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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Guild
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Gesandter aus Lynkestis eingetroffen sei, der den König so bald wie möglich zu sprechen wünsche. Er ließ den Botschafter einen halben Monat warten. Es gab keinen Grund zur Eile. Schließlich war das Warten die eigentliche Aufgabe eines Botschafters, und die Beziehungen zu seinem Onkel Menelaos, der einen Bündnisvertrag mit den Illyrern unterzeichnet hatte, konnten kaum schlechter sein. Außerdem ahnte Philipp, was der Mann ihm zu sagen haben würde.
    Menelaos hatte wahrscheinlich inzwischen erkannt, daß die Illyrer, so gefährlich sie als Feinde sein mochten, als Freunde noch gefährlicher waren. Es hieß, seine Verbündeten setzten ihn unter Druck, und er strebe ein Abkommen an, um sich vor Bardylis’ Übergriffen zu schützen. Schön und gut. Menelaos war ein verräterischer Narr, aberLynkestis gehörte zu Makedonien, und Philipp sah es nicht gern von Fremden überrannt. Das Problem war nur, daß er keine Möglichkeit hatte, es zu verhindern.
    Das war um so mehr Grund, den Botschafter warten zu lassen.
    Unterdessen schickte er Eilboten zu den Befehlshabern aller Garnisonen an der nordwestlichen Grenze mit dem Befehl, Kundschafter nach Lynkestis zu schicken, die herausfinden sollten, ob in den Dörfern Männer zur Armee eingezogen wurden. Es war Erntezeit, und in zwei Monaten würden die Bergpässe bereits vom Schnee blockiert sein – wenn Menelaos sein Land in Kriegsbereitschaft versetzte, dann bedeutete das, daß er noch vor Ende des Sommers einen Angriff der Illyrer erwartete.
    Zu dieser Zeit erreichte ihn Aristoteles’ Brief. Wie es aussah, konnte er selbst bald im Krieg sein, und auf jeden Fall kam Arrhidaios nicht zurück.
    Er zeigte den Brief Glaukon, der anders darauf reagierte, als Philipp erwartet hatte.
    »Was hast du zuerst empfunden?« fragte ihn der alte Mann. »Kummer oder Zorn?«
    »Zuerst Kummer und dann Angst. Ich fürchte einen Krieg mit Athen.«
    »Aber dein Herz hat sich nicht gegen Arrhidaios verhärtet?«
    »Nein.«
    »Und du hättest ihn zu Hause willkommen geheißen?«
    »Ja. Er ist mein Bruder und mein Freund.«
    »Das beweist nur, daß du noch nicht gelernt hast, die Welt mit den Augen eines Königs zu sehen, für den die Blutsverwandten die am wenigsten Vertrauenswürdigen sind. Ich hoffe nur, daß dein Glaube an die Familienbande nicht dein Untergang wird.«
    Darauf mußte Philipp lachen. Es klang unschön.
    »Es ist unwahrscheinlich, daß ich den gleichen Fehler no ch einmal mache«, sagte er. »Es ist ja niemand mehr übrig.«
    Glaukon schüttelte den Kopf, als zeugte für ihn der Witz von zweifelhaftem Geschmack.
    »Du solltest wieder heiraten, mein König. Du solltest Söhne zeugen, denen du deine Liebe schenken kannst.«
    »Weil es meine Pflicht als König ist?«
    »Es ist nicht das Leid des Königs, das mich dauert, Philipp, sondern deins.«
    »Wenn Arrhidaios eine Athener Armee gegen mich führt und wenn ich dann noch lebe, werde ich ihn mit eigener Hand töten.«
    »Ich weiß das. Ich weiß.«
    Nach dem Gespräch mit Glaukon verbrannte Philipp Aristoteles’ Brief. Er erzählte keinem seiner Vertrauten davon. Und Arrhidaios wurde kein einziges Mal erwähnt. Er sagte ihnen nur, sie sollten Ausschau halten nach Anzeichen einer Verstärkung der Athener Garnisonen in Pydna und Methone.
    Am fünfzehnten Tag nach seiner Ankunft wurde der Botschafter des Königs Menelaos in Philipps Arbeitszimmer geführt.
    Sein Name war Klitos. Philipp kannte ihn von seinem einzigen Besuch in Lynkestis, und als Bittsteller war er eine etwas eigenartige Wahl, denn er war ein großer, lauter und anmaßender Mann mittleren Alters, der mit unverhohlener Verachtung auf alle herabblickte, die er als unterlegen betrachtete, ob nun vom Rang, vom Reichtum oder von der Lebenserfahrung her. Vielleicht, dachte Philipp, glaubt mein Onkel, ich lasse mich einschüchtern.
    »Ich bin bereits seit geraumer Zeit in Pella«, begann Klitos, ohne sich lange mit den üblichen Höflichkeiten aufzuhalten. »Ich bin nicht daran gewöhnt, daß man mich warten läßt.«
    »Das ist das übliche Schicksal von Bittstellern.«
    Philipp lächelte freundlich; man hätte meinen können,er rede über eine dritte Person, die ihnen beiden gleichgültig war.
    »Ich bin sogar ein wenig überrascht, daß mein Onkel gerade einen wie dich geschickt hat«, fuhr er einen Augenblick später fort. »Aber vielleicht war er einfach der Ansicht, daß die Botschaft wichtiger ist als der Überbringer.«
    Das war als Prüfung gedacht. Wenn

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