Der magische Wald
wobei der Fahrer allerdings umsichtig genug war, alle Passagiere aussteigen zu lassen, bevor er weiter den Strand entlang fuhr, und so zogen sie zu Fuß hinter ihm her, die beiden lockigen Mädchen auf dem breiten Rücken von Felix. Der Anblick erinnerte ein wenig an Napoleons Rückzug aus Rußland. Sie waren nicht allein am Strand. Autofenster glänzten in der hellen Sonne wie die Flügel von Käfern, auf karierten Decken streckten sich eingeölte Menschen mit roten Gesichtern, Thermoskannen ragten wie stumpfe Artilleriegranaten aus den Picknickutensilien, und Kinder wühlten fröhlich im Sand, bauten Schlösser, die nicht lange bestehen würden — Königreiche im Sand. Die Fays ließen sich im Windschatten einer flachen Düne nieder und begannen damit, ihr Familienlager zu organisieren. Agnes, Michaels Großmutter, übernahm das Kommando. Sie und ihre Schwestern entluden zusammen mit ihren Kindern Picknickkörbe, Decken, Bälle, Eimer und Schaufeln, Badeanzüge und einen Windschutz. Währenddessen rieben Pat und die anderen männlichen Mitglieder der Familie (unter ihnen Michael, der unendlich stolz darauf war, nicht zu den Kindern gerechnet zu werden) die Pferde ab, die von der Fahrt schweißgebadet waren. Die Stute tänzelte mit großen Augen aufgeregt herum. Es seien zu viele Menschen um sie herum, beanstandete Mullan. Sie brauche etwas Ruhe. Er führte sie etwas abseits zu einer Düne. Pfeifen wurden angesteckt, Streichholzflammen kämpften mit der Seebrise. Pat zog die Stiefel aus und krempelte die Hosenbeine auf. Die kichernden Mädchen wanden sich nackt hinter Badetüchern, während ihre Mutter ihnen Badeanzüge über die dünnen Beine hochzog. Michael lehnte sich gegen Felix und sah auf das Meer hinaus. Es war so weit entfernt von den Bäumen, dem Fluß und dem Brückenbogen. Es war klar und hell hier, ein weiter, leerer Ort, der einem die Flausen aus dem Kopf vertrieb. Rose hatte immer vom Meer geschwärmt. Mullan holte die braune Stute wieder zurück, sattelte sie und warf Michael einen fragenden Blick zu. Michael nickte, nahm Felix am Zügel und schwang sich dann auf seinen Rücken und trieb ihn vorwärts. Die beiden Pferde trabten nebeneinander durch den Sand. Felix' riesige Hufe warfen Sandfontänen auf, während Fancy stolzierte, als ginge sie mit einem langen Kleid über eine dreckige Straße. In Mullans Mund tanzte die Peterson auf und ab, und winzige Aschestäubchen wurden vom Wind davongetragen. Kinder starrten sie an und deuteten mit den Fingern auf sie, und Eltern beobachteten sie unter an die Stirn gelegten Händen. Michael und Mullan ignorierten sie erhaben. Am Anfang hatte Mullan etwas Mühe mit der Stute, denn sie war ausgeruht, und die Seeluft schien sie zu beflügeln. Sie tänzelte und drehte sich, und Mullan fluchte auf ihrem Rücken, während sich Michael das Schauspiel grinsend ansah. Nach einer Weile aber beruhigte sie sich und trabte friedlich neben dem Kutschpferd her. »Ein temperamentvoller Racker ist das«, grunzte Mullan. Der Schweiß lief ihm unter der Mütze hervor. »Braucht 'ne feste Hand.« Er spuckte kräftig aus. Schweigend ritten sie einen Moment lang nebeneinander her. Der Lastwagen lag schon fast eine Meile hinter ihnen. »Mike, erinnerst du dich an den Hund, auf den ich damals geschossen habe -der im Hof herumstromerte?«
»Was ist damit?« »Seltsames Biest war das ... ruhig, Mädchen, ruhig.« »Wieso?« fragte Michael, obwohl er die Antwort kannte. »Zum einen war er verdammt groß. Groß wie ein Kalb. Wie ein Bernhardiner oder ein Wolfshund oder so etwas. Und ich hätte schwören können, daß ich ihn genau im Visier hatte, als ich abdrückte.« »Aus der Hüfte«, sagte Michael leichthin, obwohl er das Gefühl hatte, seine Ohren würden sich sichtbar aufrichten, wenn er dem alten Mann nur noch ein bißchen interessierter zuhörte. »Aye,aus derHüfte.Abererwar nurein paar Meter entfernt. Ich hätte schwören können, daß ich ihn voll erwischt hatte. Es hätte ihn in Fetzen reißen müssen.« »Wär 'ne Riesenschweinerei gewesen«, sagte Michael. »Mmhmm.« Mullan schien über irgend etwas nachzudenken. »Genau. Wenigstens ein paar Kugeln aus der Schrotladung hätten ihn erwischen müssen, aber da war nicht einmal ein einziger Blutstropfen. Als seien sie einfach durch den Bastard hindurchgegangen ... Mike, du hast mich irgendwann einmal danach gefragt, ob ich was von Hunden wüßte, die sich im Wald oder in der Nähe der Schafe herumtreiben. Hast du damals
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