Der Makedonier
tun.
»Aber nicht heute nacht«, sagte sie und blies die Lampe aus, als hätte sie erkannt, daß das Licht ein Fehler gewesen war. »Komm wieder ins Bett – bis zum Morgen kannst du mich noch wärmen.«
Am Morgen ging Philipp zu Pammenes’ Haus, wo er den großen Mann im Garten beim Frühstück fand.
»Du sagst, du mußt zurückkehren?« fragte Pammenes, nachdem er sich Philipps Geschichte angehört hatte. Er goß dem Jüngeren Wein ein, der, wie es sich zu dieser frühen Stunde gehörte, mit fünf Teilen Wasser gemischt war. »Aber eine Eule in der Nacht ist doch kein so ungewöhnliches Ereignis, daß man gleich ein Zeichen der Götter herauslesen muß.«
»Man kann das Allergewöhnlichste sehen und in seinen Eingeweiden spüren, daß es von den Göttern kommt.« Philipp grinste, wie um die Torheit seiner Worte einzugestehen. »Ich wurde gerufen, und ich habe keine andere Wahl, als zu gehorchen.«
»Ihr Makedonier seid ein abergläubischer Haufen. Aber hast du dir in deinem Eifer, dem Ruf des Himmels zu folgen, auch überlegt, wie lange du überlebst, wenn du erst einmal wieder in Ptolemaios’ Reichweite bist?«
Philipp zuckte nur die Achseln. Als Pammenes begriff, daß er keine andere Antwort erhalten würde, nickte er.
»Ich verstehe. Hast du dir dann schon überlegt, wie du vorgehen willst?«
»Ich habe mir gedacht, daß ich einfach heute morgen ausreite wie zur Jagd. Du könntest dem Regenten berichten, daß ich geflohen bin. Du bist immer mein Freund gewesen, Pammenes, und ich will dir keine diplomatischen Probleme aufbürden.«
Pammenes machte ein verächtliches Gesicht und tauchte ein Stück Fladen in seinen Wein.
»Makedonien ist keine so große Macht, daß Theben sich vor Ptolemaios’ Zorn fürchten müßte – ich will dein Vaterland nicht beleidigen, Philipp, aber so ist es eben.«
Er kniff die Augen zusammen und musterte Philipps Gesicht. Dann lächelte er plötzlich.
»Trotzdem müssen die Spione deines Stiefvaters nicht unbedingt Bescheid wissen. Ich nehme an, du hast vor, über Land zu reisen?«
»Ja, weil ich so am ehesten unbemerkt ins Land schlüpfen kann.«
»Aber die Reise zu Pferd dauert, vor allem in dieser Jahreszeit, mindestens zwölf Tage, und ein Brief kann mit dem Schiff schon in drei Tagen in Pella sein. Und es gibt nicht so viele Straßen durch das Gebirge, daß Ptolemaios sie nicht alle überwachen lassen könnte. Ich glaube, daß eine Flucht nicht unbedingt der beste Plan ist.«
Sie saßen im Schatten eines Weinstocks, und Pammenes runzelte die Stirn, als ein Hänfling sich auf eine Rebe setzte. Er hob einige Steine vom Boden auf und warf sie wütend nach dem Vogel, der unverletzt davonflatterte.
»Meine Frau hat sie immer gefüttert«, sagte er mit einer Stimme, die fast schon ein Knurren war, »und sie kommen immer noch. Wenn sie keine Brotkrumen bekommen, gehen sie an die Trauben.«
Philipp fiel auf, daß er Pammenes nun schon fast zwei Jahre kannte, jetzt aber zum erstenmal etwas von einerFrau hörte. Es schien ihm aber auch nicht bestimmt, mehr darüber zu erfahren, denn Pammenes kehrte sehr schnell zum eigentlichen Thema zurück.
»Morgen bricht ein Gesandter nach Delphi auf«, sagte er. »Offiziell soll er nur das Orakel befragen, in Wirklichkeit aber dient seine Reise Zwecken, die dich nicht zu kümmern brauchen. Du kannst eineinhalb Tage mit ihm reiten, bis du weit genug von der Stadt weg bist, und dann kannst du dich allein nach Norden durchschlagen. Ich werde dem Offizier der Eskorte Befehl geben, daß er dich ziehen läßt. Ich kann dir auch einen Geleitbrief mitgeben, der dir bis Thessalien Schutz gewähren wird, aber du hast ihn wohl besser nicht mehr bei dir, wenn du die Grenze nach Makedonien überschreitest.«
»Dem Regenten werde ich ihn mit Sicherheit nicht zeigen«, erwiderte Philipp, doch falls die Antwort als Witz gemeint war, kam der nicht an. Die Furchen auf Pammenes’ Stirn wurden noch tiefer, als hätte auch Philipp an seinem Weinstock genascht.
»Ich mache mir viel mehr Sorgen, daß er ihn an deiner Leiche findet, Philipp. Deine Rückkehr ist für Ptolemaios eine viel zu große Herausforderung, als daß er sie ignorieren könnte, und wir beide wissen, daß er, was Blutvergießen angeht, wenig Hemmungen hat. Ich glaube, wenn du gehst, bist du dem Tode näher als dem Leben.«
»Das liegt in den Händen der Göttin«, sagte Philipp schlicht. »Ich kann nur hoffen, daß Athena mich beschützt, weil sie anderes mit mir vorhat.«
»Ach ja
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