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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Guild
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beschäftigte sich mit dem Inhalt eines eisernen Kochtopfs, der an einem Dreifuß über einem kleinen Feuer hing. Als der Geruch Philipp in die Nase stieg, verkrampften sich seine Eingeweide vor Übelkeit.
    Schließlich hob der Soldat den Kopf und runzelte verblüfft die Stirn, als er Philipp sah.
    »Du bist allein«, sagte er, als dächte er, daß Philipp das vielleicht noch gar nicht bemerkt hatte. »Wo ist Zolfi?«
    »Er hatte einen Unfall.«
    »Ist er tot?«
    »Ja.«
    Der Soldat, der ein schmales, kummervolles Gesicht hatte und so dünn war, daß seine Beine unnatürlich lang wirkten, überlegte einen Augenblick, hob dann einen knochigen Finger und beschrieb mit ihm den Bogen eines fallenden Gegenstandes.
    »Ja.«
    Er nickte ernst, als hätte Philipp damit einen Mord gestanden, ließ dann die Hände klatschend auf die Schenkel fallen und stand auf, da er offensichtlich das Interesse an seiner Mahlzeit verloren hatte.
    »Dann holen wir besser seine Leiche, bevor die Wölfe sie finden. Ich hoffe, du weißt, wo er liegt.«
    Zolfi mußte mit dem Kopf zuerst aufgeschlagen sein, denn sein Gesicht war so eingedrückt, daß nichts mehr übrig war als eine ausgefranste blutige Wunde. Die Narben auf dem linken Arm bewiesen, daß es wirklich Zolfi war, aber ansonsten hätte die zerschmetterte Leiche, die sie auf einem Felsvorsprung fanden, irgend jemand sein können. Sie wickelten ihn in eine Decke, die der Soldat zu diesem Zweck mitgebracht hatte, aber der Blutgeruch machte die Pferde nervös, und Philipp mußte dem Tier des Toten die Augen verbinden, bevor sie die Leiche auf seinem Rücken festzurren konnten. Sie hatte nichts Menschliches mehr, war nur noch ein Haufen toten Fleisches.
    »Ich möchte ja nicht so sterben«, sagte der Soldat, als sie sich die Hände im Schnee abwischten – Zolfis Überreste von dieser Felsnase herunterzuschaffen war eine schauerliche Arbeit gewesen. »Ich weiß nicht, was ihr beide euch dabei gedacht habt, da oben herumzuklettern. Diese Bergpfade können sehr tückisch sein für einen, der nicht da oben aufgewachsen ist. Ich überlasse das lieber den Ziegenhirten, sollen die dort herumklettern, wenn’s ihnen Spaß macht. Aber ein gesitteter Mensch, wo der nicht mit dem Pferd hinreiten kann, sollte er besser gar nicht hingehen.«
    Philipp trocknete sich die Hände an seiner Tunika ab. Nur die peinliche Sorgfalt, mit der er das tat, verriet seine Aufregung.
    »Ich könnte mir vorstellen, daß sogar Ziegenhirten das Flachland bevorzugen.«
    »Das Flachland hier in dieser Gegend gehört uns. Die Ureinwohner haben wir schon vor Generationen vertrieben, die müssen sich ihr Weideland jetzt eben hier suchen. Aber mit denen brauchst du kein Mitleid zu haben. Von denen stürzt kaum einer ab. Die sind wie Tiere, haben ihren ganzen Verstand in den Beinen. Hahaha!«
    Der Soldat freute sich zu sehr über seinen Witz, um zu bemerken, daß Philipp nicht lachte. Typisch für die Illyrer, dachte er: Sie hatten die Bauern dieser Berge so sehr unterjocht, daß sie vergaßen, vor ihnen auf der Hut zu sein. Im Geiste sah Philipp zwanzig oder dreißig Männer, die sich leise über diese Pfade hocharbeiteten…
    Man mußte ihnen nur Schwerter in die Hand geben und sie lehren, keine Angst zu haben, sie zu benutzen.
    »Du wirst noch eine Nacht bei uns verbringen müssen«, sagte der Soldat und bestieg sein Pferd. »Vor Sonnenuntergang schaffst du es nicht mehr, und es ist ein schlechtes Omen, wenn du nachts eine Leiche in die Stadt bringst. Wirklich schade um Zolfi.«
    »Hatte er eine Frau?« fragte Philipp, in dem sich plötzlich Schuldbewußtsein regte.
    »Nein, keine Frau. Aber Pleuratos wird betrübt sein wie eine Witwe. Zolfi war seine verläßliche rechte Hand.«
     
    Die Männer, die auf der Stadtmauer Wache hielten, mußten ihn kommen gesehen haben: ein einzelner Reiter mit einem zweiten Pferd an der Leine, auf dem offensichtlich eine Leiche festgebunden war. Entweder das, oder der befehlshabende Offizier am Paß hatte in der vergangenen Nacht jemand vorausgeschickt, denn Bardylis erwartete Philipp mit seinem halben Hofstaat am Stadttor.
    Während die anderen zurückblieben, ritt Bardylis ihm entgegen, um ihn, knapp außer Hörweite, zu begrüßen.
    »Was ist passiert?« Er runzelte die Stirn, und sein Blick fiel auf Zolfis Hand, die aus der Decke heraushing.
    »Er ist auf dem Eis ausgerutscht. Wie’s aussieht, hättest du lieber ihn warnen sollen.«
    Die Furchen auf der Stirn des Königs wurden noch

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