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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Guild
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sind die doch da.«
    »Derdas würde mir einen Botschafter wahrscheinlich in Stücken zurückschicken.«
    »Na, dann vielen herzlichen Dank!«
    »Ach, dir wird dort nichts passieren.« Perdikkas machte eine wegwerfende Geste mit der linken Hand, beinahe so, als würde er eine Fliege verscheuchen. »Er weiß, daß es Krieg bedeuten würde, wenn er dich tötet, und außerdem bestehen da auch noch gewisse Familienbande. Kannst du morgen aufbrechen?«
    Philipp war kurz davor, sich noch einmal zu weigern, als er merkte, daß er sich gar nicht weigern wollte. Er hatte zwar wenig Vertrauen in Derdas’ Achtung vor Familienbanden, aber so bekam er wenigstens etwas zu tun.
    Zum erstenmal seit Wochen erwachte in ihm wieder ein wenig Interesse am Leben.
    »Also gut, morgen früh.«
     
    Philipp brach so früh auf, daß die Wachen am Stadttor die einzigen Zeugen seiner Abreise waren. Perdikkas hatte ihm eine Soldateneskorte angeboten, aber er hatte abgelehnt, weil er hoffte, so schneller voranzukommen. Außerdem würden zwanzig oder dreißig Soldaten ihm in Aiane kaum Schutz bieten, wenn Derdas es sich in den Kopf gesetzt hatte, ihn zu töten.
    Er rechnete mit drei Tagen für die Hinreise. »Zwei Nächte lang werde ich die Gastfreundschaft dieses Barbaren ertragen«, sagte er Perdikkas. »Was ich in dieser Zeit nicht erreichen kann, kann ich nie erreichen. Und dann werde ich zurückkehren. Wenn ich also in zehn Tagen nicht zurück bin, weißt du, daß ich tot bin.«
    »Und wir werden dich rächen«, erwiderte Perdikkas versöhnlich. »Aber er würde es nie wagen…«
    »Wirklich nicht? Es erstaunt mich immer wieder, was Männer alles wagen.«
    Am ersten Tag kam er gut voran, und er übernachtete im westlichen Tiefland am Fuß der Berge. Danachwurde die Gegend unwegsamer und er langsamer. Es gab weniger bestellte Felder und mehr Schafherden, aber sogar mit geschlossenen Augen hätte er gewußt, daß er nun nach Obermakedonien hineinritt, denn er hörte, wie Alastors Hufe über die Steine in der Erde klapperten.
    Unterwegs hielt er in einigen Dörfern an, um Essen zu kaufen und seinen Wasserschlauch nachzufüllen. Oft kamen dann die Dorfältesten herbeigelaufen, um ihn zu begrüßen, um Neuigkeiten zu erfahren und um dem raren Vergnügen zu frönen, einem fremden Zuhörer ihre Beschwerden vortragen zu können. Wenn sie ihn nach seinem Namen fragten, sagte er nur: »Philipp, Sohn des Amyntas«, und sie nickten. Ein Name allein bedeutete nichts, und für diese Leute war er nur ein gewöhnlicher Fremder. Sie erzählten ihm von den Überfällen entlang der Grenze.
    »Der König sollte etwas tun. Wir brauchen hier eine Garnison, damit die Elimioten wieder zu Hause bleiben.«
    »Ist es sehr schlimm?«
    »Die Schwester meiner Frau hat einen Mann aus einem Dorf zwei Stunden von hier geheiratet. Er wurde getötet und sein Haus niedergebrannt. Diese Hochlandritter haben vielleicht gute Pferde, aber sie sind nichts anderes als Diebe.«
    Er sah Philipps Pferd an und wurde verlegen, aber Philipp lachte nur und lenkte das Gespräch auf die Ernteaussichten.
    Aber was er von den Überfällen gehört hatte, stimmte. Etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang ritt Philipp durch ein Dorf, das erst vier Tage zuvor niedergebrannt worden war. Mehrere Einwohner waren getötet worden, darunter auch drei Kinder, und fast die gesamte Schafherde hatten die Angreifer in die Berge getrieben. Philipp gab den Überlebenden in des Königs Namen Geld, aber er konnte ihnen keine Sicherheit oder auch nur Rache versprechen. Als er weiterritt, klangen ihm die Klagen der Frauen noch in den Ohren.
    Sein zweites Lager schlug er im Schatten des Berges Bermion auf, der die Grenze des Königreichs seines Bruders bildete. Am nächsten Tag würde er das Land der Elimioten betreten.
    Hatte man ihn zum Sterben hierher geschickt? Erwartete Perdikkas, daß er getötet wurde? Solche Gedanken gehen einem Mann durch den Kopf, der allein und weit weg von der sicheren Heimat in seinem Lagerfeuer stochert, aber Philipp brachte es nicht fertig, sie mit Ja zu beantworten. Perdikkas hatte nichts von ihm zu befürchten und gewann nichts durch seinen Tod. Außerdem war das Land zu schwach, um Krieg zu führen, nicht einmal gegen Derdas von Elimeia, aber die Armee würde einen solchen Krieg verlangen, würde der Thronerbe ermordet werden. Und doch glaubte Perdikkas es wagen zu können, Philipp hierher zu schicken, einfach nur weil er annahm, daß der König eines kleinen Bergvolks sich verhalten

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