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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Guild
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leugnen versuchte. Und daran wurde er mit Deutlichkeit erinnert, als er schließlich vor seinen Bruder, den König, gerufen wurde.
    Er fand Perdikkas in dem Raum, der das Arbeitszimmer ihres Vaters gewesen war, einem Raum, den er kaum zweimal in seinem Leben betreten hatte und der ihm deshalb fremd war wie ein unbekannter Kontinent. Perdikkas saß an einem ausladenden Tisch, und über ihn gebeugt und eine Karte erklärend, stand ein Kammerherr, den Philipp nicht kannte. Perdikkas machte ein mürrisches Gesicht, doch da man diese Miene inzwischen fast täglich an ihm sah, deutete sie nicht auf einen unmittelbaren Verdruß hin. Es dauerte eine Weile, bis er Philipp überhaupt zu bemerken schien, und als er es tat, wurden die Falten auf seiner Stirn noch tiefer.
    »Wo hast du dich denn die ganze Zeit versteckt?« keifte er. »Hast wieder mit deinen Arbeiterfreunden im Dreck gespielt?«
    Aber Philipp antwortete nicht, sah seinen Bruder nicht einmal an. Statt dessen war sein Blick starr auf den Kammerherrn gerichtet, als überlegte er sich, was dieserMann hier zu suchen hatte. Nach einer Weile verstand Perdikkas den Wink und hob die Hand, um ihn fortzuschicken.
    »Also gut, Skopos, du kannst uns jetzt verlassen. Ich möchte mit dem Prinzen Philipp allein sprechen.«
    Sie warteten schweigend, bis der Kammerherr das Zimmer verlassen und die Tür hinter sich geschlossen hatte.
    »Ich habe dich im letzten Monat kaum gesehen«, sagte Perdikkas schließlich. »Du kommst nie an den Hof. Die Leute fangen schon an, darüber zu reden.«
    »Willst du mir keinen Platz anbieten? Oder bin ich in Ungnade gefallen?«
    Mit einer knappen, unwirschen Handbewegung deutete Perdikkas auf den einzigen freien Stuhl im Zimmer.
    »Ich will, daß du an den Versammlungen des Thronrats teilnimmst.«
    »Warum sollte ich das? Du hast doch andere Berater.«
    »Weil du der Thronfolger bist!«
    »Siehst du vielleicht schon deinen Tod voraus?«
    Philipp grinste, als er sah, daß es ihm gelungen war, seinen Bruder zu ärgern. Doch dann schämte er sich dafür.
    »Du brauchst mich nicht, Perdikkas, also kann ich auch wegbleiben. Ich werde als dein Nachfolger alt werden.«
    »Dessenungeachtet entsteht durch deine Abwesenheit vom Hof der Eindruck, daß es Streit zwischen uns gibt. Wir wissen beide, wozu so etwas führen kann, und ich will nicht, daß dein Verhalten Anlaß zur Bildung von Splittergruppen gibt.«
    Philipp konnte nichts anderes tun als lachen, und das verärgerte Perdikkas noch mehr.
    »Das ist nicht zum Lachen«, sagte er erregt. »Makedonien ist so schwach, daß es sich eine Aufspaltung an der Spitze nicht leisten kann.«
    »Ich habe mir nur gerade vorgestellt, was einer davon hätte, wenn er sich auf meine Seite schlagen würde. Was wü rde er denn tun? Mir helfen, Steine auf die Mauer der neuen Kornkammer zu tragen? Ich bin sicher, daß er sich nach ein paar Tagen gerne an die Treue erinnert, die er seinem König schuldig ist.«
    Philip zuckte die Achseln, wie um den Gedanken als Hirngespinst abzutun.
    »Außerdem hast du mich nicht rufen lassen, um mich zur Teilnahme an den Ratsversammlungen zu drängen. Ein paarmal habe ich doch teilgenommen, aber du hast nie auf mich gehört. Da habe ich einfach beschlossen, dich nicht mehr in Verlegenheit zu bringen. Vielleicht sagst du mir jetzt endlich, was du wirklich willst.«
    »Was weißt du über Elimeia?« Perdikkas, der offensichtlich froh war, das Geplänkel mit seinem Bruder beenden zu können, schob ihm die Karte über den Tisch zu. Philipp warf kaum einen Blick darauf.
    »Was gibt es denn darüber zu wissen?«
    »Es gibt dort einen neuen König, und der revoltiert gegen mich.«
    Philipp grinste. »Bitte, nimm das nicht persönlich, Bruder, aber die Könige von Elimeia sind seit über hundert Jahren im Aufruhr.«
    »Ja, aber der meint es ernst. Er schickt Stoßtrupps herunter ins Flachland, und man muß ihn dazu bewegen, damit aufzuhören. Du mußt ihn dazu bewegen.«
    »Was soll das heißen?«
    Jetzt war es Perdikkas, der lächelte. Er hatte sein Ziel erreicht und Philipp überrumpelt.
    »Ich will, daß du nach Aiane gehst und dir diesen Verbrecher, der sich König nennt, vornimmst. Ich brauche Frieden an meinen Westgrenzen, und ich erwarte, daß du den für mich erreichst. Bestich ihn, drohe ihm, tu, was du für nötig hältst, aber bring ihn dazu, daß er mit diesen Überfällen aufhört.«
    »Nein.« Philipp schüttelte den Kopf. »Schick einen anderen. Schick einen Botschafter, dafür

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