Fluß getrunken und ihre Markierung hinterlassen. »Alles in Ordnung, Cat. Wir sind hier sicher.« »Du vielleicht. Dieser Ort ...« Sie brach ab, mußte wieder würgen. Besorgnis und Verärgerung kämpften in Michael.

    Es war nur eine kurze Erholungsfrist für ihn. Am nächsten Tag ließen sie den Fluß und den Pfahl hinter sich, und Zwielicht und Feuchtigkeit umfingen sie wieder. Cat war blaß und schweigsam, wurde immer noch gelegentlich von leichten Krämpfen geschüttelt. Michael hingegen hatten seinen Trinkschlauch mit dem köstlichen Wasser gefüllt. Sie war also wahrhaftig anders. Er hatte sich lange dagegen gesträubt, in ihr etwas anderes als ein normales Mädchen zu sehen; vielleicht ein wildes, feuriges, aber doch ein Mädchen. Er war nicht mehr davon überzeugt, daß das stimmte. Der Wald nahm kein Ende, und die Stille klang in ihren Ohren wieder, wurde selbst zu einem Geräusch, das nie verstummte. Michael sehnte sich nach Liedern, nach Gelächter, nach irgend etwas, das nicht Bestandteil des riesigen modrigen Waldes war. Irgend etwas, das diese Stille durchbrach. Aber da war nichts. Obwohl diese Gegend Wolfswald hieß, hatten sie wochenlang keinen einzigen Wolf zu Gesicht bekommen, was sogar in den bewohnten Teilen des Waldes ungewöhnlich gewesen wäre. Michael begann sich zu fragen, wie viele der Legenden und Geschichten, die sich um diesen Ort rankten, auf Unwissenheit und Einbildung beruhten. Diese völlige Leere, die nur von der niederdrückenden Gegenwart der Bäume erfüllt war, war irgendwie schwerer zu ertragen als alle Wölfe und Kobolde dieser Welt. Cats Übelkeitsanfälle gingen schnell vorüber, aber Michael litt weiter, trotz des guten Wassers in seinem Schlauch. Er verlor immer mehr Gewicht, fühlte sich schwach und lethargisch. Cat mußte ihm abends dabei helfen, die Pferde abzusatteln und abzureiben. Es war, als würde der Wald in seinen Körper

    eindringen und ihn auslaugen. Eines Morgens nahm Cat seinen Kopf zwischen die Hände und sah ihn traurig und voller Sorge an. »Was ist denn?« »Dein Haar. Der Bart. Sie werden grau, Michael.« Er schwieg für einen Moment, während ihre kalten Finger über seine Wangen strichen. »Ich werde alt, Cat. Ich werde an diesem Ort zu schnell alt. Ich sollte kaum fünfzehn sein und fühle mich wie ein alter Mann. Es ist der Wald. Es ist der verdammte Wald.« »Nein«, sagte sie. »Es ist der Schwarze Reiter. Er herrscht hier, und er weiß, daß wir kommen.«

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