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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Guild
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jüngerer Bruder immer diese Wirkung auf ihn? Wenn er vor sich ehrlich war, glaubte er nicht, daß Philipp ihm seinen Anteil am Ruhm mißgönnte. Für Eifersucht war kein Platz in Philipps Wesen, und er war nie etwas anderes gewesen als der treueste Freund. In der Kindheit hatte Philipp Perdikkas immer verteidigt, sogar gegen Alexandros. Vielleicht war das der Grund. Es ärgerte Perdikkas, daß er unter dem Schutz des jüngeren Bruders stand.
    Aber dafür konnte er Philipp wohl kaum die Schuld geben. Irgendwie mußte er diesen unerfreulichen Streit wieder beilegen. Außerdem würde er Philipps Unterstützung brauchen, falls bei dem athenischen Abenteuer irgend etwas schiefging.
    Nicht, daß irgend etwas schiefgehen würde. Daß die Athener noch unter ihrer Niederlage vor Amphipolis litten, betrachtete Euphraeos als ausgezeichnete Gelegenheit, um sie zu vertreiben, und Euphraeos hatte von diesen Dingen viel mehr Ahnung als Philipp. Philipp war ein guter Soldat, aber er war kein Staatsmann.
    Es ist immer schwieriger, einen Streit beizulegen, als ihn vom Zaun zu brechen. Anfangs dachte Perdikkas, es genüge, Philipp mit einem öffentlichen Lob das Ende seines Zorns zu signalisieren, doch als er dann erfuhr, daß Philipp bereits Vorbereitungen für die Abreise von Pella traf, mußte er doch die Erniedrigung auf sich nehmen, zu seinem Bruder zu gehen und ihm zu gestehen, daß er einfach die Beherrschung verloren hatte. Philipp spielte nicht lange den Beleidigten, sondern gab zu, daß auch er imÜbereifer gesprochen hatte, und tat die ganze Sache als dummes Mißverständnis ab, weil er den Eindruck hatte, daß Perdikkas alles getan hatte, was seine Würde als König ihm erlaubte.?
    So war Philipp am Tag der Verlobung seines Bruders noch in Pella.
    Die Braut war wirklich eine Schönheit. Sie hieß Arete und hatte honigfarbenes Haar, ein zartes Gesicht und eine Haut, die so hell war, daß sie beinahe durchscheinend wirkte. Sie war etwa fünfzehn Jahre alt und schien sehr still und schüchtern, als hätte ihre plötzliche Erhöhung sie vollkommen überwältigt. Philipp fiel auf, daß sie es kaum wagte, ihrem zukünftigen Ehemann ins Gesicht zu sehen.
    »Ich glaube, sie wird, mit den Worten meines Bruders, ihre Sache gut machen«, sagte Philipp an diesem Abend zu seiner Frau, als er auf dem Bett lag und ihr zusah, wie sie ihre Haare flocht. Sie saß mit dem nackten Rücken zu ihm vor einem Bronzespiegel, und er dachte wie fast jeden Abend, daß sie sehr schöne Arme hatte. »Ich hoffe nur, daß sie, wenn sie einmal keine Angst mehr vor ihm hat, schlau genug ist, es ihn nicht wissen zu lassen. Perdikkas hat es gern, wenn man ihm Angst und Ehrfurcht vorspielt.«
    »Du bist also sehr von ihm enttäuscht?«
    Philipp rührte sich nicht, aber wenn seine Frau sich umgedreht hätte, hätte sie gesehen, daß sein Blick nicht länger auf ihren schönen Armen ruhte. Seine Aufmerksamkeit war gleichsam nach innen gerichtet, während er sich überlegte, ob er zu viel gesagt hatte.
    Er kritisierte Perdikkas nicht gern, aber genau das hatte er offensichtlich getan. Er mußte sich eingestehen, daß er wirklich enttäuscht war, obwohl er das natürlich nicht sagen durfte.
    »Ich habe heute abend ein paar Worte mit ihr gesprochen«, fuhr sie fort, als sie merkte, daß sie von ihm nurSchweigen als Antwort erhalten würde. »Sie scheint nett und freundlich zu sein – vielleicht macht sie deinen Bruder glücklich.«
    »Nicht so glücklich, wie du mich machst.«
    Sie blickte flüchtig über die Schulter und sah, daß er lächelte, also war er zumindest nicht beleidigt.
    »Aber das größte Glück, das Perdikkas von einer Gemahlin erwartet, ist ein Sohn. Ich glaube, er kann freier atmen, wenn er einen anderen Erben hat als mich.«
    Einige Minuten später blies Phila die Öllampe aus und kletterte zu ihrem Gemahl ins Bett. Sie ließ ihre Finger über seine Brust und die harten Muskeln seines Bauches gleiten. Sein ganzer Körper, dachte sie, ist wie ein lebendiger Stein.
    »Wirst du auch freier atmen, wenn du einen Erben hast?« fragte sie.
    »Meine Untertanen vielleicht.«
    Es dauerte eine Weile, bis ihm dämmerte, was diese Frage zu bedeuten hatte, doch als er es dann begriff, traf ihn die Erkenntnis wie ein Keulenschlag. Er starrte sie an, unfähig, auch nur ein Wort herauszubringen.
    »Ich bin in der Hoffnung«, sagte sie schließlich, wie aus Mitleid zu ihm. »Ich habe es schon vor unserer Abreise aus Aiane vermutet, aber jetzt bin ich sicher.

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