Der Maler Gottes
Altar zu malen.
Doch zunächst muss er die Seitenflügel für den Heller-Altar vollbringen. Das Gespräch mit dem Kaufmann dreht sich nur anfangs um die vier Heiligen, dann nimmt es eine Wendung, die Matthias nicht behagt. »Ihr solltet heiraten, Matthias aus Grünberg. Heiraten solltet Ihr, das Bürgerrecht der Stadt damit erwerben, eine eigene Werkstatt gründen und Meister werden. Ihr wisst ja, die Voraussetzung für den Meisterbrief sind nun einmal der eigene Herd und die eigene Werkstatt samt Bürgerrecht.«
»Ich bin nicht geschaffen für Weib, Herd und Kinder«, erwidert Matthias knapp.
Heller lacht. »O doch, mein Freund. Ihr seid Maler, müsst leben. Wie wollt Ihr ohne eigene Werkstatt Aufträge bekommen? Wollt Ihr immer wie ein Geselle von Stadt zu Stadt ziehen, in der Hoffnung, irgendwo einen kleinen Auftrag für ein Altarbild der Dorfkirche zu ergattern? Ich denke, Eure Pläne sind weitreichender. Wollt Ihr nicht sogar den Isenheimer Altar malen? Meint Ihr, ein Geselle wäre gut genug für einen solchen Auftrag?« Matthias macht eine wegwerfende Handbewegung und brummt Abweisendes vor sich hin. »Könnt Ihr ein ehrliches Wort vertragen?«, fragt Heller, betrachtet den Maler nachdenklich und spricht weiter, ohne eine Antwort abzuwarten. »Auch ich bin nicht gerade glücklich, die Seitenflügel des Heller-Altars von einem Gesellen malen zu lassen. Das schadet meinem Ruf. Hat der Heller kein Geld für einen großen Meister?, fragt man sich. Ihr, Matthias, könntet zu den ganz großen Meistern zählen, könntet so viel Geld verdienen, dass Ihr Euch nicht verdingen müsstet, sondern malen könntet, was Ihr wollt. Das ist der Grund, warum ich Euch auch ohne Meisterbrief beauftragt habe. Doch seid sicher, wenn von Eurer Seite kein Entgegenkommen zu spüren ist, sind dies die letzten Tafeln, die Ihr für mich malen dürft. Auf Erden zählt nicht nur die Leistung, sondern auch der Ruf. Andere, die weniger können als Ihr, haben sich als Meister längst einen Namen gemacht, hinter dem sich Euer Bekanntheitsgrad verstecken kann.«
»Ich bin mir nichts, warum soll ich den anderen etwas sein?«, brummt Matthias.
Im gleichen Augenblick fällt ihm ein, dass dieser Satz schon einmal in einem Gespräch mit Heller eine Rolle gespielt hat. Eigenartig, denkt er, dass ausgerechnet dieser reiche Geldsack mich immer wieder dazu bringt, mich vor ihm zu rechtfertigen.
Heller verdreht die Augen. »Was Ihr Euch seid, ist mir ganz gleich. Was Ihr aber in den Augen der anderen seid, ist mir sehr wohl wichtig. Begreift das doch endlich. Ihr müsst heiraten und eine Werkstatt gründen. Die Werke eines Meisters zählen überall mehr als die Werke eines wandernden Gesellen, den die Auftraggeber vielleicht erst noch im ganzen Land suchen müssen. Es gibt genügend Maler und Bildschnitzer hier in der Stadt, die den Meistertitel tragen.«
»Es gibt keine Frau, die mich zum Manne will, und keine, mit der ich den Rest meiner Tage unter einem Dach verbringen möchte«, antwortet Matthias in der Hoffnung, dass Heller von ihm ablässt. Doch der denkt gar nicht daran.
»Gilt Eure Vorliebe etwa dem eigenen Geschlecht, Matthias aus Grünberg? Seid Ihr deshalb so eng mit Reizmann befreundet?«, fragt der Kaufmann lauernd. »Nein!«, fährt Matthias auf. »Ich bin zwar ein Sünder vor dem Herrn, doch die Schuld der widernatürlichen Unzucht habe ich nicht auf mich geladen.«
»Na, also!« Heller reibt sich die Hände. »Dann fügt sich ja alles von selbst. Eine Frau für Euch habe ich nämlich schon.«
»Was? Eine Frau für mich? Haltet Ihr mich nicht für Manns genug, mir selbst eine zu suchen?« Heller lacht: »Ehrlich gesprochen, nein. Ihr versteht nichts von Geschäften und wohl auch nichts davon, dass die Ehe ein Geschäft ist. Man muss das Für und Wider sorgsam abwägen. Die Frau, die ich für Euch ins Auge gefasst habe, verfügt über alle Anforderungen an eine Meisterin. Sie ist jung, hübsch und bringt eine reiche Mitgift ins Haus.«
»Ach, ja? Und warum sollte diese Perle ausgerechnet einen Mann wie mich haben wollen?«
»Ganz einfach: Weil sie eine Jüdin ist. Sie wird sich natürlich taufen lassen, das ist vollkommen klar. Nun, was sagt Ihr?«
Matthias sagt zunächst einmal gar nichts. Er sieht hinaus aus dem Kammerfenster auf die Judengasse. Er kennt die Vorurteile gegen die Lebensweise und den Glauben der Söhne und Töchter Abrahams, doch er hat in seinem Leben bisher noch nie engeren Kontakt zu Juden gehabt. »Stimmt es,
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