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Der magische Wald

Titel: Der magische Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kaerney
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zweite Haut auf seiner sehnigen Gestalt. In der behandschuhten Hand hielt er die Peitsche. Sein Pferd warf den Kopf hoch und schnaubte in den unablässigen Regen, aber derReitersaß starrwie einLeichnamim Sattel. Nur der Kopf unter der Kapuze drehte sich ein wenig, als sein Blick der Kutsche die Straße hinunter folgte.

    Nachts klarte der Himmel auf, und es hörte auf zu regnen. Es war kalt, und die Luft roch nach Frost. Michael lag im Bett und starrte den Schädel auf seinem Kleiderschrank an. Hinter dem Fenster am Fußende des Bettes war blaue Nacht. Die Farm schlief, er aber fand keine Ruhe. Er spürte, daß er sich an der Schwelle zu einem anderen Land befand, daß er durch eine Tür geschaut hatte, die sich nicht allzu oft öffnete, und daß diese Tür hinter ihm offen geblieben war. Für Dinge, die sie passieren würden. Der Schädel grinste ihn in der Dunkelheit spöttisch an. Er hätte ihn dort lassen sollen, wo er ihn gefunden hatte. Er wußte jetzt, daß diese Sache nur ihn anging und daß niemand sonst daran teilhaben würde oder die Dinge sehen würde, die er sah. Ein Hundeschädel, hatte er gesagt, und sein Großvater hatte ihm einen beunruhigend scharfen Blick zugeworfen. »Im Laufe der Jahre sind unten am Fluß eine Menge Farmhunde begraben worden, Michael. Von unserer Familie, von meinem Vater, von meinem Großvater. Vielleicht liegt ein ganzes Dutzend dort, manche schon seit fünfzig Jahren. Es ist keine schlechte Idee, sie dort liegenzulassen. Du würdest doch auch nicht wollen, daß jemand Dämon ausgräbt, oder?« Und er hatte stumm den Kopf geschüttelt. Das Wiehern des alten Felix stieg in den nächtlichen Himmel. Michael stieß das Bettzeug zur Seite und kroch das Bett entlang zum Fenster. Seine Augenhattensichandie Dunkelheit im Zimmer gewöhnt, im Vergleich dazu wirkte der Farmhof geradezu hell. Ringsum lagen die Gebäude der Farm im Schatten. Er nahm seinen Wecker und hielt ihn dicht vor das Gesicht, um die Zeiger erkennen zu können. Kurz nach vier. Etwas Großes, Kompaktes huschte von einem dunklen Winkel in den nächsten und verschwand dann um eine Ecke. Mit weitaufgerissenen Augen starrte er aus dem Fenster, Das Wesen kam wieder zum Vorschein, diesmal auf allen vieren, die Nase dicht am Boden, als folgte es einer Spur. Es hatte ein schwarzes Fell, eine lange dünne Schnauze, große spitze Ohren und war sehnig und breit gebaut. Es stand wieder auf. Es war über ein Meter achtzig groß und die Vorderarme waren unproportional lang. Es hatte keinen Schwanz. Dann glitt es über den Hof, die Nase zu Michaels Fenster emporgestreckt. Er fuhr zurück. Ihm wurde schlecht vor Angst. Das Fenster stand einen Spaltbreit offen, und er meinte, das Wesen unten schnüffeln zu hören. Können Werwölfe klettern? Dieser Gedanke raste ihm durch den Kopf. Er spürte, wie ein Schrei ihm die Kehle hochstieg, aber er ließ keinen Ton hören. Das Wesen tauchte wieder auf, in der Nähe der Ställe. Die Halbtüren waren geschlossen, und es betastete mit klauenbewehrten Pfoten die Riegel. Felix wieherte jetzt schrill, und die anderen Pferde ebenfalls. Ein Knall ertönte, laut wie ein Gewehrschuß, als eines der Pferde ausschlug und die Stalltür traf. Der Werwolf zog sich eilig zurück. Michael hörte Stimmen aus dem Schlafzimmer seiner Großeltern. Dann fiel die Hintertür zu; Mullan hinkte mit einem geöffneten Schrotgewehr im Arm auf den Hof. Er schob eine Patrone in den Lauf und schloß das Gewehr. Der Werwolf verschwand um die Stallecke. Michael konnte ihn sehen, dicht am Boden an die Wand gepreßt, den Mund offen, hechelnd wie ein Hund. Michael schlug warnend gegen das Fenster, brachte aber immer noch keinen Ton heraus. Mullan fuhr herum und riß erstaunt die Augen auf, als er Michael oben am Fenster sah -und in diesem Moment löste sich die Bestie von der Stallwand und rannte über den Hof. Mullan drehte sich wieder und feuerte das Schrotgewehr wie Audie Murphy aus der Hüfte ab. Der Rückstoß ließ ihn einen Schritt zurücktaumeln. Der Schuß war entsetzlich laut, und durch das Mündungsfeuer war Michael für einen Moment wie geblendet. Mullan öffnete das Gewehr, suchte in seiner Tasche nach einer neuen Patrone und hinkte eilig über den Hof, um das Wesen zu verfolgen. Dann überflutete Licht den Hof, als Sean und Pat mit Laternen durch die Hintertür kamen. Sie hatten ihre langen Mäntel hastig über die Schlafanzüge geworfen und stießen fast mit Mullan zusammen, der plötzlich mit dem Gewehr über der

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